So schwer, sich leicht zu fuehlen
ging.
Wenn ich Alkohol getrunken hatte, fühlte ich mich anders â nicht so gehemmt und auch nicht mehr so unsicher. Das fühlte sich gut an, und bald meinte ich, dieses Gefühl zu brauchen.
Es heiÃt ja immer so schön: âPastorentöchter sind die Schlimmstenâ, was in meinem Fall zu dieser Zeit wirklich zutraf. Doch tief im Inneren wusste ich immer, dass das alles nicht gut für mich war, und ich wollte auch nicht so sein. Gleichzeitig hatte ich aber noch ein paar Grenzen, und die hielt ich immerhin konsequent ein.
Niemand aus meiner Familie wusste, was in mir vorging und was für ein Doppelleben ich führte. Ich feierte oft bis um 6:00 Uhr morgens, fuhr dann nach Hause, sprang kurz unter die Dusche und war dann um 8:30 pünktlich zum Soundcheck in der Kirche. Und das mit diesen fürchterlichen Kopfschmerzen. Schrecklich. Aber schlieÃlich durfte niemand etwas merken.
Eines Tages gab ich mit meiner damaligen Band ein Konzert auf einem christlichen Jugendevent und sprach auch über den Glauben an Gott, so wie es dort erwartet wurde. Ich wusste genau, was ich zu sagen hatte, auch ohne es zu leben. Immerhin war ich damit aufgewachsen. Während ich redete, fühlte ich, wie leer ich doch eigentlich war und wie falsch ich lebte. Diese Menschen im Saal waren viel zufriedener mit ihrem Leben und viel echter als ich, die ich da so wichtig auf der Bühne stand!
Nach dem Konzert fühlte ich mich wie die gröÃte Heuchlerin der Welt. Die Aftershow-Party war für mich erledigt. Ich lieà meine Band, Freunde und Fans einfach stehen und fuhr direkt nach Hause. Mitten in der Nacht hielt ich noch am Bodensee, setzte mich auf die Steine am Ufer und dachte: Déborah, so geht es nicht mehr weiter. Du hast es in der Hand, was du aus deinem Leben machst. Es ist deine Entscheidung.
Mir wurde bewusst, dass ich mein Leben in eine Richtung geführt hatte, die so nicht für mich bestimmt war. Doch da ich ja immer dachte, alles besser zu wissen, und keine Party auslassen wollte, hatte ich mich komplett verloren.
Ich bin überzeugt davon, dass Gott für jeden Menschen ganz individuell nur das Beste im Sinn hat. Es ist aber unsere freie Entscheidung, wohin wir gehen, was wir tun und auf wen wir uns einlassen.
Für mich war zum Beispiel Toni von Anfang an kein guter Umgang gewesen, doch ich hatte mir eingebildet, ihn zu lieben, und dafür hatte ich meinen Körper und meine Seele total vernachlässigt. Jetzt wurde mir bewusst, dass ich mir mit der ungesunden Beziehung zu ihm nur Schaden zugefügt und in der Folge alles vergessen hatte, was ich eigentlich liebte: meine Familie, meinen Sport, meine Freunde, meine Musik, ja, und auch meinen Glauben. Mein Tagesablauf wurde nur noch bestimmt von Partys, Alkohol und hoffentlich ein paar oberflächlichen Komplimenten. Und es war ganz allein meine Entscheidung gewesen, so zu leben.
Doch an jenem Abend, als ich dort am See saà und die Veranstaltung mit all diesen wundervollen Jugendlichen Revue passieren lieÃ, die so liebevoll miteinander umgegangen waren, wurde mir ganz neu bewusst, dass die Antwort auf all meine Fragen und Sehnsüchte so greifbar nah war. Es lag einzig und allein an mir, mein Leben zu ändern! Nichts hinderte mich daran, wieder ganz neu anzufangen und mich auf ein Fundament zu stellen, dass mich sicherer trug als der ganze Unsinn mit all den ÃuÃerlichkeiten, auf die ich mich selbst reduziert hatte!
Tränen strömten über mein Gesicht, und ich konnte und wollte sie nicht mehr aufhalten. Ich wollte doch gar nicht so sein! Dieses angeblich ach so tolle Leben, das ich aller Welt vorspielte, war doch in Wirklichkeit nur eine unerfüllte Suche nach Akzeptanz. Ich war gefangen, süchtig nach Aufmerksamkeit und Liebe. Mein ganzes Verhalten und mein Selbstwertgefühl wurden komplett von meinem Umfeld bestimmt. Eigentlich tat ich nicht, was ich wollte, sondern was ich meinte, machen und darstellen zu müssen, um von den anderen gemocht zu werden. Ja, klar, nach auÃen agierte ich als Party-Queen. Doch die Leere in mir wurde immer gröÃer, und tief im Inneren kannte ich die Wahrheit.
Auf diesem christlichen Konzert hatte ich so viele junge Menschen gesehen, die total zufrieden wirkten, ohne sich sinnlos zu betrinken und ihren Wert von der Anerkennung anderer abhängig zu machen. Ja, ich hatte von dem Publikum gelernt, dem ich eigentlich durch meine Musik weiterhelfen
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