So küsst nur ein Millionär
griff nach ihrer Handtasche und ging vor ihm zur Tür. Verdammt, warum musste er ihr denn schon wieder die Hand auf den Rücken legen? Sie ärgerte sich, dass sie gleich wieder dieses Kribbeln im Magen verspürte, und noch mehr, als sie Leas große runde Augen auf sich gerichtet sah, weil ihrer Assistentin diese vertrauliche Geste natürlich nicht entgangen war.
Da werden wohl einige Fragen zu beantworten sein, wenn ich wiederkomme, sagte sich Nicole. Aber daran wollte sie jetzt nicht denken. Die Situation war schwierig genug.
Ihr weißer luxuriöser Cadillac war geräumig und bequem. „Ich muss häufig Kunden chauffieren“, erklärte sie auf Ryans fragenden Blick hin.
Sowie sie aus der Parkgarage heraus waren, stellte Ryan das Radio leiser und fragte: „Wo treffen wir Patrick und Beth? Direkt in der Praxis?“
Nicole wollte ihm nicht von dem Zerwürfnis mit Beth erzählen. Aber wie konnte sie die Abwesenheit der beiden erklären? Auf die Schnelle fiel ihr nichts ein. So sagte sie nur: „Nein. Sie kommen nicht.“
„Sind sie denn nicht neugierig auf das Kind?“
„Doch. Aber heute ist … heute können sie beide nicht. Sie werden sich nachher das kleine Video ansehen.“
Er schwieg.
Auch wenn er nichts sagte, fühlte sich Nicole von seiner Gegenwart einfach überwältigt. Der sonst so geräumige Wagen schien für sie beide zu klein zu sein. Kurz warf sie einen Blick auf Ryans große schlanke Hände, die auf den kräftigen Oberschenkeln lagen. Wie es wohl war, von diesen Händen gestreichelt zu werden? Sie biss sich auf die Unterlippe und versuchte vergeblich, diesen Gedanken zu verdrängen.
„Ryan, ich kann nicht Ihr Ansprechpartner bei Hightower sein“, platzte sie heraus. „Ich käme in einen schrecklichen Interessenskonflikt.“
„Warum denn? Ihr Bruder hat da keine Probleme gesehen.“
„Haben Sie ihm etwa das mit dem Baby erzählt?“
„Nein. Nur, dass wir uns … kennen. Er hat daraus wohl seine Schlüsse gezogen.“
„Dass wir ein Verhältnis haben? Oh Ryan, wenn Sie die Situation für mich unerträglich machen wollen, dann sind Sie auf dem besten Wege.“
„Ich will Sie nicht quälen. Ich will nur das, was mir zusteht.“
„Warum begreifen Sie nicht, dass das Baby nicht Ihnen gehört, nur weil ein dummer Fehler passiert ist.“
„Ich bin der biologische Vater. Das allein zählt.“
Frustriert schwieg sie. So kam sie nicht weiter. Da war schon das Ärztehaus. Sie bog auf den Parkplatz ein, stellte den Motor ab, mochte aber nicht aussteigen. Die Vorstellung, gleich das erste Bild ihres Kindes zu sehen, ihres Babys, das sie gleich nach der Geburt wieder verlieren würde, lähmte sie.
„Nicole?“
„Ja …“
„Was ist, wollen wir nicht hineingehen?“ Besorgt sah er sie an.
„Ja, gleich.“
„Ist das die erste Ultraschalluntersuchung?“
Sie umklammerte das Lenkrad und ließ den Kopf auf die Hände sinken. „Ja.“
„Na los!“ Er stieg aus, kam um den Wagen herum und öffnete die Fahrertür. „Es tut nicht weh, keine Sorge“, sagte er leise.
Er tröstete sie? Erstaunt hob sie den Kopf und sah Ryan an. „Ich weiß.“
Lächelnd reichte er ihr die Hand. „Dann kommen Sie. Wir müssen uns doch ansehen, was wir zustande gebracht haben.“
In diesem Augenblick war er ihr beinahe sympathisch. Zögernd nahm sie seine Hand und ließ sich aus dem Wagen ziehen. Mit zitternden Knien folgte sie ihm in das Gebäude. Als sie der Arzthelferin ihren Namen nennen musste, versagte ihr fast die Stimme. So schwer hatte sie sich diesen Besuch nicht vorgestellt.
Die Frauen im Wartezimmer sahen erst Ryan neugierig an, dann lächelten sie Nicole zu. Wahrscheinlich hielt sie hier jeder für ein glückliches Paar, das sich auf sein Kind freute.
Scheu sah sie sich um. Auf der anderen Seite saß eine junge Mutter mit ihrem Neugeborenen. Sie wirkte erschöpft, aber sehr glücklich. Nicole kämpfte mit den Tränen. Wenn sie zur ersten Nachuntersuchung kam, würde sie allein sein, ohne Kind. Ihr Baby würde dann nicht mehr ihr gehören.
Es gehört dir auch jetzt nicht.
Sie senkte den Kopf und schniefte leise. Da spürte sie Ryans warme Hand und sah ihn überrascht an. Sein ernster Blick war auf sie gerichtet, und er strich ihr sanft über die verkrampften Finger.
Schnell entzog sie ihm die Hand. Sie wollte nicht getröstet werden, schon gar nicht von ihm.
„Nicole?“ Eine Frau in einem rosa Kittel blickte durch die leicht geöffnete Tür. Nicole sprang auf und ging auf sie zu.
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