So hoch wie der Himmel
kann einfach nicht mehr.«
Kate, die inzwischen ebenfalls kurz vorm Weinen war, reichte ihr ein Taschentuch. Wenn sie weinte, dann aus Mitgefühl, vor allem, wenn es um ihre Familie ging. Und auch wenn es zwischen ihnen beiden keine sogenannte echte Verwandtschaft gab, betrachtete sie Margo doch als Teil ihrer Angehörigen. Seit Kate als achtjähriges Waisenkind von den Templetons liebevoll aufgenommen worden war, gab es auch immer Margo.
»Hier, putz dir erst mal die Nase«, befahl sie jetzt. »Und atme ein paarmal tief durch. Trink deinen Kaffee oder tu sonst irgend etwas. Aber Schluß mit den Tränen. Du weißt, sonst heule ich gleich mit.«
»Laura hat mich umarmt, als sie in die Küche kam.« Margo tupfte die verräterischen Spuren trocken und bemühte sich um einen ruhigen Ton. »Sie hat mich einfach zu Hause willkommen geheißen und mich ins Bett gesteckt.«
»Was hast du denn gedacht, was sie machen würde, wenn du dahersegelst? Vielleicht, dass sie dich mit einem Fußtritt zurück in den Regen jagt?«
Margo schüttelte den Kopf. »Nein, so etwas täte Laura nie. Aber vielleicht wird sie in diese ganze häßliche Geschichte mit einbezogen, weil sie mir Unterschlupf gewährt. Sicher stürzt sich die Presse bald auch auf sie. Die Kinderfreundschaft der gefallenen Berühmtheit mit der prominenten Millionenerbin – du weißt doch selbst, wie so was läuft.«
»Jetzt übertreib mal nicht«, lautete Kates trockene Erwiderung. »Niemand in den Vereinigten Staaten sieht dich ernsthaft als Berühmtheit an.«
Hin- und hergerissen zwischen Gekränktsein und Belustigung lehnte Margo sich zurück. »In Europa wird mein Name hoch gehandelt. Wurde, meine ich.«
»Aber hier sind wir in Amerika. Einen kleinen Fisch wie dich werfen die Medien sicher bald in den großen Teich zurück.«
Beleidigt verzog Margo das Gesicht. »Na, vielen Dank!« Sie warf die Decke zur Seite und stand entschlossen auf, so dass Kate ihren nackten Körper sah, ehe sie ihr den von Laura vorsorglich bereitgelegten Morgenmantel umhängte.
Margos Körper – den üppigen Brüsten, der Wespentaille, den schmalen Hüften und den langen, gefährlichen Beinen – sah man den Skandal nicht an. Hätte Kate es nicht besser gewußt, hätte sie gedacht, dass die Figur ihrer Freundin eher das Ergebnis moderner Technik als das Geschenk der Guten Fee der Vererbung war.
»Du hast ein bißchen abgenommen. Wie kommt es, dass dein Busen nicht auch kleiner geworden ist?«
»Satan und ich haben ein Abkommen getroffen. Mein Busen war schließlich Teil meines Arbeitsmaterials.«
»War?«
Margo zog den Morgenmantel an. Es war ihr eigener – ein langer, fließender elfenbeinfarbener Seidentraum. Offenbar hatte Laura ihr Gepäck inzwischen vom Flughafen abgeholt. »Die wenigsten Anzeigenkunden sind auf ehebrecherische Drogendealerinnen als Werbeträger erpicht.«
Kate sah die Freundin böse an. Sie ließe nicht zu, dass jemand derartig über Margo herzog. Nicht einmal sie selbst. »Die Anklage wegen Drogenhandels wurde fallengelassen, soweit ich weiß.«
»Das Verfahren wurde aus Mangel an Beweisen eingestellt. Das ist etwas gänzlich anderes.« Sie zuckte mit den Schultern, trat ans Fenster und ließ die kühle Nachmittagsbrise herein. »Du hast schon immer gesagt, dass mich mein Leichtsinn eines Tages in Schwierigkeiten bringen würde. Vermutlich habe ich mir das Ganze selbst eingebrockt.«
»Unsinn!« Kate sprang auf und stapfte wütend auf und ab. Automatisch tastete sie ihre Taschen nach der allgegenwärtigen Rolle Magentabletten ab. »Ich kann nicht glauben, dass du dich einfach so fertigmachen läßt. Schließlich bist du unschuldig.«
Gerührt drehte sich Margo zu ihr um, doch ehe sie etwas sagen konnte, schob sich Kate die Tabletten wie Bonbons in den Mund und fuhr mit ihrer Schimpftirade fort.
»Sicher, du hast einen seltenen Mangel an Urteilskraft und eine unglaubliche Unvernunft an den Tag gelegt. Ganz offensichtlich läßt in bezug auf Männer dein Geschmack zu wünschen übrig, und auch die Wahl deines Lebensstils ist einigermaßen fragwürdig.«
»Ganz sicher kann ich darauf zählen, dass du das nötigenfalls auch vor Gericht erklärst.« Gekränkt schaute Margo aus dem Fenster.
»Aber!« Kate hob eine Hand. »Du hast nichts Illegales getan, nichts, aufgrund dessen es gerechtfertigt wäre, deine Karriere derart abrupt zu beenden. Wenn du den Rest deines Lebens weiter Werbung für irgendein lächerlich überteuertes Shampoo oder irgendeine
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