So finster die Nacht
Schwimmhalle aufgehalten hatten. Ihre Zeugenaussagen stimmten im Großen und Ganzen überein, und ein Wort tauchte in ihnen immer wieder auf: Engel.
Oskar Eriksson war von einem Engel geholt worden.
Von dem gleichen Engel, der den Zeugenaussagen zufolge Jonny und Jimmy Forsberg die Köpfe abgerissen und sie auf dem Grund des Schwimmbeckens zurückgelassen hatte.
Als Gunnar die Sache mit dem Engel dem Tatortfotografen erzählte, der mit einer Unterwasserkamera die beiden Köpfe an der Stelle fotografierte, an der man sie entdeckt hatte, sagte dieser: »Dann aber wohl kaum einer aus dem Himmel.«
Er sah aus dem Fenster, versuchte eine vernünftige Erklärung zu finden.
Auf dem Schulhof wehte die Schulflagge auf Halbmast.
Bei den Gesprächen mit den Jungen aus der Schwimmhalle waren zwei Psychologen anwesend gewesen, da einige von ihnen besorgniserregende Anzeichen dafür aufwiesen, allzu leichtfertig über das Geschehene zu sprechen, so als wäre es ein Film, etwas, das in Wirklichkeit gar nicht passiert war. Und das hätte man natürlich am liebsten auch geglaubt.
Das Problem war nur, dass der Mann, der die Blutspritzer analysierte, die Aussagen der Schüler im Großen und Ganzen bestätigte.
Das Blut hatte solche Bahnen zurückgelegt und Spuren an solchen Stellen hinterlassen (Dach, Balken), dass sich einem unmittelbar der Eindruck aufdrängte, dass sie von etwas kamen, das … flog. Nun arbeitete man daran, das zu erklären. Oder sich etwas zusammenzureimen.
Es würde ihnen sicher gelingen.
Der Lehrer der Jungen lag mit einer schweren Gehirnerschütterung auf der Intensivstation und konnte frühestens morgen vernommen werden. Er würde ihnen sicher kaum etwas Neues erzählen können.
Gunnar presste die Hände gegen seine Schläfen, sodass sich seine Augen verengten, blickte auf die Notizen hinab.
»Engel … Flügel, der Kopf platzte … das Stilett … versuchten Oskar zu ertränken … Oskar war schon ganz blau … Zähne wie bei einem Löwen … hat Oskar geholt …«
Und er konnte nichts anderes denken als:
Ich sollte verreisen.
*
»Gehört der dir?«
Stefan Larsson, Schaffner auf der Strecke Stockholm-Karlstad, zeigte auf die Reisetasche in der Gepäckablage. Solch eine sah man heutzutage nicht mehr oft. Einen richtigen … Koffer.
Der Junge in dem Abteil nickte und hielt ihm seine Fahrkarte hin. Stefan stempelte sie ab.
»Kommt dich jemand abholen?«
Der Junge schüttelte den Kopf.
»Der ist nicht so schwer, wie er aussieht.«
»Nein, sicher. Was ist denn da drin, wenn man fragen darf?«
»Alles Mögliche.«
Stefan sah auf die Uhr und lochte Luft mit seiner Zange.
»Bis wir da sind, ist es Abend.«
»Mm.«
»Gehören die Kartons auch dir?«
»Ja.«
»Ich will mich ja nicht … aber wie willst du …?«
»Mir hilft jemand. Später.«
»Aha. Na schön. Okay. Na dann, gute Reise.«
»Danke.«
Stefan zog die Abteiltür zu, ging zum nächsten. Der Junge schien zurechtzukommen. Wenn er selber so viel zu schleppen gehabt hätte, wäre er mit Sicherheit nicht so guter Dinge gewesen.
Aber wenn man jung ist, ist das wahrscheinlich anders.
Sollte jemand auf die Idee kommen, die klimatischen Verhältnisse im November 1981 zu überprüfen, wird er feststellen, dass es ein ungewöhnlich milder Winter war. Ich habe mir die Freiheit genommen, die Temperatur um ein paar Grad zu senken.
Ansonsten ist alles in diesem Buch wahr, auch wenn es anders passiert ist.
Darüber hinaus möchte ich einigen Menschen danken.
Eva Månsson, Michael Rübsahmen, Kristoffer Sjögren und Emma Berntsson haben die erste Version gelesen und Kommentare abgeliefert, die sehr hilfreich waren.
Jan-Olof Wesström hat sie gelesen und darauf verzichtet, sie zu kommentieren. Aber er ist mein bester Freund.
Aron Haglund hat die Geschichte gelesen und so sehr gemocht, dass ich den Mut gefunden habe, sie abzuschicken. Vielen Dank.
Mein Dank gilt auch dem Personal der Stadtbücherei von Vingåker, das mit viel Geduld und Freundlichkeit ungewöhnliche Bücher für mich aufgespürt hat, die ich beim Schreiben benötigte. Eine kleine Bibliothek mit einem großen Herzen.
Und natürlich danke ich auch Mia, meiner Frau, die mir gelauscht hat, wenn ich ihr aus dem immer umfangreicher werdenden Manuskript vorgelesen habe, die mich überzeugt hat zu ändern, was schlecht war, zu entwickeln, was okay war. Ich wage es nicht, Szenen zu erwähnen, die ohne sie nicht gestrichen worden wären.
Euch allen vielen Dank.
John Ajvide
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