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So finster die Nacht

So finster die Nacht

Titel: So finster die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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doch, was ist denn los?«
    Sie warf sich mit einem Ruck Richtung Tür, aber Lacke hielt sie fest und zerrte sie zum Wohnzimmer. Er gab sich alle Mühe, ruhig und leise zu sprechen wie zu einem erschreckten Tier, während er sie vor sich herschob.
    »Gösta schenkt dir jetzt erst einmal ein Glas ein, und dann setzen wir uns in aller Ruhe hin und reden über alles, denn ich … ich werde dir helfen. Was immer es ist, ich werde dir helfen, okay?«
    »Nein, Lacke. Nein.«
    »Doch, Ginja. Doch.«
    Gösta zwängte sich an ihnen vorbei ins Wohnzimmer, mixte in Lackes Glas einen Drink für Virginia. Lacke bugsierte Virginia in den Raum, ließ sie los und stellte sich in die Tür zum Flur, die Hände gegen die Türpfosten gestemmt wie ein Wächter. Er leckte etwas Blut von seiner Unterlippe.
    Virginia stand angespannt mitten im Zimmer und schaute sich um, als wäre sie auf der Suche nach einem Fluchtweg. Ihr Blick fiel auf das Fenster.
    »Nein, Ginja.«
    Lacke machte sich bereit, zu ihr zu laufen, sie von Neuem festzuhalten, falls sie eine Dummheit versuchen sollte.
    Was ist denn nur los mit ihr? Sie sieht aus, als wäre das ganze Zimmer voller Gespenster.
    Er hörte ein Geräusch ganz ähnlich dem, wenn man ein Ei in eine heiße Pfanne schlägt.
    Noch eins, genauso.
    Noch eins.
    Das Zimmer war von einem stetig lauter werdenden Fauchen und Zischen erfüllt.
    Alle Katzen im Raum hatten sich aufgerichtet, buckelten, hatten die Schwänze gehoben und sahen Virginia an. Sogar Miriam erhob sich schwerfällig und mit schleppendem Bauch, legte die Ohren nach hinten, bleckte die Zähne.
    Aus dem Schlafzimmer, der Küche kamen weitere Katzen hinzu.
    Gösta schenkte nicht länger ein; er stand mit der Flasche in der Hand da und betrachtete mit großen Augen seine Katzen. Inzwischen hing das Fauchen wie eine elektrisch geladene Wolke im Raum und wurde immer lauter. Lacke musste rufen, um die Stimmen der Katzen zu übertönen.
    »Gösta, was tun sie?«
    Gösta schüttelte den Kopf und machte eine ausholende Bewegung mit dem Arm, sodass ein wenig Gin aus der Flasche spritzte.
    »Ich weiß nicht … ich habe sie noch nie …«
    Eine kleine schwarze Katze machte einen Satz auf Virginias Oberschenkel, bohrte ihre Krallen hinein und biss sich fest. Gösta stellte die Flasche mit einem Knall auf dem Tisch ab, sagte: »Pfui, Titania, pfui!«
    Virginia lehnte sich vor, packte die Katze am Rücken und versuchte sie fortzuziehen. Zwei andere Katzen nutzten die Gelegenheit und sprangen ihr auf den Rücken und in den Nacken. Virginia schrie auf, zerrte die Katze von ihrem Bein und warf sie von sich. Sie flog durchs Zimmer, prallte gegen die Tischkante und fiel Gösta vor die Füße. Eine der Katzen auf Virginias Rücken kletterte auf ihren Kopf und klammerte sich mit den Krallen daran fest, während sie Virginia in die Stirn biss.
    Noch ehe Lacke bei ihr war, waren drei weitere Katzen an ihr hochgesprungen. Sie schrien wie am Spieß, während Virginia mit den Fäusten auf sie einschlug. Trotzdem hielten sie sich fest und rissen mit ihren kleinen Zähnen an ihrem Fleisch.
    Lackes Hände gruben sich in die wimmelnde, pulsierende Masse auf Virginias Brust, griffen in Haut, die über angespannte Muskeln glitt, und zerrte kleine Körper fort, und Virginias Bluse wurde zerrissen, sie schrie und –
    Sie weint
    Nein; was ihre Wange herablief, war Blut. Lacke packte die Katze, die auf ihrem Kopf saß, aber das Tier bohrte seine Krallen tiefer in die Kopfhaut, saß wie angenäht. Sein Kopf fand Platz in Lackes Hand, und er zerrte ihn hin und her, bis er durch den Lärm hindurch ein knack hörte, und als er den Kopf losließ, fiel er willenlos auf Virginias Scheitel herab. Ein Tropfen Blut drang aus der Schnauze der Katze.
    »Aua! Meine liebe Kleine …«
    Gösta erreichte Virginia und begann mit Tränen in den Augen die Katze zu streicheln, die sich noch im Tod an Virginias Kopf klammerte.
    »Meine liebe Kleine, mein Liebling …«
    Lacke senkte den Blick, und seine Augen begegneten Virginias.
    Sie war wieder sie selbst.
    Virginia.
     
    Lass mich gehen.
    Durch den doppelten Tunnel, der ihre Augen waren, betrachtete Virginia, was mit ihrem Körper geschah, und Lackes Versuch, sie zu retten.
    Lass es geschehen.
    Es war nicht sie, die dagegen ankämpfte, die um sich schlug. Es war dieses andere, das leben wollte, das wollte, dass sein … Wirt am Leben blieb. Sie selber hatte aufgegeben, als sie Göstas Hals sah, den Gestank in seiner Wohnung roch. So würde ihr

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