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So finster die Nacht

So finster die Nacht

Titel: So finster die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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von Furcht, obwohl es allmählich richtig dunkel wurde. Er fürchtete sich auch nicht vor dem nächsten Tag, was immer er mit sich führen mochte. Diese Nacht würde er gut schlafen.
    Als er wieder auf dem Hinterhof war, setzte er sich noch eine Weile auf den Rand eines Sandkastens, um sich zu beruhigen, ehe er nach Hause ging. Morgen würde er sich ein besseres Messer besorgen, ein Messer mit Parierschutz, oder wie das hieß … Parierstange, damit er sich nicht wieder schnitt. Denn das würde er noch öfter machen.
    Es war ein gutes Spiel.

DONNERSTAG, 22. OKTOBER
    Mama standen Tränen in den Augen, als sie Oskars Hand über den Küchentisch hinweg in ihre nahm und fest drückte.
    »Du darfst auf gar keinen Fall mehr in den Wald gehen, hörst du?«
    In Vällingby war gestern ein Junge in Oskars Alter ermordet worden. Es hatte nachmittags in den Zeitungen gestanden, und Mama war außer sich gewesen, als sie nach Hause kam.
    »Das hättest genauso gut du … ich mag gar nicht daran denken.«
    »Aber das war doch in Vällingby.«
    »Und du meinst, jemand, der Kindern etwas antun will, kann keine zwei Haltestellen mit der U-Bahn fahren? Oder das Stück zu Fuß gehen? Zu uns nach Blackeberg kommen und das Gleiche noch einmal machen? Bist du eigentlich oft im Wald?«
    »Nee.«
    »Du gehst nicht mehr vom Hof, solange das … Bis sie ihn verhaftet haben.«
    »Soll ich etwa nicht mehr zur Schule gehen?«
    »Doch, du sollst zur Schule gehen. Aber nach der Schule gehst du schnurstracks nach Hause und gehst höchstens auf den Hof, bis ich nach Hause komme.«
    »Und dann?«
    Die Sorge in Mamas Augen vermischte sich mit Zorn.
    »Willst du etwa ermordet werden? Was? Möchtest du in den Wald gehen und ermordet werden, und ich sitze dann hier und warte und mache mir Sorgen, während du im Wald liegst und … bestialisch zerstückelt worden bist von einem …«
    Ihr schossen Tränen in die Augen. Oskar legte seine Hand auf ihre.
    »Ich werde nicht in den Wald gehen. Ich verspreche es.«
    Mama strich ihm über die Wange.
    »Mein Schatz. Du bist doch alles, was ich habe. Dir darf nichts zustoßen. Sonst sterbe ich auch.«
    »Mhm. Wie ist es passiert?«
    »Was?«
    »Na das. Der Mord.«
    »Woher soll ich das wissen? Er ist von irgendeinem Irren mit einem Messer ermordet worden. Er ist tot. Das Leben seiner Eltern ein einziger Scherbenhaufen.«
    »Steht das nicht in der Zeitung?«
    »Ich konnte das einfach nicht lesen.«
    Oskar griff nach der Abendzeitung und blätterte darin. Vier Seiten waren dem Mord gewidmet.
    »Du sollst das nicht lesen.«
    »Nee, ich guck doch nur. Kann ich die Zeitung haben?«
    »Du sollst darüber nichts lesen. Diese ganzen Horrorgeschichten und was du da alles liest sind nicht gut für dich.«
    »Ich will doch nur gucken, ob was im Fernsehen kommt.«
    Oskar stand auf, um mit der Zeitung in sein Zimmer zu gehen. Mama umarmte ihn unbeholfen und presste ihre feuchte Wange an seine.
    »Mein kleiner Liebling. Du begreifst doch, dass ich mir Sorgen mache, nicht? Wenn dir etwas zustoßen würde …«
    »Ich weiß, Mama. Ich weiß. Ich passe schon auf.«
    Oskar erwiderte schwach ihre Umarmung, wand sich dann aus ihren Armen und ging in sein Zimmer, während er sich Mamas Tränen von der Wange wischte.
    Diese Sache war echt unglaublich.
    Verdammt, wenn er es richtig verstanden hatte, war dieser Typ also ungefähr zur gleichen Zeit ermordet worden, als er selber draußen im Wald gespielt hatte. Leider war jedoch nicht Jonny Forsberg ermordet worden, sondern irgendein unbekannter Typ aus Vällingby.
    In Vällingby hatte an dem Nachmittag Trauerstimmung geherrscht. Er hatte die Schlagzeilen schon gesehen, ehe er dorthin kam, und vielleicht hatte er sich das auch nur eingebildet, aber er hatte den Eindruck gehabt, dass die Leute auf dem Platz im Ortszentrum leiser gesprochen hatten, langsamer gegangen waren als sonst.
    Im Eisenwarengeschäft hatte er ein unglaublich schniekes Jagdmesser für dreihundert Mäuse geklaut. Für den Fall, dass er erwischt wurde, hatte er sich eine Erklärung zurechtgelegt.
    »Entschuldigung, Onkel. Aber ich habe so große Angst vor dem Mörder.«
    Wenn nötig, hätte er bestimmt auch ein paar Tränen kullern lassen können. Sie hätten ihn gehen lassen. Hundert pro. Aber er wurde nicht erwischt, und das Messer lag jetzt in dem Versteck neben seinem Buch mit den Zeitungsausschnitten.
    Er musste nachdenken.
    War es möglich, dass sein Spiel auf irgendeine Art zu dem Mord geführt hatte? Er glaubte

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