So schoen und kalt und tot
bereit, jeden Augenblick zuzustechen.
„Melanie!“ Mit einem Aufschrei stürzte sich Chester auf Mr. Patterson. Er riss ihn herum und entwand ihm in kurzem Zweikampf die gefährliche Waffe. Dann schlug er ihm mit der flachen Hans an den Hals.
Für einen kurzen Moment wurde der Mann bewusstlos, gerade so lange, dass Melanie aus dem Bett springen konnte. „Chester“, schluchzte sie, „woher wusstest du, wo ich bin?“ Sie fiel ihm weinend um den Hals.
Chester hielt sie fest, sie zitterte am ganzen Körper, was er deutlich durch das dünne, seidene Hemd spüren konnte. „Ganz ruhig, Darling. Jetzt kann dir nichts mehr geschehen“, flüsterte er ihr zu. „Dein weißer Freund hat mich geführt.“ Er deutete auf Countess, die an der Türe saß und den Bewusstlosen anstarrte.
Melanie lächelte unter Tränen. „Danke, Countess“, flüsterte sie. Dann wandte sie sich wieder an den Mann, der sie noch immer umfangen hielt. „Alanis…“
„Ich weiß“, unterbrach Chester sie traurig. „Deine Schwester ist tot. Ich habe sie gesehen. Wir sind beide zu spät gekommen.“
„Das werde ich mir nie verzeihen“, schluchzte die Frau und klammerte sich an Chester. „Ich hab sie so lieb, meine kleine Alanis.“
„Komm, wir müssen dieses unheimliche Gemäuer verlassen und den Inspektor verständigen. Dieser Mann gehört hinter Schloss und Riegel. Er ist gemeingefährlich.“ Er nahm Melanie bei der Hand und wollte zur Tür.
Charles Patterson hob ein Augenlid, dann das zweite. Langsam kehrten seine Lebensgeister in seinen Körper zurück. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Er spürte noch den Schmerz des Schlages an seinem Hals, doch er wurde zusehends weniger.
Dann fiel sein Blick auf die beiden Menschen, die sich eng umschlungen hatten. Barbara, seine Barbara, und ein fremder Mann. Heißer Zorn stieg in ihm hoch, Hass, den er kaum mehr beherrschen konnte.
Mit einem Satz war er aus dem Bett. Er griff das Messer, das Chester nachlässigerweise auf den Tisch gelegt hatte. Mit einem Aufschrei wollte er sich auf die beiden stürzen.
Plötzlich jedoch hielt er mitten in der Bewegung inne. Knurrend stand vor ihm ein massiger weißer Hund und starrte ihn aus blutunterlaufenen Augen an. Seine Lefzen waren gefletscht und zeigten ein rotes Zahnfleisch mit spitzen weißen Zähnen.
„Was willst du?“
Der Hund knurrte noch lauter und kam drohend auf ihn zu, ohne ihn dabei aus den Augen zu lassen. Schon konnte der Mann den heißen Atem des Tieres spüren.
Er wich zurück.
Plötzlich war da die Erkenntnis, die ihm die Nackenhaare sträubte. „Du bist doch tot“, stellte er mit ersterbender Stimme fest. „Du bist der Hund aus dem Zug, den ich…“ Er brach ab und wich noch weiter zurück, bis er im Rücken den Vorsprung des Fensters spürte.
Der Hund kam immer näher, das Knurren war inzwischen so laut, dass es in seinen Ohren dröhnte. Charles Patterson schlotterten die Knie. „Barbara, hilf mir. Schick ihn weg, ich will ihn nicht mehr sehen. Dann ist alles gut.“ Er jammerte verzweifelt.
Der Hund duckte sich, als wollte er ihn anspringen. Seine Augen klebten wie festgefroren an dem Mann, der nicht mehr vor und auch nicht mehr zurück konnte. Es gab für ihn keinen Fluchtweg.
In aufsteigender Panik drehte er sich hastig um und riss das Fenster auf. Kalte Nachtluft strömte ihm entgegen. Sie klärte seine Sinne für einen Moment, und er wusste mit einem Mal, dass es zu Ende war.
„Ich liebe dich, Barbara!“, schrie er. Dann breitete er weit beide Arme aus und ließ sich einfach über die Brüstung fallen. Im Nachtwind bauschte sich der seidene Vorhang, der Platz, an dem Mr. Patterson eben noch gestanden hatte, war leer.
Auch Countess war verschwunden.
„Gehen wir nach Hause“, sagte Chester leise. Dann nahm er Melanie auf den Arm und trug sie aus dem Castle. Es dämmerte bereits, ein neuer Tag brach an. Aber es war ein trauriger Tag.
Auf dem harten Kopfsteinpflaster lag ein Mann mit ausgebreiteten Armen. Er war tot. Charles Patterson hatte endlich seinen Frieden gefunden.
* * *
Die Sonne blinzelte zwischen Wolkenbergen hindurch, als Alanis auf dem Friedhof von Glannagan beerdigt wurde. Melanie war verzweifelt, denn ihre kleine Schwester fehlte ihr sehr. Sie gab sich die Schuld daran, dass das Mädchen zu Tode gekommen war, denn sie hätte die heimlichen Anzeichen, die Alanis
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