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So finster die Nacht

So finster die Nacht

Titel: So finster die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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Messergriff und schaute zu Boden.
    »Du bist doch dumm … wenn du so etwas sagst.«
    »Bin ich?«
    »Ja.«
    »Dann entschuldige bitte. Aber es ist so.«
    Sie rührten sich nicht, standen einen halben Meter voneinander entfernt. Oskar sah weiterhin zu Boden. Ein seltsamer Geruch schlug ihm von dem Mädchen entgegen.
    Vor einem Jahr hatte sich sein Hund Bobby eine Infektion an den Pfoten geholt, und sie hatten ihn einschläfern lassen müssen. Am letzten Tag war Oskar nicht in die Schule gegangen, hatte stundenlang neben dem kranken Hund gelegen und Abschied genommen. Bobby hatte damals so gerochen wie das Mädchen. Oskar rümpfte die Nase.
    »Bist du das, was hier so komisch riecht?«
    »So ist es wohl.«
    Oskar blickte auf. Er bereute seine Worte. Das Mädchen sah so … zerbrechlich aus in seinem dünnen Pullover. Er senkte die Arme und machte eine Geste in Richtung des Mädchens. »Frierst du gar nicht?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    Das Mädchen runzelte die Stirn, verzog das Gesicht und sah einen Moment lang viel, viel älter aus, als es war. Wie eine alte Frau, die den Tränen nahe war.
    »Ich habe wohl vergessen, wie man das macht.«
    Das Mädchen wandte sich schnell um und ging zu seinem Hauseingang. Oskar blieb stehen und sah ihm nach. Als es die schwere Tür erreichte, glaubte Oskar, dass es mit beiden Händen würde zupacken müssen, um sie öffnen zu können. Aber es legte im Gegenteil nur eine Hand auf die Klinke und riss die Tür so fest auf, dass sie gegen den Metallstopper am Boden krachte, zurückschlug und sich hinter ihm schloss.
    Er vergrub die Hände in den Jackentaschen und war traurig. Er dachte an Bobby. Daran, wie er ausgesehen hatte, als er in dem Sarg lag, den Papa geschreinert hatte. An das Kreuz, das er im Werkunterricht geschnitzt hatte und das kaputtgegangen war, als sie es in den gefrorenen Boden schlagen wollten.
    Er sollte ein neues machen.

FREITAG, 23. OKTOBER
    Håkan saß erneut in der Bahn, war auf dem Weg in die Innenstadt. Zehn zusammengerollte, von einem Gummi umschlossene Tausender lagen in seiner Hosentasche. Er würde Gutes mit ihnen tun. Er würde ein Leben retten.
    Zehntausend Kronen waren viel Geld, und wenn man an die Kampagne von Save the Children dachte, »Tausend Kronen können ein Jahr lang eine ganze Familie ernähren« und so weiter, sollte es doch wohl möglich sein, für zehntausend ein Leben in Schweden zu retten, oder etwa nicht?
    Aber wessen? Wo?
    Man konnte das Geld ja schlecht dem erstbesten Junkie in die Hände drücken. Jedenfalls sollte es ein junger Mensch sein. Er wusste, dass es lächerlich war, aber im Idealfall sollte es genauso ein weinendes Kind sein wie auf den Plakaten. Ein Kind, das mit Tränen in den Augen das Geld annahm und … und was?
    Ohne zu wissen warum, stieg er am Odenplan aus, ging zur Stadtbücherei hinab. Als er noch in Karlstad lebte, als Schwedischlehrer in der Sekundarstufe I unterrichtete und ein Haus besaß, war in seinen Kreisen allgemein bekannt gewesen, dass die Stadtbücherei in Stockholm ein … guter Ort war.
    Erst als er die große Rotunde der Bücherei erblickte, vertraut von Bildern in Büchern und Zeitungen, wusste er, dass er deshalb hier ausgestiegen war. Weil es ein guter Ort war. Jemand in seinen Kreisen, vermutlich Gert, hatte erzählt, wie man es anstellte, wenn man dort Sex kaufte.
    Er hatte das niemals getan. Sich Sex gekauft.
    Einmal hatten Gert, Tommy und Ove einen Jungen aufgetan, dessen Mutter einer von Oves Bekannten aus Vietnam angeschleppt hatte. Der Junge mochte vielleicht zwölf gewesen sein und wusste, was von ihm erwartet wurde, für seine Dienste wurde er gut entlohnt. Trotzdem konnte Håkan sich nicht dazu durchringen. Er hatte an seiner Cola-Rum genippt und den nackten Körper des Jungen sehr genossen, als er sich in dem Zimmer drehte, in dem sie sich versammelt hatten.
    Doch dann war es aus gewesen.
    Die anderen hatten von dem Jungen nacheinander einen geblasen bekommen, aber als Håkan an der Reihe war, verkrampfte er sich innerlich. Die ganze Situation war einfach zu ekelerregend. Der Raum roch nach Erregung, Alkohol und Keimen. Ein Tropfen von Oves Sperma glänzte auf der Wange des Jungen. Håkan schob den Kopf des Jungen von sich, als dieser sich über seinen Unterleib beugte.
    Die anderen hatten ihn beschimpft, ihm schließlich regelrecht gedroht. Er war Zeuge gewesen, nun sollte er zum Mittäter werden. Sie verhöhnten ihn wegen seiner Skrupel, doch die waren gar nicht das Problem. Das

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