So weit der Wind uns trägt
in Dingen, die nur sie und ihren Mann etwas angingen, zog sie Alma ins Vertrauen, wenngleich sie es in blumigen Umschreibungen tat.
»Glaubst du, er hat eine Mätresse?«, fragte Alma eines Tages freiheraus.
Elisabete nickte traurig. »Ich weiß es allerdings nicht mit absoluter Gewissheit. Eigentlich ist er nicht der Typ für so etwas. Aber ich werde den Verdacht einfach nicht los, dass es da eine andere geben muss.«
»Wenn du möchtest, können wir das Pendel befragen. Das weiß alle Antworten.«
Diesmal schüttelte Elisabete energisch den Kopf. Eigentlich wollte sie es gar nicht so genau wissen. Lieber redete sie sich noch ein Weilchen die Situation schön, gab sich der Illusion hin, dass es vielleicht etwas ganz anderes war, was Fernando derartig in Anspruch nahm, berufliche Sorgen etwa. Und außerdem käme ja bald ihr Kind. Wenn es ein Sohn wäre, würde ihr Mann sich ihr gegenüber bestimmt wieder liebevoller verhalten, oder? Und wenn sie wieder schlank wäre, konnte sie es ja auch einmal mit einem gewagten Négligé versuchen, wie Alma ihr geraten hatte. Oder nein, lieber nicht – sie würde ja doch nur wieder sofort schwanger werden.
Elisabete hielt sich wacker. Ihr Tagesablauf unterschied sich nicht allzu sehr von dem, den sie in der Rua das Janelas Verdes gehabt hatte. Sie sah ihre Eltern häufig, verabredete sich oft mit ihren Freundinnen, studierte mit ihren beiden älteren Töchtern Weihnachtslieder ein und hinderte die Kleine daran, alle Bücher aus den Regalen zu zerren und zu bemalen. Der Arzt kam häufig, nur um ihr immer wieder zu versichern, dass ihre Schwangerschaft in jeder Hinsicht ideal verlief. Sie sah der Köchin über die Schulter, wenn diese ausländische Gerichte nach Elisabetes Wünschen zubereiten sollte, und sie ließ jeden Abend den Tisch hübsch eindecken. Wenn Fernando nach Hause kam, sollten niedliche Kinder, eine ansehnliche Frau und ein wunderbares Essen auf ihn warten.
Und warten mussten sie. Manchmal schickte Elisabete die Kinder zu Bett, ohne dass diese ihren Vater gesehen hatten, weil Fernando erst nach zehn oder elf Uhr eintraf. An anderen Abenden kam er zwar pünktlich zum Essen, würdigte die feinen Gerichte aber keines Wortes, geschweige denn eines Lobs. Er schlang das Essen herunter, sagte kein Wort und verzog sich dann in sein Arbeitszimmer, wo er nur gestört werden durfte, wenn es an der Zeit war, dass die Kinder ihm »Gute Nacht« sagten. Und eines Tages, vielleicht einen Monat nach dem Einzug in die Wohnung, blieb er die ganze Nacht fort.
Fernando selber litt kaum weniger als seine Frau. Er wusste, wie sehr es sie verletzte, wenn er so offensichtlich ihre Gesellschaft mied. Und die seiner Töchter. Er liebte die Mädchen, liebte sie von ganzem Herzen. Aber er brachte es nicht fertig, ihnen länger als fünf Minuten bei ihren Kindereien zuzusehen. Er war nicht in der Lage, sich so ausgiebig mit ihnen zu beschäftigen, wie sie und auch ihre Mutter es sich gewünscht hätten. Ihm fehlte einfach die Geduld, in Anas unverständliches Gebrabbel irgendeinen Sinn zu interpretieren, genauso wie ihm jegliche Gefühlsduselei abging. Er konnte nicht nachvollziehen, wieso man ein weinendes Kind sich nicht einfach ausheulen ließ, sondern ihm aufmerksam Gehör und Zärtlichkeiten schenken sollte – am Ende hätte er eine halbe Stunde seiner kostbaren Zeit investiert, nur um die Ursache des Geheuls in einem beschädigten Kleid oder einem bösen Traum zu finden. Vielleicht würde er ihnen, wenn die Kinder erst einmal größer waren, normal sprachen und ernst zu nehmende Probleme hatten, ein besserer Vater sein können. Jetzt aber waren sie ihm fremd. Es war, als verlange man von ihm, mit Puppen zu spielen. Und das in einer Puppenstubenwohnung, in der er sich ebenso wenig als Hausherr fühlte wie zuvor in dem Haus seiner Schwiegereltern.
Elisabete hatte für getrennte Schlafzimmer gesorgt, was Fernando ungemein erleichterte. Es hatte ihm jedes Mal hinterher leidgetan, wenn er seine Frau so grob überfallen hatte. Und das war immer dann passiert, wenn er von einem Treffen mit Jujú gekommen war, enttäuscht über die Unmöglichkeit, mit ihr Erfüllung zu finden, und aufgeladen mit sexueller Begierde. Es war falsch, gemein und niedrig von ihm, dass er ausgerechnet die arme Elisabete dafür hatte büßen lassen. Sie konnte nichts dafür. Es war besser, vor allem für sie, wenn sie nicht mehr sein Bett teilte, auch wenn nach der Episode in Cannes nicht mehr die Gefahr
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