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So weit der Wind uns trägt

So weit der Wind uns trägt

Titel: So weit der Wind uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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zu seiner Frau machen sollen. Etwas Besseres kann ihm gar nicht passieren.«
    »Vielleicht … möchten Sie ihm das persönlich sagen?«
    »Ja, aber nur unter einer Bedingung.«
    »Ja?«
    »Ich will, dass er mich in seinem Flugzeug mitnimmt.«
     
    Es sollte noch mehrere Wochen dauern, bis Fernando Abrantes’ Wunsch in Erfüllung ging. Er genas sehr schnell von seiner »Krankheit«, die ausschließlich seine Seele befallen hatte. Seine Angehörigen, allen voran Dona Elisabete, waren darüber hocherfreut. Sie, die als Einzige den Grund der raschen Gesundung kannte, hatte nur eine einzige Sorge, die ihr Mann ihr jedoch schnell nahm: »Warum sollte ich dem
Cowboy
das Land oder sonst irgendetwas vermachen? Erstens würde zunächst einmal seine Mutter, Laura, mich beerben.« Es fiel Fernando schwer, die fremde Frau als seine Tochter zu betrachten, trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer unfassbaren Ähnlichkeit mit Jujú.
    »Zweitens werde ich auch Laura nichts vererben. Sie ist steinreich, wusstest du das?«
    Elisabeth nickte. Natürlich wusste sie das. Jeder halbwegs kulturinteressierte Mensch hatte atemlos mitverfolgt, wie kürzlich erst die wahre Identität der LL gelüftet worden war.
    »Drittens weiß ich ja, dass ihr, du und die Kinder, nach meinem Tod das fragliche Stück Land gar nicht schnell genug verkaufen könnt. Der Cowboy soll schön löhnen für all die Scherereien, die er mir gemacht hat.«
     
    Marisa war hellauf begeistert über den Erfolg ihrer Familienzusammenführung. Sie beobachtete die beiden Männer, als wären sie und ihr Verhalten nicht selbstbestimmt, sondern ausschließlich davon abhängig, welche Strippen sie im Hintergrund zog. Sie hätte es als persönliches Versagen betrachtet, wenn die beiden sich nicht zusammengerauft hätten. Diesem Ziel allerdings schienen die beiden nach ihrem gemeinsamen Flug wieder ferner zu sein als davor.
    Ricardo war noch nie mit einem so nervigen Passagier geflogen. Der
Tattergreis
, den er nie als seinen Großvater würde betrachten können, sosehr die Tatsachen auch dafür sprachen, kritisierte ohne Unterlass sein fliegerisches Können, prahlte mit seinen eigenen Heldentaten aus grauen Vorzeiten und wagte es sogar, ihm ins Steuer zu greifen – als Schulungsflugzeug hatte die Cessna 150 Aerobat zwei Flugzeugführerplätze. Ricardo war kurz davor, ihn aus der Maschine zu stoßen, und er nahm nur Abstand von dieser verlockenden Idee, weil er dem Alten damit wahrscheinlich sogar noch einen Gefallen getan hätte. Das Schlimmste aber war, dass Abrantes sich, wenn er ihn nicht gerade zur Trimmung des Seitenruders aufforderte, in seine persönlichen Angelegenheiten einmischte. Als wäre er sein Großvater oder so.
    »Hast du sie jemals gefragt, ob sie deine Frau werden will?«
    Ricardo schwieg. Das ging den Mann nichts an.
    »Ich glaube nicht, dass wir verwandt sind. Ich kann mir nicht vorstellen, dass so ein Hasenfuß von mir abstammen soll.«
    Ricardo schwieg noch immer. Er gab Gas und nahm Anlauf zu einem Looping. Das würde den Kerl schon zum Schweigen bringen.
    »Ist das alles, was du kannst?« Abrantes saß nach der Kunstfigur, bei der sich anderen Leuten der Magen umdrehte, ungerührt auf seinem Platz und nervte weiter wie zuvor. »Willst du ein Mann sein? Ein ganzer Kerl, hä? Dann benimm dich auch so. Das Mädchen wartet doch nur drauf.«
    »Sie hält nichts von der Ehe.«
    »Es spricht!«, rief Fernando in gespielter Begeisterung aus. »Ganze sechs Wörter hat es schon gesagt!«
    Ricardo sah den Alten hasserfüllt an. Jeden Augenblick drohte er vor Wut zu platzen. Er würde ihn über dem See abwerfen. Nein, direkt über seinem armseligen Häuschen.
    »Na, dann wirst du auch noch diese fünf einfachen Wörter schaffen, oder? Willst – du – meine – Frau – werden?«
    Vielleicht doch eher über dem Dorf? Mit etwas Glück wurde er von der Kirchturmspitze aufgespießt.
    »Sollen wir es gemeinsam üben? Willst …«
    »Willst du jetzt endlich Ruhe geben?!« Ricardo ging in den Sinkflug über. Er fuhr die Klappen aus, überhörte geflissentlich die boshaften Kommentare des Tattergreises und landete punktgenau, aber extrem unsanft auf der Rasenpiste. Er stieg aus und scherte sich nicht darum, wie der Alte aus dem Flugzeug herauskommen würde. Sollte halt die Feuerwehr anrücken, um ihn zu befreien, ihm war es egal. Dass Fernando Abrantes sehr behende aus der Maschine kletterte und um Jahre jünger wirkte, sah er nicht mehr. Dona Aldora hingegen sah

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