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So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Nickerson
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leuchten. »Ich bin gerührt. Das würde mich sehr freuen. Wie schön, wenn eine junge Dame solche Fähigkeiten besitzt.«
    Ãœber uns hing an einem Seil ein großer Fächer. Ein kleiner schwarzer Junge zog an dem Seil und drückte so die Luft nach unten. Ein anderer verscheuchte mit einem Stock, an dem flatternde Stoffstreifen befestigt waren, Insekten vom Tisch. Ich lächelte ihnen zu, doch sie nahmen ihre Arbeit sehr ernst und beachteten mich nicht.
    Die zwei Diener standen jetzt zu beiden Seiten eines riesigen Kamins. Ich erfuhr, dass sie Charles und George hießen. Mein Mund zuckte, aber es gelang mir, das Lachen zu unterdrücken. Wie sie so rechts und links des Kamins standen, glichen sie Buchstützen. Beide waren gleich groß, bestimmt über einen Meter und achtzig, trugen dieselbe Livree, hatten dieselbe kaffeebraune Haut und blickten zwischen dem Servieren der einzelnen Gänge ausdruckslos vor sich hin.
    Sie brachten Zwiebelsuppe, gefolgt von Fisch, Kutteln mit weißer Soße, Spanferkel, weißem Spargel, Stubenküken mit süßer Soße, Hammelkotelett, kaltem gekochten Schinken, einem Kalbskopf, gekocht und gegrillt und gefüllt mit dem pürierten Gehirn, sowie Gewürzbirnen in Brandy.
    Zu jedem Gang servierte Ling das passende Getränk – Sherry zur Suppe, Weißwein zum Fisch, Rotwein zu den Koteletts. Ich machte mir nichts aus Alkohol, da ich es von meiner Familie her nicht gewohnt war. Außerdem ähnelte dieses Haus zu sehr einem Traum und M. de Cressac verwirrte mich zu sehr, als dass ich es riskieren wollte, mir den Kopf mit Alkohol zu vernebeln. Ich hatte keinerlei Erfahrung mit Menschen wie ihm und einer solchen Umgebung, aber so ging es mir mit fast allem auf dieser Welt, wenn man die Orte und Menschen, die ich über Bücher und meine Tagträume kennengelernt hatte, nicht mitrechnete.
    Ich versuchte winzige Bissen von diesem und jenem und schob das Essen auf meinem Teller hin und her, damit es aussehen sollte, als hätte ich mehr gegessen. Ich war schon immer sehr wählerisch gewesen, wenn es ums Essen ging, und jetzt kam meine Angst dazu, dass in diesem riesigen Saal meine Kaugeräusche zu laut sein könnten.
    Offenbar hatte M. de Cressac bemerkt, dass ich mein Essen nur auf dem Teller herumgeschoben hatte. »Du bist sicher sehr müde, aber eines musst du noch probieren«, sagte er. »Mir zuliebe. Die Kutteln. Sie gehören zu meinen Lieblingsspeisen.«
    Er lachte, als ich die Nase rümpfte, und beugte sich verschwörerisch zu mir herüber.
    Â»Das Problem ist, dass Alphonse, mein Koch, der, wie ich dir versichern kann, ein wahrer artiste ist, beleidigt sein wird, wenn du seine Soße nicht probierst. Womöglich lähmt ihn das so, dass er morgen nicht kochen kann. Das wäre eine Tragödie von gigantischem Ausmaß.«
    Da er sich so weit zu mir herüberbeugte, fürchtete ich, er könnte mir in den Ausschnitt schauen. Ich legte die Hand auf meinen Busen. Er schien es nicht zu merken. Oder – steckte etwa Absicht hinter seinem betonten Nichthinschauen?
    Rasch willigte ich ein. »In Ordnung. Ich versuche davon. Ein winziges bisschen.«
    Er nickte Charles zu. Charles war der jüngere Diener, der mich bei meiner Ankunft am Nachmittag angelächelt hatte. Er servierte mir ein mitfühlendes Löffelchen voll.
    Irgendwie schaffte ich es, etwas von dem grauen, gummiartigen Zeug zu schlucken, ohne zu kauen. Ich musste husten, worauf mein Patenonkel mir einen Schluck Wein anbot mit dem Ergebnis, dass die Husterei nur noch schlimmer wurde.
    Nachdem ich mich wieder erholt hatte, redete ich über die für mich ungewohnten Speisen, um ihn von der Tatsache abzulenken, dass ich immer noch kaum etwas aß. »Wir haben nur eine Bedienstete, die meistens auch kocht. Bridget würde sich wundern, dass selbst der Schinken so wunderschön angerichtet ist. Mit diesen hübschen kleinen Petersilienflügeln sieht er aus, als wollte er jeden Augenblick davonfliegen. Und vieles habe ich noch nie gesehen. Wo kommen die Sachen alle her?«
    Â»Mit dem Schiff aus aller Herren Länder. Ich bin sehr glücklich, dass ich dich mit diesen Köstlichkeiten bekannt machen darf. Aber –«, er hob die Gabel, »hat Mrs Duckworth dich bereits mit Geschichten über meine jugendlichen Streiche ergötzt?«
    Â»Mit Streichen eigentlich nicht. Mehr damit, wie perfekt Sie in jeder

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