So küsst nur ein Millionär
gute Idee, finde ich.“
„Warum nicht? Werden Sie seekrank?“
Wenn es nur das wäre. Sie hatte Angst, dass es in der intimen Atmosphäre auf dem Boot wieder zu einem Kuss kommen könnte. Von dem ersten war sie noch vollkommen durcheinander … und von diesem nur zu deutlich spürbaren Verlangen, das sie jedes Mal überfiel, auch wenn sie sich nur flüchtig berührten.
Das waren Gefühle, die sie nicht verspüren sollte und wollte.
Denn Patrick war die Liebe ihres Lebens. Und wenn sie jetzt feststellte, dass sie Ähnliches auch für einen anderen Mann empfinden konnte, dann ähnelte sie ihrer Mutter mehr, als ihr lieb war. Und das war ein erschreckender und beunruhigender Gedanke.
„Nein, ich werde nicht seekrank. Aber ich kann es mir nicht leisten, meine Zeit auf dem Schiff zu vergeuden.“
„Sie werden sehen, es wird Ihnen guttun, in schneller Fahrt über das Wasser zu gleiten. Der Wind vertreibt jeglichen Stress und alle bösen Gedanken. Das geht mir auch beim Motorradfahren so. Aber in Ihrem Zustand wollte ich Ihnen das nicht zumuten.“
„Wie kommen Sie darauf, ich sei gestresst?“ Schwächen gab man nicht zu, das hatte sie schon früh in ihrem Leben gelernt. „Außerdem hätte ich gar keine Lust, auf Ihrer Höllenmaschine zu sitzen.“
„Motorradfahren ist nur gefährlich, wenn man leichtsinnig ist. Ich bin ein sehr überlegter Fahrer.“ Er stieg aus, zog sein Jackett aus, legte die Krawatte ab und knöpfte die Manschetten auf.
Nicole beobachtete ihn reglos. Sein Anblick hatte eine berauschende Wirkung auf sie. Was war nur los mit ihr? Sie verstand sich selbst nicht mehr, hatte aber auch keine Zeit, darüber nachzudenken. Denn jetzt öffnete er mit seinen kräftigen Händen das weiße Hemd, Knopf für Knopf, streifte es ab und stand in einem weißen T-Shirt vor ihr.
Ihr stockte der Atem. Das T-Shirt lag so eng an, dass nicht nur jeder Muskel zu erkennen war, sondern auch dunkles Brusthaar und die kleinen harten Brustwarzen. Oh Gott … Sollte sie, um jede Gefahr zu vermeiden, darauf bestehen, dass er sie wieder in ihr Büro fuhr? Oder konnte sie auf ihre Widerstandskraft vertrauen und diese Lunchpause durchstehen? Wie aufs Stichwort begann ihr der Magen zu knurren und gab ihr somit die Antwort. Sie hatte Hunger und musste unbedingt etwas essen. Außerdem war es bestimmt sinnvoll, mit Ryan Patrick etwas mehr Zeit zu verbringen, um mehr über ihn zu erfahren. Vielleicht fand sie etwas heraus, das Beth und Patrick später bei der gerichtlichen Verhandlung gegen ihn verwenden konnten.
Sie stieg aus, und schon war Ryan neben ihr und nahm ihr die Tüte mit dem Essen ab. „Ziehen Sie doch Ihre Jacke aus“, meinte er fröhlich. „Es ist bestimmt warm genug.“
Sollte sie? Darunter trug sie doch nur ein knappes Top. Aber er hatte recht. Morgens war es frisch gewesen, aber jetzt schien die Sonne vom wolkenlosen Himmel, und die sanfte Brise fühlte sich angenehm warm auf der Haut an. Bald würde der Herbst mit seinen kalten Winden einsetzen. Da sollte sie die letzten warmen Tage genießen. Entschlossen zog sie die Jacke aus.
„Gut.“ Ryan nickte lächelnd, drehte sich dann um und ging den schmalen Weg zu dem Anlegesteg hinunter. Er hatte einen kräftigen, geschmeidigen Gang, und sie musste sich beeilen, um nicht zurückzubleiben. Vor einem schnittigen Boot mit roten Rennstreifen blieb er kurz stehen, sah sich nach Nicole um und stieg an Bord. Er setzte die Tüte ab und streckte dann die Hand aus. „Geben Sie mir Ihre Schuhe.“
Nach kurzem Zögern reichte sie ihm ihre High Heels. Dann nahm sie seine Hand, machte einen großen Schritt und stand neben Ryan. Das Boot schwankte, aber Ryan hielt sie fest. Als sie ihr Gleichgewicht wiedergefunden hatte, wies er auf eine gepolsterte Bank im Heck des Schiffes. „Setzen Sie sich, und machen Sie es sich bequem.“
Doch sie war zu nervös, um sich zu setzen. Zu viele Gedanken gingen ihr durch den Kopf. Wie sollte sie sich da entspannen können? Ob ihr Kind wohl Ryans kraftvolle Bewegungen erben würde, seinen geschmeidigen Gang? Vielleicht auch seine altmodische Höflichkeit Frauen gegenüber?
Nicht wenn es bei Patrick aufwächst.
Der Gedanke war ihr ganz plötzlich gekommen und erschreckte sie. Wie kam sie nur darauf? Patrick war der beste Vater, den sie sich für ihr Kind vorstellen konnte. Er war sanft und freundlich, ein Intellektueller, der sehr wissbegierig war. Dass er ihr oder seiner Frau nie die Tür aufhielt oder den Stuhl zurechtrückte,
Weitere Kostenlose Bücher