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So schwer, sich leicht zu fuehlen

So schwer, sich leicht zu fuehlen

Titel: So schwer, sich leicht zu fuehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Rosenkranz
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wollte.
    An diesem Abend betete ich nach einer langen Zeit zum ersten Mal wieder, ohne zu wissen, ob Gott mich überhaupt hören würde. Oder eher, ohne zu wissen, ob Gott so einer Versagerin wie mir nochmal verzeihen würde.
    Während ich auf den kalten Steinen vor dem See kniete und mir die Tränen die Wangen runterliefen, schluchzte ich ganz simple Worte, in der Hoffnung, dass Gott jemandem wie mir noch zuhören würde: „Ich weiß, ich habe so ziemlich alles falsch gemacht, was ich hätte falsch machen können. Ich habe versucht, mein Leben selbst in die Hand zu nehmen, nur um zu erkennen, dass ich ohne dich aufgeschmissen bin. Ich weiß nicht, ob du jemandem wie mir überhaupt noch vergeben kannst. Wenn du noch willst, dann verzeih mir bitte und schenk mir noch eine Chance. Es tut mir leid!“
    In dieser Nacht schlief ich zum ersten Mal seit langer Zeit friedlich ein und hatte einen wundervollen Traum. Ich weiß, dass das kein Zufall war. Ich schlief ein und sah vor mir drei Kreuze, wie man sie aus dem Film „Die Passion Christi“ kennt. Gleichzeitig hörte ich eine laute und einprägsame Stimme, die fast schon schrie: „Déborah, auch für dich habe ich das getan!“
    Als wäre diese Geschichte des Kreuzes mein Leben lang, durch all meine Umwege, präsent geblieben. Für mich war es keine Geschichte mehr, sondern Realität geworden.
Die Versuchung
    Und dann geschah es. Gerade, als ich mich innerlich auf den richtigen Weg gemacht hatte, tauchte Toni wieder in meinem Leben auf! Der lang ersehnte Moment kam, und es war noch schöner als erträumt.
    Ich kam zur Arbeit, und meine Kollegin erzählte mir ganz aufgeregt, dass ein gewisser Toni nach mir gefragt habe. Toni! Jetzt hatte ich es doch gerade geschafft, mich innerlich ein wenig von ihm zu lösen. Wieso war er da gewesen?
    Er hatte seine Handynummer hinterlassen, und ich kämpfte mit mir selbst: Sollte ich anrufen und alles wieder aufleben lassen, was ich so mühsam vergraben hatte? Alle Erinnerungen an die gemeinsamen Momente? Natürlich schlug mein Herz wie wild. Doch wollte ich mir das wirklich antun, diese Schmerzen nochmals zu erleben? Er würde sich ja wohl nicht verändert haben. Was, wenn er mich nur auslachen würde? Das hatte er früher in der Öffentlichkeit nicht selten getan!
    Mehrmals war ich versucht, mich bei ihm zu melden, doch dann legte ich den Hörer immer wieder weg. Toni hatte mich während unserer Beziehung immer wieder verletzt, selbst bei dem kurzen Wiedersehen mit Estelle. Wie sollte das weitergehen? Sollte ich das tatsächlich noch mal zulassen? Andererseits plagte mich die Neugier – was hatte er wohl gewollt? Schließlich legte ich seine Nummer beiseite.
    Doch so einfach sollte es wohl nicht sein. Unweit von meiner Arbeitsstelle stand er ein paar Tage später plötzlich vor mir, mitten auf der Straße, als ich abbiegen wollte. Ich konnte ihm nicht entfliehen!
    â€žMäuschen!“, sagte er flehentlich. Mäuschen , ja, so hatte er mich immer genannt. Dieses vertraute Wort, unser Wort ... Ich sah ihn an, und da bemerkte ich, dass nicht mehr viel an den Toni von früher erinnerte. Er hatte ziemlich zugelegt, sah ungepflegt und vom Alkohol gezeichnet aus. Auch jetzt gerade, mitten am Tag, hielt er eine Bierdose in der Hand. Nach wie vor strahlten seine blauen Augen, und mit seinen blonden Haaren sah er immer noch sehr gut aus, doch so fertig kannte ich ihn nicht. Nie im Leben hätte er früher aus einer Dose Bier getrunken – auf der Straße!
    Die gute Seele in mir erwachte, und mein Helfersyndrom wurde aktiv. Ich hatte Mitleid mit ihm, mit dem Teil, der von ihm übrig geblieben war. Wir verabredeten uns für den Abend, und es war spannend, aus seinem Mund zu hören, wie sehr er mich vermisst habe. Ich sei ihm damals einfach zu lieb, zu naiv und zu jung gewesen. Jetzt sei das aber anders. Na gut, ich hatte mich ja wirklich sehr verändert. Er musste auch gemerkt haben, dass ich stärker geworden war und nicht mehr alles akzeptieren würde.
    Wir trafen uns immer öfter, und er erzählte mir zum ersten Mal ganz offen von seiner Vergangenheit, die mit jeder Menge Drogen, Alkohol und Gefängnisaufenthalten wirklich einige üble Erfahrungen beinhalteten. Außerdem gestand er mir, dass er mich damals so oft versetzt oder sich tagelang nicht gemeldet hatte, weil er in der Schweiz gewesen war,

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