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So finster die Nacht

So finster die Nacht

Titel: So finster die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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erfuhr Tommy so einiges, was Staffan seiner Alten im Grunde nicht erzählen durfte und was seine Alte eigentlich nicht Tommy erzählen durfte, aber …
    Auf die Art hatte er beispielsweise herausgefunden, wie der Stand der Ermittlungen im Fall des Einbruchs in ein Rundfunkgeschäft am Islandstorget war. Den er, Robban und Lasse auf dem Gewissen hatten.
    Von den Tätern fehlte jede Spur. So hatte seine Mutter sich wörtlich ausgedrückt: »Von den Tätern fehlt jede Spur.« Staffans Worte. Sie hatten nicht einmal eine Beschreibung des Autos.
    Tommy und Robban waren sechzehn Jahre alt und gingen aufs Gymnasium. Lasse war neunzehn, und mit seinem Kopf stimmte etwas nicht, er sortierte Blechteile bei LM Ericsson in Ulvsunda. Aber einen Führerschein hatte er. Und einen weißen Saab, Baujahr 74, dessen Nummernschild sie vor dem Einbruch mit einem Filzschreiber geändert hatten. Vergebliche Liebesmühe, da ohnehin niemand das Auto gesehen hatte.
    Ihre Beute hatten sie in dem unbenutzten Katastrophenschutzraum verstaut, der dem Kellerverschlag gegenüber lag, der ihr Clubraum war. Die Kette an der Tür hatten sie mit einem Bolzenschneider durchtrennt und anschließend ein neues Schloss vorgelegt. Sie wussten nicht so recht, wie sie das ganze Zeug losschlagen sollten, es war ihnen vor allem um den Einbruch selbst gegangen. Lasse hatte einem Arbeitskollegen für zweihundert Mäuse einen Kassettenrekorder verkauft, aber das war auch schon alles.
    Darüber hinaus war es ihnen am sichersten erschienen, sich mit den Sachen erst einmal bedeckt zu halten und vor allem nicht Lasse den Verkauf in die Hände nehmen zu lassen, weil er »die Weisheit nicht gerade mit Löffeln gefressen hatte«, wie Tommys Mutter es formulierte. Aber mittlerweile waren seit dem Einbruch zwei Wochen vergangen, und außerdem hatte die Polizei inzwischen ganz andere Sorgen.
    Tommy blätterte in der Illustrierten und lächelte in sich hinein. Ja, ja. Jede Menge anderer Sorgen. Robban trommelte klatschend Trommelschläge auf seinen Oberschenkel.
    »Jetzt komm schon. Lass hören.«
    Tommy hielt ihm die Zeitschrift hin.
    »Kawasaki. Dreihundert Kubik. Direkteinspritzung und …«
    »Hör auf. Lass hören.«
    »Was denn … etwas über den Mord?«
    »Ja!«
    Tommy biss sich auf die Lippe, schien zu überlegen.
    »Wie war das noch gleich …«
    Lasse lehnte seinen langen Körper auf der Couch vor, klappte zusammen wie ein Klappmesser.
    »Mensch! Jetzt lass hören!«
    Tommy legte die Zeitschrift weg und fixierte Lasse mit den Augen.
    »Bist du denn auch sicher, dass du es hören willst? Ist ziemlich eklig.«
    »Ach was!«
    Lasse riss sich zusammen, aber Tommy sah die Besorgnis in seinen Augen. Man brauchte nur eine üble Fratze zu ziehen, mit seltsamer Stimme zu sprechen und sich weigern, damit aufzuhören, um Lasse gehörig Angst einzujagen. Einmal hatten Tommy und Robban sich mit den Schminkutensilien von Tommys Mutter als Zombies geschminkt, die Glühbirne an der Decke herausgedreht und auf Lasse gewartet. Das Ganze hatte damit geendet, dass Lasse in die Hose machte und Robban sich ein blaues Auge genau an der Stelle einhandelte, wo er sich mit dunkelblauem Lidschatten geschminkt hatte. Seither waren sie vorsichtiger damit, Lasse Angst einzujagen.
    Jetzt rutschte Lasse unruhig auf der Couch hin und her und verschränkte die Arme vor der Brust, als wollte er auf die Art zeigen, dass er auf alles vorbereitet war.
    »Na gut, also schön … man darf wohl sagen, es war kein gewöhnlicher Mord. Als sie den Jungen gefunden haben … hing er an einem Baum.«
    »Was denn? Er ist erhängt worden?«, fragte Robban.
    »Ja, erhängt. Aber nicht am Hals. Das Seil war um seine Füße geschlungen. Er hing mit dem Kopf nach unten. An dem Baum.«
    »Also wie jetzt, davon stirbt man doch nicht.«
    Tommy sah Robban lange an, als hätte dieser soeben einen interessanten Gedanken geäußert, fuhr anschließend fort:
    »Nein. Das tut man nicht. Aber seine Kehle war aufgeschlitzt. Und davon stirbt man. Der ganze Hals. Aufgeschlitzt. Wie eine … Melone.« Er fuhr sich mit dem Zeigefinger über den Hals, um ihnen zu zeigen, welchen Weg das Messer genommen hatte.
    Lasses Hand schoss an seinen Hals, als wollte er ihn schützen. Er schüttelte langsam den Kopf. »Aber warum hing er so?«
    »Tja, was meinst du?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Tommy zwickte sich in die Unterlippe und schien nachzugrübeln.
    »Jetzt werde ich euch mal etwas Seltsames erzählen. Man schneidet jemandem die Kehle

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