So coache ich
Den Namen des Psychologen weiß ich leider nicht mehr, aber ich erinnere mich, wie fasziniert ich in seinem Workshop saß und innerlich jauchzte: »Ja, ja, so ähnlich mache ich es auch!« Er arbeitete mit bunten Holzfiguren, die er auf einem Tisch aufstellen ließ, um die Gesamtsituation aus einer gewissen Distanz anzuschauen (es war keine Familienaufstellung – ein ganz anderer Ansatz). Ich machte bereits Ähnliches mit den Playmobil-Figuren meiner Kinder. (Daraufhin ließ ich mir übrigens von einer Behindertenwerkstatt wunderschöne Holzfiguren herstellen, mit denen ich heute noch arbeite. Danke für die Anregung, Herr Kollege.)
Von dieser Zeit an nannte ich das, was ich vorher Einzelgespräche genannt hatte, auch »Einzelcoaching«. Ich denke, ich war unter den ersten Coaches in Deutschland eine der wenigen, die nicht aus der Psychologen- oder Therapeutenecke kam. Und 1993 habe ich in einem Buch schon über ein Coaching geschrieben, das ich gemacht hatte. (Da gingen einige von denen, die jetzt Kollegen ohne Coaching-Ausbildung
am liebsten den Beruf verbieten würden, noch zur Schule.)
Mitte der 1990er-Jahre wurde ich einmal in einem Interview von einem Journalisten gefragt: »Frau Asgodom, was machen Sie denn, wenn der Coaching-Boom bald vorbei ist?« Und ich habe geantwortet: »Dann mache ich etwas anderes. Aber ich sehe nicht, dass der Bedarf so schnell vorbei sein wird.« Coaching ist nämlich keine Modeerscheinung. Sondern die Möglichkeit, im Gespräch mit einem anderen zu Klarheit und Entscheidungen zu kommen.
Heute soll es laut Schätzungen in Deutschland bereits zwischen 10 000 und 30 000 professionelle Coaches geben, die ihre Dienstleistung anbieten. Auch Coaching-Ausbildungen gibt es wie Sand am Meer – von höherer oder niedrigerer Qualität. Das reicht vom ein Jahr dauernden Intensivkurs bis zu einer ausschließlich schriftlichen Ausbildung, bei der jeden Monat ein Päckchen voller kopierter Infos geschickt und Hausaufgaben aufgegeben werden. Ohne eine einzige Minute Präsenz-Coaching bekommen die Teilnehmer dann nach einem schriftlichen Test die Lizenz zum Coachen. Also, die Ausbildung allein bringt’s nicht. Das Wissen ist dann vielleicht da, aber nicht das Können.
Und dann gibt es verschiedene Coaching-Verbände, man kann auch sagen, verschiedene »Coaching-Schulen«, die Coaching nach ihren Vorstellungen definieren. Da gibt es eine Art »reine Lehre«, nach der der Coachee (so nennt man den Coaching-Klienten) ganz allein auf seine Lösungen kommen muss, egal, wie lange es dauert. Beratung aller Art ist dabei absolut verboten. Eine andere Richtung behauptet, Coaching dürfe man nur die Begleitung von Führungskräften nennen. Man sieht, Coaching ist eine junge Kunst, die ihr Profil noch finden muss.
Ich habe schon alles gecoacht: Vorstände, PolitikerInnen, Sekretärinnen, ManagerInnen, Künstler, Selbstständige, Arbeitsuchende.
Es ist beglückend zu sehen, wie Menschen mit Zuwendung, Wertschätzung und anhaltender Achtsamkeit auf gute Lösungen zu bringen sind. Ich halte es bei meinem Coaching-Verständnis mit einem der Großen der Coaching-Ausbildung, Dr. Björn Migge, der Coaching im Bereich der nicht therapeutischen Beratung ansiedelt. Er schreibt: Es ist »ausdrücklich erlaubt, zu informieren, aufzuklären, zu üben, zu erziehen und Fertigkeiten zu vermitteln« 2 .
Warum gefällt mir das? Weil ich mich in meinen Coachings mit all meiner Erfahrung, all meinem Wissen und all meiner Intuition einbringe. Und weil ich meinen Coaching-Klienten Erfahrung und Expertise weder vorgaukle noch vorenthalte.
Ich bin von Natur aus eher schnell im Kopf, als Journalistin habe ich gelernt, nachzufragen, Dinge auf den Punkt zu bringen. Das nutze ich auch auf Bühnen, auf denen ich seit Jahren als Rednerin auftrete und manchmal »Highspeed-Coachings« anbiete. Die Teilnehmer Innen können mir dabei kurz vorher einen Zettel in die Hand drücken, auf dem sie ihren Lösungswunsch notiert haben. Ich coache sie dann in kurzer Zeit, wie sie diesen Wunsch umsetzen können. Die meisten Menschen sind bisher mit einem nützlichen Impuls von der Bühne gegangen.
Wie geht eigentlich Coachen?
Dazu gibt es viele verschiedene Meinungen – oder nennen Sie es »Schulen«. Ich möchte deshalb vor allem von meiner Art zu coachen sprechen, also dem »Lösungsorientierten Kurzcoaching« (LOKC). Lassen Sie mich vorher dazu eine kleine Geschichte erzählen:
Ihre Nachbarin ist unzufrieden. Sie beklagt sich bei
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