So weit der Wind uns trägt
Haus im Visier?«
»Nein. Ich denke, das sollten wir gemeinsam angehen. Wie sieht es aus, sollen wir morgen einmal zu einem Makler gehen und schauen, was es so gibt? Zur Miete, versteht sich, denn für den Kauf einer Immobilie mangelt es mir leider an Mitteln.« Fernandos Bezüge waren zwar nicht schlecht, aber für ein Haus in der Größenordnung, wie sie es mit bald vier Kindern benötigten und wie es den Ansprüchen von Elisabete gerecht werden würde, hatte er tatsächlich nicht genügend Geld. Und von seinem Schwiegervater würde er nicht einen Escudo annehmen. Er mochte seine Tochter beschenken, ihr Kleidung, Möbel oder Reisen spendieren – aber das Haus, fand Fernando, war allein seine Sache. Nachher würde der Alte sich wieder als Hausherr aufspielen wollen.
Die Aussicht, den nächsten Vormittag zusammen mit ihrem Mann zu verbringen, nach einem Haus zu suchen und sich wie ein ganz normales Ehepaar zu benehmen, ließ ein kurzes Glücksgefühl in Elisabete aufwallen, das all ihre Bedenken zerstreute. »Ja, mein Lieber, das würde mir Freude machen, mit dir nach einem neuen Heim Ausschau zu halten.«
Doch Elisabetes Freude währte nicht lange.
Die Häuser, die ihr zusagten, waren Fernando zu teuer. Ihren Einwand, sie könne ja von ihrer Apanage etwas zur Miete beisteuern, wischte Fernando beiseite: »Ein Mann muss seine Familie aus eigener Kraft erhalten können.« Also entschieden sie sich schließlich für eine Wohnung. Fernando fand sie mehr als angemessen für ihre Bedürfnisse, und eigentlich überstieg die Miete seine Möglichkeiten, aber er wusste, dass Elisabete insgeheim enttäuscht war. Die Wohnung hatte acht Zimmer und drei Bäder. Sie erstreckte sich über die ganze Etage eines fünfstöckigen Gebäudes in Lapa, und sie hatte sowohl zur Straße hin als auch auf der Rückseite je einen großen Balkon. Das Haus selber war sehr herrschaftlich, mit einem aufwändig gefliesten Eingangsbereich und einem Fahrstuhl. Es war absolut nichts daran auszusetzen, außer dass es sich eben nicht um ein Haus handelte. Aber bitte, ein Haus mitten in der Stadt!, das war etwas für schwerreiche Leute, für alten Geldadel. Für einen Angehörigen der Streitkräfte, selbst wenn es sich um einen hochrangigen General handelte, war es unerschwinglich. Ein Haus hätten sie sich nur in den Randlagen der Stadt leisten können, aber das kam noch viel weniger in Frage.
Vier Wochen nach dem Tag, an dem Fernando seinen Entschluss gefasst hatte, zogen sie um. Voller Stolz präsentierte Elisabete ihrem Mann das Ergebnis der Renovierungsarbeiten, die sie hatte durchführen lassen, und der Einrichtungsideen, die sie umgesetzt hatte. Doch Fernandos Gesicht drückte nichts außer Langeweile aus: Die Tapeten, die Gardinen und ein Großteil der Möbel waren eine originalgetreue Kopie der Einrichtung von Elisabetes Elternhaus.
Hatte sie Fernandos Desinteresse für ihre Bemühungen um ein wohnliches Heim noch mit leiser Enttäuschung hingenommen, so begann Elisabete schon nach der ersten Nacht, die neue Wohnung zu hassen. Man hatte genau gehört, was sich in der Wohnung über ihnen abspielte, und diese Verletzung ihrer Intimsphäre fand Elisabete empörend. Ebenso schrecklich war die Vorstellung, dass es jeder im Haus mitbekam, wenn sie die Klosettspülung betätigten. Auch die Beschwerden der Dame, die unter ihnen wohnte, trug nicht eben zu Elisabetes Wohlbefinden bei. Die Frau beklagte sich mindestens fünfmal am Tag über den Lärm, den die Kinder veranstalteten, obwohl diese außergewöhnlich brav waren – offenbar hatten die Veränderungen ihrer Lebensumstände auch sie berührt. Die Dona Camélia sollte die Kinder jedenfalls einmal erleben, wenn sie wirklich tobten und laut waren.
Es kostete Elisabete ihre ganze Selbstbeherrschung, um Fernando ihren Widerwillen nicht zu zeigen. Sie hatte sich vorgenommen, ihm eine gute Frau zu sein, keine Xanthippe. Sie würde sich zusammenreißen, koste es, was es wolle. Tagsüber, wenn er aus dem Haus und die Kinder in der Obhut des Kindermädchens waren, hatte sie Zeit genug, sich alles von der Seele zu reden. Sie hatte einen großen Freundeskreis, und es milderte das Leid deutlich, wenn man es einer seelenverwandten Freundin vortragen konnte, die Verständnis aufbrachte. Dass ihre älteste Freundin, Alma, sich ihre Klagen vielleicht nicht nur aus Mitgefühl so geduldig anhörte, sondern vielmehr aus dem Wunsch heraus, pikanten Klatsch zu erfahren, kam Elisabete nicht in den Sinn. Selbst
Weitere Kostenlose Bücher