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So schwer, sich leicht zu fuehlen

So schwer, sich leicht zu fuehlen

Titel: So schwer, sich leicht zu fuehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Rosenkranz
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Airline aufgrund der wirtschaftlichen Lage Tausende von Mitarbeitern entlassen. Den ersten großen Schwung an Entlassungen hatte ich überstanden, doch dann wurde ich eines Tages in das Büro meines Chefs gerufen. Ich werde nie vergessen, wie ich die Treppen hochstieg und plötzlich wusste, dass es vorbei war. Tatsächlich traten meine Befürchtungen ein. Mit sichtlichem Bedauern sagte er mir, dass ich gehen müsse. Sie würden zuerst die jungen Singles entlassen. Tja, dazu gehörte auch ich.
    Unendlich traurig und gedemütigt räumte ich meinen Schreibtisch auf. Was für ein übles Gefühl! Im Büro saßen ungefähr 20 Angestellte. Die Tränen liefen mir übers Gesicht, und ich schämte mich fürchterlich. Wieder mal versagt! Wieder mal nicht gut genug!
    Meine Kollegen waren total lieb zu mir. Einer setzte sich draußen noch mit mir vor das Gebäude und brachte mir ein großes Eis als Trostpflaster. Doch selbst in diesem Moment war mein erster Gedanke: „Das hat viel zu viele Kalorien“, und ich warf es in den nächsten Mülleimer. Krank!
    Am gleichen Tag räumte ich auch noch meine Wohnung. Es hatte keinen Sinn mehr, dort zu bleiben. Außerdem hatte ich mich dort sowieso so oft einsam gefühlt und wollte ganz gern wieder nach Hause. Ich packte also mein Hab und Gut zusammen und fuhr dauerheulend die zwei Stunden in Richtung Heimat. Es war gar keine Frage, dass ich dort mit offenen Armen empfangen würde. Ich hatte nicht einmal einen Gedanken daran verschwendet, ob ich nach Hause zurückkommen darf. Ich wusste, dass ich meinen Eltern immer willkommen war.
    Für mich begann nun eine ganz neue Zeit. Frisch operiert, kein Job mehr, und meine vermeintliche große Liebe hatte eine andere. Ich lebte wieder daheim bei Mama und Papa und musste mich auf Arbeitssuche begeben.
    Mein Plan war es, diese Auszeit etwas hinauszuzögern, um mir über meine Zukunft Gedanken zu machen. Na ja, das klingt eben besser, als zuzugeben, dass ich einfach ein bisschen bezahlten Urlaub haben wollte.
    Ironischerweise konnte ich mich dann aber vor Zusagen gar nicht retten und musste mich bald entscheiden. Außerdem fiel mir zu Hause auch ganz schnell die Decke auf den Kopf. Ich wollte am liebsten ins Ausland, irgendetwas Außergewöhnliches tun. Die Bewerbung an der Musik-Uni in Australien, an der ich so gern studieren wollte, lief, und sollte ich dort angenommen werden, würde ich viel Geld brauchen. So entschied ich mich übergangsweise für einen Job in einem Hotel. Dort arbeitete ich an der Rezeption und wurde sehr bald Schichtleiterin, als das Hotel noch ein italienisches Restaurant eröffnete.
    Tagebucheintrag vom 15. Mai 2003
    Heute war ich im Hotel zum Probearbeiten. Eigentlich war es auch ganz nett, ich glaube, wir werden uns verstehen. Mal sehen, ich habe eh nur vor, bis Februar zu bleiben und dann nach Australien zu gehen. Oder ich ziehe nach Südfrankreich und arbeite dort am Flughafen. Schreibe gerade fleißig Bewerbungen. Ich glaube, ich muss wirklich eine Zeitlang weg von hier, um zu mir selbst zu finden.
    Es war sehr ungewohnt für mich, „auf dem Boden“ zu arbeiten. Die Stimmung war grundsätzlich gut, und da ich ja Schichtleiterin war, trug ich viel Verantwortung. Trotzdem ließ ich mich leicht verunsichern und hatte immer noch Komplexe aufgrund meines Aussehens.
    Tagebucheintrag vom 17. Mai 2003
    Ich muss mein Leben ändern. Es ist so traurig. So blöd es auch klingen mag, aber wenn ich weniger wiegen würde, dann wäre einiges anders. Habe so große Komplexe. Im Hotel/Restaurant gefällt es mir tatsächlich gut. Es fängt mich irgendwie auf. Sehr nette Leute. Doch gehöre ich da hin?
    Ich verglich mich ständig mit meinen Arbeitskolleginnen, die meiner Meinung nach alle schöner und schlanker waren als ich. Bei uns arbeitete auch ein gutaussehender Italiener – oder jedenfalls dachte er das von sich. Er war ein richtiger Macho-Typ, aber sehr lieb dabei, und seine Meinung war mir sehr wichtig.
    Als er mir sagte, dass es nicht schaden könnte, wenn ich ab und zu ins Solarium ginge, rannte ich sofort los. Als Nächstes waren die Augenbrauen dran: „Déborah, diesen Busch über den Augen solltest du dir echt wegmachen lassen.“
    Solchen Dingen hatte ich vorher gar keine Beachtung geschenkt, doch ich wollte unbedingt so werden wie meine schicken Kolleginnen, die in ihrer

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