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So finster die Nacht

So finster die Nacht

Titel: So finster die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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es zwar nicht, aber der Gedanke ließ sich nicht gänzlich ausschließen. In den Büchern, die er gelesen hatte, wimmelte es nur so von solchen Dingen. Ein Gedanke an einem Ort führte zu einem bestimmten Vorfall an einem anderen.
    Telekinese, Voodoo.
    Aber wo, wann und vor allem wie genau war der Mord geschehen? Handelte es sich um eine große Zahl von Stichen auf einen liegenden Körper, musste er ernsthaft die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass seine Hände über eine furchtbare Macht verfügten. Eine Macht, die er zu steuern lernen musste.
    Oder ist es etwa so, dass … der Baum der … Vermittler ist.
    Der morsche Baum, auf den er eingestochen hatte. War vielleicht gerade dieser Baum irgendwie speziell, sodass sich alles, was man dem Baum antat, anschließend … verbreitete?
    Details.
    Oskar las jeden einzelnen Artikel, in dem es um den Mord ging. Auf einem Foto war der Polizist abgebildet, der in ihrer Schule gewesen war und über Drogen gesprochen hatte. Er konnte keine näheren Angaben machen. Spezialisten von der Spurensicherung waren hinzugezogen worden, um Spuren zu sichern. Man musste die Ergebnisse abwarten. Ein Bild von dem Jungen, der ermordet worden war, dem Jahrbuch seiner Schule entnommen. Oskar hatte ihn noch nie gesehen. Sein Aussehen erinnerte ihn an Jonny oder Micke. Vielleicht gab es einen Oskar in der Schule von Vällingby, der nun befreit worden war.
    Der Junge war auf dem Weg zum Handballtraining in der Vällingbyhalle gewesen, dort jedoch niemals angekommen. Das Training begann um halb sechs. Der Junge hatte vermutlich gegen fünf das Haus verlassen. Irgendwann in dieser Zeitspanne war es passiert. Oskar wurde schwindlig. Das kam haargenau hin. Und er war im Wald ermordet worden.
    Ist es so? Bin ich es, der …
    Ein sechzehnjähriges Mädchen hatte die Leiche gegen acht Uhr abends gefunden und die Polizei in Vällingby alarmiert. Das Mädchen hatte einen »schweren Schock« erlitten, was nur bedeuten konnte, dass der Körper irgendwie verstümmelt gewesen sein musste. Sonst schrieben sie nur »Schock«.
    Was hatte dieses Mädchen nach Einbruch der Dunkelheit im Wald zu suchen. Vermutlich unwichtig. Sie hat Tannenzapfen gesammelt, sonst irgendwas gemacht. Aber warum stand nirgendwo, wie der Junge ermordet worden war? Es gab nur ein Bild vom Tatort. Das zuckerstangengestreifte Plastikband der Polizei, aufgespannt um eine nichtssagende Mulde im Wald, in deren Mitte ein großer Baum stand.
    Morgen oder übermorgen würden Bilder des gleichen Ortes abgedruckt werden, der dann jedoch voller brennender Kerzen und Schilder mit Aufschriften wie »WARUM?« und »WIR VERMISSEN DICH« sein würde. Oskar kannte die ganze Leier; er hatte mehrere ähnliche Fälle in seinem Buch.
    Vermutlich war das alles reiner Zufall. Aber wenn nicht?
    Oskar lauschte an der Tür. Mama spülte. Er legte sich bäuchlings aufs Bett und holte das Jagdmesser heraus. Der Griff war der Form einer Hand angepasst, und das Messer wog mit Sicherheit drei Mal so viel wie das Küchenmesser, das er gestern benutzt hatte.
    Er stand auf und stellte sich mit dem Messer in der Hand mitten ins Zimmer. Es war schön, verlieh der Hand, die es hielt, Macht.
    In der Küche klirrte Porzellan. Er stach ein paar Mal in die Luft. Der Mörder. Wenn er gelernt hatte, seine Kraft zu steuern, würden Jonny, Micke und Tomas ihn nie wieder quälen. Er wollte schon einen weiteren Ausfallschritt machen, hielt dann jedoch inne. Man konnte ihn vom Hof aus sehen. Draußen war es dunkel, und in seinem Zimmer brannte Licht. Er warf einen Blick auf den Hof, sah aber nur sein eigenes Spiegelbild in der Fensterscheibe.
    Der Mörder.
    Er verstaute das Messer wieder in dem Versteck. Es war nur ein Spiel. So etwas passierte nicht wirklich. Dennoch musste er Details erfahren. Musste sie jetzt erfahren.
    *
    Tommy saß im Sessel und blätterte in einer Motorrad-Illustrierten, nickte und grummelte. Ab und zu hielt er die Zeitschrift Lasse und Robban hin, die auf der Couch saßen, und zeigte ihnen ein besonders interessantes Bild, kommentierte Hubraum und Höchstgeschwindigkeit. Die nackte Glühbirne an der Decke spiegelte sich im Hochglanzpapier, warf blasse Lichtreflexe an die Zementwand, an die Bretterwände.
    Er spannte sie auf die Folter.
    Tommys Mutter war mit Staffan zusammen, der Polizist in Vällingby war. Tommy mochte Staffan nicht sonderlich, im Gegenteil. Der Kerl war ein zeigefingerwedelnder, schmieriger Typ. Noch dazu religiös. Aber von seiner Alten

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