So finster die Nacht
hinaus und schloss die Tür, ohne am Schließmechanismus zu drehen. So würde er sich dort verkriechen können, falls es nötig wurde. Was er im Grunde nicht glaubte.
Es war nur für den Fall der Fälle.
*
Lacke ließ es zehn Mal klingeln, ehe er auflegte. Gösta saß auf der Couch, streichelte einer orange getigerten Katze den Kopf und blickte nicht auf, als er Lacke fragte: »Keiner zu Hause?«
Lacke strich sich mit der Hand übers Gesicht, sagte gereizt: »Doch, verdammt. Hast du nicht gehört, wie ich mich unterhalten habe?«
»Willst du noch einen?«
Lacke entspannte sich, versuchte zu lächeln.
»Sorry, ich wollte dich nicht … ja, verdammt. Danke.«
Gösta lehnte sich so unvorsichtig zum Tisch vor, dass die Katze auf seinem Schoß eingeklemmt wurde. Sie fauchte und sprang herunter, setzte sich und starrte Gösta beleidigt an, der einen kleinen Schluck Tonic und eine größere Menge Gin in Lackes Glas goss, es ihm hinhielt.
»Hier. Mach dir keine Sorgen, sie ist sicher nur … ja …«
»Im Krankenhaus. Ja danke. Sie ist ins Krankenhaus gefahren, und die haben sie aufgenommen.«
»Ja … genau.«
»Dann sag das doch.«
»He?«
»Ach, schon gut. Prost.«
»Prost.«
Sie tranken beide. Nach einer Weile begann Gösta, sich in der Nase zu bohren. Lacke sah ihn an, und Gösta zog den Finger heraus, lächelte entschuldigend. Er war es nicht gewohnt, Besuch zu haben.
Eine dicke, trächtige Katze lag platt auf dem Fußboden, schien kaum den Kopf heben zu können. Gösta nickte zu ihr hin. »Miriam bekommt bald Junge.«
Lacke nahm einen großen Schluck, grimassierte. Mit jedem Tropfen Abstumpfung, den ihm der Alkohol schenkte, nahm er den Gestank in der Wohnung weniger wahr.
»Was machst du mit ihnen?«
»Wie meinst du das?«
»Mit den Jungen. Was machst du mit ihnen? Du lässt sie leben, was?«
»Ja, aber in letzter Zeit sind sie meistens tot.«
»Sodass … was denn. Die Dicke da, wie hieß sie noch … Miriam? … ihr Bauch, da sind jetzt nur ein paar tote Junge drin?«
»Ja.«
Lacke leerte sein Glas, stellte es auf den Tisch. Gösta machte eine fragende Geste in Richtung Ginflasche. Lacke schüttelte den Kopf.
»Nee. Ich mach mal Pause.«
Er senkte den Kopf. Ein orangefarbener Teppich, der so voller Katzenhaare war, dass er aussah, als wäre er daraus gemacht. Überall Katzen. Wie viele waren es? Er begann zu zählen. Kam auf achtzehn. Allein in diesem Zimmer.
»Du hast nie überlegt … was zu machen? Sie zu kastrieren oder sie, wie sagt man … sterilisieren zu lassen? Es würde ja schon reichen, nur ein Geschlecht zu nehmen.«
Gösta sah ihn verständnislos an.
»Wie soll das gehen?«
»Nein, hast Recht.«
Lacke malte sich aus, wie Gösta mit vielleicht … fünfundzwanzig Katzen in der Bahn sitzen würde. In einem Karton. Nein. In einer Plastiktüte, einem Sack. Wie er zum Tierarzt fahren und die ganzen Katzen auskippen würde: »Einmal kastrieren, bitte.« Er lachte kollernd. Gösta legte den Kopf schief.
»Was ist los?«
»Ach, ich habe nur überlegt … vielleicht bekommt man ja Mengenrabatt.«
Gösta wusste diesen Witz nicht zu schätzen, und Lacke wedelte abwehrend mit den Händen. »Nein, sorry. Ich bin nur … äh, ich bin völlig … also das mit Virginia, ich …« Plötzlich richtete er sich auf und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.
»Ich will hier nicht mehr sein!«
Gösta zuckte auf der Couch zusammen. Die Katze zu Lackes Füßen schlich davon, versteckte sich unter dem Sessel. Von irgendeinem Punkt im Zimmer ertönte ein Fauchen. Gösta rutschte unruhig hin und her, wackelte mit seinem Glas.
»Das brauchst du ja auch nicht. Nicht wegen mir …«
»So meine ich das nicht. Hier. Hier. In Blackeberg. Das alles. Diese Häuser, die Straßen, auf denen man geht, die Plätze, die Menschen, das ist alles nur … wie eine einzige große, verdammte Krankheit, kapierst du? Da ist irgendein Fehler. Sie haben sich diesen Ort ausgedacht, das Ganze geplant, damit es … perfekt wird. Und aus irgendeinem seltsamen Grund ist es gründlich schief gelaufen. Wegen irgendeinem Scheiß.
Als … ich kann es nicht richtig erklären … als hätten sie da so eine Idee für die Winkel gehabt, irgendwas, in welchem Winkel die Häuser stehen sollten, im Verhältnis zueinander. Damit Harmonie entstehen würde oder so. Und dann war an dem Messstab, dem Winkelhaken oder was immer sie für sowas benutzen, etwas nicht in Ordnung, und es ist von Anfang an schief gelaufen, und dann
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