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So finster die Nacht

So finster die Nacht

Titel: So finster die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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nicht.«
    »Dann mach mich glücklich.«
    »Was soll ich tun?«
    »Lass mich dich berühren.«
    »Ja. Unter einer Bedingung.«
    »Nein. Oh nein. Dann eben nicht.«
    »Morgen. Du musst.«
    »Nein. Nicht noch einmal. Was heißt hier eigentlich ›geliehen‹? Du leihst dir doch sonst nie etwas. Was ist das überhaupt?«
    »Ein Puzzle.«
    »Hast du nicht schon genug Puzzle? Du interessierst dich mehr für deine Puzzle als für mich. Puzzle. Bussi. Puzzle. Von wem hast du das? VON WEM DU DAS HAST, frage ich!«
    »Håkan, hör auf.«
    ---
    »Ich bin so verdammt unglücklich.«
    »Hilf mir. Nur noch einmal. Dann bin ich stark genug, alleine zurechtzukommen.«
    »Das ist es ja eben.«
    »Du willst nicht, dass ich alleine zurechtkomme.«
    ---
    »Was willst du dann noch von mir. Wenn es so weit ist?«
    »Ich liebe dich.«
    »Das ist ja überhaupt nicht wahr.«
    »Doch. In gewissem Sinne schon.«
    »So etwas gibt es nicht. Entweder liebt man oder man liebt nicht.«
    »Ist das so?«
    »Ja.«
    »Dann weiß ich es nicht.«

SAMSTAG, 24. OKTOBER
    »Die Mystik des Vororts besteht in der Abwesenheit eines Rätsels.«
    Johan Eriksson
     
    Am Samstagmorgen lagen drei dicke Stapel Reklamezettel vor Oskars Wohnungstür. Mama half ihm, sie zu falten. Drei verschiedene Zettel in jeder Wurfsendung, insgesamt vierhundertachtzig Wurfsendungen. Jede ausgeteilte Sendung brachte ihm im Schnitt vierzehn Öre ein. Hatte er Pech, war es nur ein Zettel, was sieben Öre einbrachte. Bestenfalls (und schlimmstenfalls, weil es eine elende Falterei war) waren es fünf Zettel, für die er fünfundzwanzig Öre bekam.
    Er hatte es ganz gut getroffen, da zu seinem Bezirk die Hochhäuser gehörten. Dort wurde er in weniger als einer Stunde einhundertfünfzig Zettel los. Für die komplette Runde benötigte er inklusive eines Zwischenstopps zu Hause zum Nachfüllen ungefähr vier Stunden. Wenn zu jeder Sendung fünf Zettel gehörten, benötigte er zwei Zwischenstopps zum Auffüllen.
    Die Zettel sollten bis spätestens Dienstagabend ausgeteilt sein, aber er erledigte immer alles gleich samstags. Er wollte es hinter sich bringen.
    Oskar saß faltend auf dem Küchenfußboden, Mama am Tisch. Es war keine Arbeit, die einem Spaß machte, aber ihm gefiel das Chaos, das dadurch in der Küche entstand. Die große Unordnung, die Schritt für Schritt in Ordnung verwandelt wurde, in zwei, drei, vier randvoll gefüllte Papptüten mit säuberlich gefalteten Reklamezetteln.
    Mama legte einen weiteren gefalteten Stapel in die Tüte, schüttelte den Kopf.
    »Ich weiß nicht, im Grunde gefällt mir das nicht.«
    »Was denn?«
    »Du darfst nicht … also wenn jemand die Tür öffnet oder so … dann darfst du nie …«
    »Nee. Warum sollte ich das tun?«
    »Es gibt so viele merkwürdige Menschen.«
    »Ja.«
    Dieses Gespräch führten sie in einer oder anderer Form fast jeden Samstag. Am Freitagabend war Mama sogar noch der Meinung gewesen, dass er wegen des Mörders an diesem Samstag überhaupt keine Reklame austeilen sollte. Aber Oskar hatte hoch und heilig versprochen, wie am Spieß zu schreien, falls jemand ihn auch nur ansprach, und Mama hatte nachgegeben.
    Es war noch nie vorgekommen, dass jemand versucht hatte, Oskar zu sich einzuladen oder etwas in der Art. Einmal war so ein alter Knacker herausgekommen und hatte ihn beschimpft, weil Oskar ihm »diesen ganzen Mist in den Briefkasten stopfte«, aber seither hatte er einfach keine Zettel mehr in den Kasten des Alten geworfen.
    Dann musste der alte Knacker eben leben, ohne zu wissen, dass er im Damensalon diese Woche einen kompletten Haarschnitt mit Dauerwelle für zweihundert Kronen bekommen konnte.
    Gegen halb zwölf waren alle Zettel gefaltet, und er machte sich auf den Weg. Es hatte keinen Sinn, die ganzen Zettel in den Müll zu werfen oder so; sie riefen die Leute an und fragten nach, machten Stichproben. Das hatte man ihm eingetrichtert, als er vor einem halben Jahr angerufen und sich für den Job gemeldet hatte. Vielleicht blufften sie auch nur, aber er traute sich nicht, es zu riskieren. Außerdem hatte er im Grunde nichts gegen den Job. Jedenfalls nicht in den ersten beiden Stunden.
    In ihnen spielte er beispielsweise, dass er ein Agent in geheimer Mission war, dessen Aufgabe darin bestand, Propaganda gegen den Feind zu verbreiten, der das Land besetzt hatte. Er sauste von einem Hauseingang zum nächsten, immer auf der Hut vor den Soldaten des Feindes, die durchaus auch einmal als harmlose alte Frauen mit Hunden

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