So weit der Wind uns traegt
hast?“ Ein Schauder durchlief sie, und es dauerte einen Moment, bis sie wieder sprechen konnte.
„Bitte geh, Robert“, sagte sie endlich.
18. KAPITEL
E vies Abwesenheit hinterließ eine große Lücke in Roberts Leben. Nie zuvor hatte ihm jemand so gefehlt. Er hatte nie zugelassen, dass eine Frau solch eine Bedeutung für ihn gewann und er sich ohne sie einsam fühlte. Denn genau das war jetzt der Fall.
Nachdem Evie seinen Heiratsantrag abgelehnt hatte, war er am nächsten Tag nach New York zurückgekehrt und hatte sein altes Leben wieder aufgenommen. Doch die gesellschaftlichen Verpflichtungen, die es mit sich brachte und die er früher genossen hatte, waren ihm plötzlich zu hektisch und langweilten ihn nur. Er hatte keine Lust, die Oper zu besuchen oder an endlosen Dinnerpartys teilzunehmen. Viel lieber hätte er in der warmen, würzigen Nachtluft auf der Terrasse gesessen, auf das Murmeln des Flusses gelauscht und zu den unzähligen Sternen am samtschwarzen Himmel hinaufgeschaut. Eng umschlungen wollte er wieder mit Evie auf der Sonnenliege ruhen und sich nicht rühren, bis die erotische Spannung zwischen ihnen unerträglich wurde und sie ihren Gefühlen freien Lauf lassen mussten.
Sex hatte immer eine äußerst wichtige Rolle in seinem Leben gespielt. Trotzdem reizten ihn die zahlreichen Gelegenheiten nicht, die sich ihm boten. Nicht, dass sein Sexualtrieb nachgelassen hätte. Im Gegenteil, er machte ihn halb wahnsinnig. Doch ihm lag nichts an der verhaltenen Begierde, an der nur sein Körper beteiligt war. Bei Evie war das anders gewesen. Mehr als einmal hatte er die Kontrolle über sich verloren. Wenn sie nackt unter ihm lag und er unglaublich tief in sie eindrang und spürte, wie sie in seinen Armen erglühte …
Heftige Erregung erfasste Robert bei diesem Bild. Er sprang auf, lief ruhelos in seiner Wohnung hin und her und schimpfte bei jedem Schritt. Schon der Gedanke an Evie machte ihn fastverrückt. Er musste die Frau unbedingt haben.
Bis heute begriff er nicht, was schiefgegangen war. Zwar ahnte er dunkel den Grund, konnte ihn aber nicht in Worte fassen. Dieses Unvermögen war ebenso ärgerlich wie auf andere Weise sein Verlangen nach Evie. Bisher hatte er den Kern eines Problems immer blitzschnell erfasst. Diesmal ließ ihn sein Verstand im Stich.
An dem Haus konnte es nicht liegen. Sosehr Evie der Verkauf schmerzte, sie hatte verstanden, dass er nicht anders handeln konnte. Er hatte es in ihren Augen gelesen. Schließlich war es um die nationale Sicherheit gegangen. Sie glaubte ihm auch, dass er es niemals zu einer Zwangsvollstreckung hätte kommen lassen.
Evie hatte ihm die Tatsache, dass er sie unter Druck gesetzt hatte, ebenso vergeben wie die Tatsache, dass er sie der Industriespionage verdächtigt hatte. Weshalb weigerte sie sich dann, ihn zu heiraten?
Ihr Blick bei ihrem letzten Gespräch ließ Robert keine Ruhe. Nachts lag er wach da und wünschte sich nichts sehnlicher, als den alten Glanz in ihr Gesicht zurückzubringen. Seine strahlende Evie hatte aschfahl ausgesehen.
Sie liebte ihn, daran zweifelte er nicht. Trotzdem hatte sie seinen Antrag abgelehnt. „Geh bitte, Robert“, hatte sie gesagt. Die Endgültigkeit in ihrer Stimme hatte ihn erschreckt. Deshalb war er abgereist und litt täglich mehr.
Madelyn hatte mehrmals angerufen und ihn gedrängt, sie in Montana zu besuchen. Wie er seine Schwester kannte, würde es höchstens noch zwei Tage dauern, und sie stand vor seiner Tür, ein Kind an der Hand und das andere auf dem Arm. Sie hatte sofort gemerkt, dass mit ihrem Bruder etwas nicht stimmte, und würde keine Ruhe geben, bis sie den Grund dafür erfahren hatte.
Endlich fasste Robert einen Entschluss. Neben Evie warMadelyn die klügste Frau, die er kannte. Vielleicht konnte sie ihm sagen, was in Evie vorging. Er rief seine Schwester an und verständigte sie von seinem Kommen.
Wegen der Zeitverschiebung war es noch früher Morgen, als Roberts Maschine in Billings landete. Die Ranch lag gut zweihundert Kilometer entfernt und hatte eine eigene Rollbahn. Deshalb mietete Robert ein kleines Flugzeug und flog die restliche Strecke selber.
Als er mit der Cessna hinunterging und die Landebahn ansteuerte, entdeckte er Madelyns Jeep. Seine Schwester lehnte an der Motorhaube, und ihr langes Haar flog im Wind. Die Farbe war heller und kühler als Evies goldblonde Mähne. Trotzdem zog sich sein Herz bei dem Anblick schmerzlich zusammen.
Er setzte auf und steuerte die Maschine nahe an
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