So sexy, so verführerisch
sich schließlich und seufzte. Die arme Abby würde das gleiche Martyrium durchmachen, warum sollte er also ein Spielverderber sein? Er hob das Mikrofon an den Mund.
Er verpatzte ein paar Noten, und einige Worte fielen ihm nicht ein, aber die Zuschauer schienen begeistert von ihm zu sein. Seine Brüder und sein Schwager lachten, und seine Schwester schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen, aber Callan musste sagen, dass er gar nicht so schlecht abgeschnitten hatte, wie er gefürchtet hatte, als das Lied endlich zu Ende war.
Emerald lobte seine Darbietung, nahm ihm jedoch das Mikrofon aus der Hand und scheuchte ihn von der Bühne. Neue Musik setzte ein. Es war eine Melodie, die Callan bekannt war, wenn er auch nicht sofort sagen konnte, woher. Die Lichter auf der Bühne gingen aus.
“Und jetzt, meine Damen und Herren …”, Emerald ging an den Rand der Bühne, “… in ihrer Hauptrolle aus dem Musical
Grease
, präsentieren wir Ihnen Abigail Thomas als Sandy und Roberto Santini als Danny Zuko.”
Die Musik wurde lauter, und Callan erkannte die letzte Nummer aus dem Film mit Olivia Newton-John und John Travolta. Jetzt wusste Callan, wem Roberto ähnlich sah. Er sah aus wie John Travolta vor zwanzig Jahren.
Und Abby spielte die Hauptrolle? Seine Abby? Verblüfft sah er, wie die Lichter wieder angingen und eine Frau von hinten beleuchteten, sodass nur ihre Umrisse zu sehen waren.
Callan fiel der Unterkiefer herab.
Sie trug eine hautenge schwarze Hose, die jede Rundung betonte, eine schwarze Lederjacke und hohe Absätze. Eins ihrer endlos langen Beine war gebeugt, die Spitze des Schuhs wies zu Boden, und Abby hatte den Kopf zur Seite geneigt, bewegungslos, während die Musik weiterspielte.
Roberto stand ihr gegenüber, presste die Hände an sein Herz und beteuerte, dass ihm Schauer über den Rücken liefen.
Und jetzt bewegte Abby sich. Zuerst die Hüften, dann die Schultern, und dann wies sie mit dem Finger auf Roberto. Ihr Haar war irgendwie leuchtend, ihre Lippen tiefrot und ihre Augen verführerisch.
Abby? Das konnte unmöglich Abby sein.
Abby war schüchtern und süß – und eine graue Maus.
Aber diese Frau war umwerfend. Absolut umwerfend.
Als sie sich die Jacke von den Schultern riss und sie beiseite warf, traf es Callan wie ein Schlag unter die Gürtellinie. Das tief ausgeschnittene, eng anliegende schwarze Top überließ nur wenig der Fantasie. Mit kräftiger, klarer Stimme begann Abby zu singen, dass sie einen Mann brauche. Roberto folgte ihr quer über die Bühne und ging vor ihr in die Knie, als sie ihm sagte, er solle seine Kräfte sammeln, denn sie brauche einen Mann, der sie zufriedenstellen könne.
Jeder Mann im Raum pfiff und klatschte begeistert, einschließlich seiner Brüder, die Callan jetzt am liebsten erwürgt hätte, wenn er den Blick von Abby hätte nehmen können. Als sie aufreizend mit den Händen an ihrem Körper entlangglitt und Roberto sagte, er solle seinen Gefühlen vertrauen, packte Callan die Bierflasche so fest, dass er glaubte, er würde sie zerbrechen.
Die Nummer wurde immer lebhafter, bis Roberto Abby hochriss und sie ihre Beine um ihn schlang. Das Lied war zu Ende.
Callan hätte den Kerl am liebsten umgebracht.
Als Abby und Roberto sich verbeugten, wurde der Applaus des Publikums ohrenbetäubend. Abby lächelte und winkte, als ob sie ihr Leben lang nichts anderes getan hätte. Im nächsten Moment sah sie Callan, und ihr Lächeln verschwand. Sie wich zurück, drehte sich um und lief von der Bühne herunter.
Callan runzelte zunächst verblüfft die Stirn, dann folgte er ihr.
7. KAPITEL
Abby lief aus dem Hintereingang hinaus auf die Straße. Ihre Knie zitterten so sehr, dass sie sich an die Wand lehnen musste, um stehen zu können. Sie hatte Angst davor, Callan gegenüberzutreten. Nach der Vorstellung, die sie eben gegeben hatte, war es unmöglich, dass sie ihm je wieder in die Augen sah, geschweige denn wieder mit ihm arbeitete. Sie hatte den schockierten Ausdruck auf seinem Gesicht gesehen, die Irritation über ihre jähe Wandlung zum Vamp.
Trotz der kühlen Nachtluft spürte sie das Brennen ihrer Wangen. Warum mussten ihre Tanten aus all den Nummern, die sie kannte, ausgerechnet die aussuchen, die das knappste Kostüm und die aufreizendsten Posen beinhaltete? Sie dachte daran, wie sie ausgesehen haben musste in den hautengen Sachen. Und das vor der ganzen Stadt!
Sie würde auf keinen Fall wieder hineingehen, und da sie im Moment keinen eigenen Wagen
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