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So wie ich will - Mein Leben zwischen Moschee und Minirock

Titel: So wie ich will - Mein Leben zwischen Moschee und Minirock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melda Akbas
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könnte. Baba fuhr den nächstgelegenen Parkplatz an, unmittelbar hinter der Grenze. Kein Schmuckstück. Zwischen den Stellflächen schmale Blumenrabatten, in denen keine Blumen wuchsen, und am Rand eine Batterie Mülltonnen, aus denen Abfall quoll. Aber darüber sahen wir hinweg. Wie wir immer darüber hinweggesehen haben, all die Male, die wir hier schon angehalten hatten. Denn es kam nicht überraschend, dass Baba nach der langen Wartezeit an der Grenzstation gleich wieder anhielt. Er hatte es immer noch eilig, doch dieser Stopp musste sein. Ein Ritual. So hatten wir es seit jeher gehalten, solange ich mich zurückerinnern kann. Aus dem Auto steigen, türkischen Boden unter den Füßen spüren, die warme Luft inhalieren, dabei den Körper strecken und den Blick in die Ferne schweifen lassen, über eine staubige Berglandschaft, die uns jedes Mal wieder fremd und doch auf seltsame Weise vertraut erschien.

    Danach konnte uns nichts mehr aufhalten. Auf der E 80, eine der längsten Autobahnen quer durch Europa, ging es direkt bis nach Istanbul, in die Zwölfmillionenstadt, unserem ersten Ziel. Etwas mehr als zweihundert Kilometer. Das war immer die ruhigste Strecke der gesamten Fahrt. Keiner von uns sagte noch etwas, selbst Anne schwieg. Nach der Anspannung in Bulgarien und an der Grenze machte sich Erschöpfung breit. Manchmal fragte ich mich, wie Baba das durchhielt. Wir wollten nur noch ankommen.
     
    Über Istanbul könnte man ein ganzes Buch schreiben oder gleich zehn. Stoff gäbe es genug. Doch ich will hier nicht die Reiseführerin geben. Nur ein Tipp: Wer noch nie am Bosporus war - nichts wie hin! Istanbul ist eine extrem coole Stadt, faszinierend, groß - ach, was sag ich: größer als groß, gewaltig, mit wunderschönen Ecken, romantischen Parks, tollen Cafés, noch tolleren Clubs, von den vielen alten Bauwerken, den Moscheen und Palästen, ganz zu schweigen. Ich merke schon, jetzt gerate ich doch gleich wieder ins Schwärmen. Um aber keinen falschen Eindruck zu erzeugen: Istanbul ist der Hammer, da gibt’s nichts. Obwohl die Stadt auch ihre unschönen Seiten hat, heruntergekommene Viertel, Arbeitslosigkeit und Armut, wie man sie in Deutschland nicht kennt. Trotzdem kann ich nicht sagen, ob ich da leben könnte. Ich meine, könnte ich wahrscheinlich schon. Aber ob ich mich auch wohlfühlen würde? Schwer zu sagen. Die Mentalität der Menschen ist mir doch sehr fremd.
    Das fiel mir ja sogar in der eigenen Familie auf. Wenn wir in Istanbul waren, wohnten wir immer im Haus meines
Großvaters väterlicherseits. Das Haus steht auf der asiatischen Seite, im Stadtteil Üsküdar, nicht die teuerste Wohngegend, aber eine angenehme. Es hat vier Stockwerke. Im Erdgeschoss wohnt niemand. Die Wohnung darüber ist vermietet. In der dritten Etage lebt Onkel Sabahattin, Babas ältester Bruder, mit seiner Frau und ihren fünf Kindern. Im obersten Geschoss zogen wir ein. Dort wohnten normalerweise Babas Eltern, wenn sie nicht in Deutschland waren.
    Onkel Sabahattin ist Baba sehr ähnlich, oder umgekehrt, denn Baba ist der Jüngere von beiden. Sie rauchen beide und mögen es, sich zu Hause wie ein Pascha bedienen zu lassen. Wie Baba legt sein Bruder viel Wert auf Traditionen und auf unsere Religion, kann sich aber auch nicht durchringen, fünfmal am Tag zu beten oder den Koran regelmäßig zur Hand zu nehmen, um darin zu lesen. Lieber verbringt er seine freie Zeit vor dem Fernseher, auch darin stimmen sie überein. Ich komme gut mit ihm klar, weil ich seinen Humor mag, er bringt mich oft zum Lachen. Aber dass zwischen uns eine tiefe innere Verbundenheit wäre, kann man nicht behaupten. Die existiert auch zwischen seinen Kindern und mir nicht, obwohl ich sie alle mag und wir viel zusammen unternehmen, wenn wir da sind. Doch selbst meine Cousine Lütfiye und ich stehen uns nicht besonders nah. Dabei ist sie nur zwei Jahre älter als ich, und wir haben Ähnliches durchgemacht. Sie hatte sogar noch früher einen Freund als ich, mit vierzehn ungefähr. Und wie ich musste sie den und die, die bei ihr noch folgten, den Eltern verheimlichen, wie so manches andere, das sie nicht erfahren durften - das kenne ich ja auch. Ich mag sie, trotzdem haben wir es nie geschafft, echte Freundinnen
zu werden. Ich glaube, am meisten störte mich ihre Oberflächlichkeit, falls das das treffende Wort ist. Einerseits trägt sie, seit sie siebzehn oder achtzehn ist, das Kopftuch aus freien Stücken, als Symbol ihrer Religiosität, andererseits hatte

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