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So finster die Nacht

So finster die Nacht

Titel: So finster die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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wirst du mir wohl zeigen müssen, was ich zu tun habe. Um nicht verrückt zu sein.«
    »Ja. Soll ich dir was zeigen?«
    Eli nickte.
    Oskar führte ihr seinen Spezialtrick vor. Er setzte sich auf die Schaukel, auf der er zuvor gesessen hatte, holte Schwung. Mit jeder Pendelbewegung der Schaukel, mit jedem Quäntchen, das Oskar höher stieg, wuchs das Gefühl in seiner Brust: Freiheit.
    Die hell erleuchteten Wohnungsfenster schossen an ihm vorbei wie bunte, leuchtende Striche, und er schaukelte immer höher. Der Spezialtrick gelang ihm nicht immer, aber heute würde er es schaffen, denn er war leicht wie eine Feder und konnte beinahe fliegen.
    Als die Schaukel so hoch stieg, dass die Ketten beim Zurückschwingen kurz erschlafften und anschließend ruckten, spannte er den ganzen Körper an. Die Schaukel schoss ein weiteres Mal zurück, und auf dem höchsten Punkt der nächsten Vorwärtsbewegung ließ er die Ketten los und schob die Beine mit aller Kraft nach oben, nach vorn. Die Beine beschrieben einen Bogen durch die Luft, und er landete auf den Füßen, ging möglichst tief in die Hocke, um die Schaukel nicht gegen den Kopf zu bekommen, und als die Schaukel ihn passiert hatte, richtete er sich auf und breitete die Arme aus. Perfekt.
    Eli applaudierte, rief: »Bravo!«
    Oskar fing die schwingende Schaukel ab, führte sie zur Ausgangsposition zurück, setzte sich. Wieder einmal war er dankbar für die Dunkelheit, die ein triumphierendes Lächeln verbarg, das er nicht unterdrücken konnte, obwohl es in seiner Wunde zog. Elis Applaus verklang, aber das Lächeln blieb.
    Nun würde alles anders werden. Natürlich konnte man niemanden töten, indem man auf einen Baum einstach. Er war doch nicht blöd.

DONNERSTAG, 29. OKTOBER
    Håkan saß auf dem Fußboden des schmalen Flurs und lauschte dem Plätschern aus dem Badezimmer. Er hatte die Knie so angezogen, dass seine Fersen die Pobacken berührten, sein Kinn auf den Knien ruhte. Die Eifersucht war eine fette, kreideweiße Schlange in seiner Brust. Sie wand sich langsam, rein wie Unschuld und mit kindlicher Deutlichkeit.
    Entbehrlich. Er war … entbehrlich.
    Als er gestern Abend in seinem Bett gelegen hatte, war das Fenster einen Spaltbreit offen gewesen. Er hatte gehört, wie Eli sich von diesem Oskar verabschiedete. Ihre hellen Stimmen, ihr Lachen. Eine … Leichtigkeit, die er niemals anzubieten haben würde. Zu ihm gehörten der bleischwere Ernst, die Forderungen, die Lust.
    Er hatte geglaubt, sein Geliebter wäre genauso. Er hatte in Elis Augen gesehen und die Weisheit und Teilnahmslosigkeit eines uralten Menschen erblickt. Anfangs hatte ihn das erschreckt; Samuel Becketts Augen in Audrey Hepburns Gesicht. Dann aber hatte es ihm Geborgenheit geschenkt.
    Besser hatte es überhaupt nicht kommen können. Der junge, grazile Körper, der seinem Leben Schönheit verlieh, während ihm gleichzeitig jede Verantwortung abgenommen wurde. Nicht er traf die Entscheidungen. Außerdem brauchte er sich für seine Lust nicht schuldig zu fühlen; sein Geliebter war älter als er. Kein Kind. Hatte er geglaubt.
    Aber seit die Sache mit Oskar begonnen hatte, war etwas geschehen. Eine … Regression. Eli benahm sich immer mehr wie das Kind, das sein Aussehen andeutete; Eli hatte begonnen, die Glieder schlenkern zu lassen, kindliche Ausdrücke, Worte zu benutzen. Wollte spielen. Zum Beispiel Schlüssel verstecken. Neulich abends hatten sie Schlüssel verstecken gespielt. Eli war wütend geworden, als Håkan nicht den erforderlichen Enthusiasmus für das Spiel zeigte, hatte daraufhin versucht ihn zu kitzeln, um ihn zum Lachen zu bringen. Er hatte die Berührung genossen.
    Natürlich war das anziehend. Diese Freude, dieses … Leben. Gleichzeitig war es erschreckend, weil es ihm so fern war. Er war geiler und ängstlicher, als er es seit ihrer ersten Begegnung jemals gewesen war.
    Gestern Abend hatte sich sein Geliebter in Håkans Zimmer eingeschlossen und dort eine halbe Stunde gelegen und an die Wand geklopft. Als Håkan der Zugang zu dem Zimmer wieder gewährt wurde, sah er, dass ein Zettel mit Zeichen über seinem Bett klebte. Das Morsealphabet.
    Als er sich schlafen gelegt hatte, war er versucht gewesen, selber eine Nachricht an Oskar zu klopfen. Ein paar Worte darüber, was Eli wirklich war. Stattdessen hatte er den Code auf einem Zettel abgeschrieben, damit er in Zukunft entschlüsseln konnte, was die beiden einander sagten.
    Håkan senkte den Kopf, lehnte die Stirn auf die Knie. Das

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