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So schwer, sich leicht zu fuehlen

So schwer, sich leicht zu fuehlen

Titel: So schwer, sich leicht zu fuehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Rosenkranz
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um Drogen zu besorgen.
    Der Mann, der sich mir da offenbarte, war ein neuer Toni. Ein kleiner Junge auf der Suche nach Geborgenheit. Ich stand nun vor einer sehr großen Entscheidung. Eigentlich wollte ich ja für ein Jahr nach Australien gehen. Ich hatte mich dort am Hillsong -College beworben, um Musik zu studieren, und war angenommen worden. Mir war klar, dass es für meine persönliche Entwicklung wichtig wäre, einmal ganz aus allem herauszukommen, um einen Schlussstrich unter meine Essstörungen und meine Sucht nach Akzeptanz zu ziehen. Dazu war ich auch endlich bereit.
    Meine Eltern waren nicht sehr glücklich über diese Idee: „Déborah, dein Platz ist hier. Dir stehen doch hier so viele Türen offen.“
    Ich brachte es nicht über mich, ihnen meine wahren Gründe zu sagen. Sie kannten nur das, was sie sahen, und das war die fröhliche Déborah, die im Gottesdienst sang, sich um andere kümmerte und immer ein Lächeln im Gesicht hatte. Für sie waren auch meine Essstörungen längst überwunden. Ich wusste, dass ich eine Zeit weit weg von alledem brauchte, nur für mich.
    Doch jetzt war Toni wieder da, und ich hatte ihn scheinbar tatsächlich „im Griff“. Ich war viel selbstbewusster geworden, und er hatte sich auch sehr verändert. Ich war mir ganz sicher, auch noch nach vier Jahren, er ist die Liebe meines Lebens.
    Tagebucheintrag vom 4. April 2004
    Toni und ich sind heute fünf Tage wieder zusammen. Es ist schön. Es ist seltsam. Er ist erwachsener geworden, hat aber doch keinen Sinn in seinem Leben. Alles, was er tut, ist arbeiten, saufen und schlafen. Will ich das? Kann ich ihm helfen? Wir waren jetzt mehrmals miteinander weg, er bezahlt alles, verwöhnt mich und sorgt für mich. Und doch fehlt mir was! Hätte ich bloß nicht so starke Gefühle für ihn!
    Tagebucheintrag vom 6. April 2004
    Ich habe nicht bei Toni angerufen. Einen Tag lang war gar nichts. Dann rief er an! Ja, diesmal läuft es umgekehrt! So anhänglich wie jetzt kenne ich ihn gar nicht. Wenn ich überlege, wie oft ich vor dem Café gestanden habe, nur um ihn kurz zu sehen. Jetzt sitze ich wie damals drinnen, bei seiner Familie.
    Wieso? Wieso jetzt? Es fällt mir so schwer. Soll ich mich von ihm trennen? Oder so weitermachen? Was wäre, wenn ich nicht nach Australien gehen würde? Ist er es wert?
    Tagebucheintrag vom 24. April 2004
    Wenn’s am schönsten ist, soll man gehen ... Toni möchte das Jahr auf mich warten. Er bereut es unendlich, dass wir uns überhaupt getrennt haben.
    Doch irgendetwas in mir war stärker. Der Wunsch, gesund und heil zu werden. Der Wunsch, ein Leben zu führen, das richtig ist und mit dem ich glücklich und zufrieden bin. Also würde ich im Mai 2005 in ein Flugzeug steigen, das mich für über ein Jahr nach Sydney bringen sollte.
    Der Abschied von meiner Familie fiel mir sehr schwer. Doch jetzt, wo ich meine Entscheidung getroffen hatte, wusste ich, dass es genau das war, was ich brauchte. Das Packen fiel mir nicht leicht. Wie packt man 20 kg Kleidung für ein Jahr ein? Mein Bruder machte sich einen großen Spaß daraus, mir beim Sortieren zu helfen. Das ganze Zimmer war übersät mit Kleidungsstücken.
    Es war soweit, der Tag meines Abfluges war gekommen. Mein Vater und mein Bruder brachten mich nach Frankfurt an den Flughafen. Nachdem ich meine Riesen-Hockeytasche, in der ich leicht einen erwachsenen Menschen hätte verstecken können, irgendwie ohne Aufzahlung eingecheckt hatte, standen wir vor der Passkontrolle.
    Ich weiß noch ganz genau, wie ich mich noch mal umsah und meinen Vater mit Tränen in den Augen dastehen sah. Das hatte ich noch nie gesehen. Es fiel mir nicht leicht, zu gehen, doch ich wollte endlich frei werden. Nicht von meiner Familie, sondern von meiner Krankheit, meinen verdrehten Denkstrukturen und meinen Selbstzweifeln. Frei von dem Gedanken, nicht gut genug zu sein.
Down under
    â€žMäuschen, komm zurück. Du fehlst mir!“
    So kannte ich Toni gar nicht. Ständig kamen solche SMS von ihm, für die ich mir früher ein Bein ausgerissen hätte, und wenn ich abends nicht bei ihm anrief, wurde er richtig traurig: „Hast du einen Neuen?“
    Doch ich konnte mich nicht mehr darüber freuen. Ich hatte eher das Gefühl, er lenkte mich von dem ab, wozu ich nach Sydney gekommen war. Nein, ich musste mich endgültig von ihm lösen.

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