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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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beiden ihren eigenen Kindern den Tag verdarb.
    Kit und Toby hatten lange geschlafen. Hugh hatte schon den Speck in die Pfanne gehauen, während Geordie, der Cockerspaniel, und Jack, der Border Collie, in der Küche ein wildes Gerangel veranstalteten, da kamen die beiden erst mit Tess die Treppe heruntergetappt. Kit hatte sich rasch eine Jeans und ein Sweatshirt übergezogen, aber Toby war noch in Schlafanzug und Bademantel und hielt seinen Weihnachtsstrumpf fest umklammert, als fürchtete er, jemand könne ihm seinen Schatz wegnehmen.
    Als Rosemary verkündete, dass es die Geschenke erst nach dem Frühstück geben würde, hatte nicht einmal Toby protestiert. Dabei wusste Gemma genau, dass er zu Hause einen Aufstand gemacht und am Frühstückstisch ununterbrochen gequengelt hätte.
    Eine halbe Stunde später waren sie alle ins Wohnzimmer gepilgert, die Bäuche voll mit Eiern, Speck und Würstchen, die Erwachsenen mit ihrer zweiten Tasse Kaffee in der Hand, die Hunde nass vom Tollen im Schnee. Hugh hatte im Kamin ein loderndes Feuer entfacht und die Baumbeleuchtung eingeschaltet, und der Schnee, der vor dem Fenster in der Sonne glitzerte, machte die märchenhafte Szenerie perfekt.
    An Duncans warme Schulter geschmiegt, saß Gemma auf der Sofalehne und beobachtete die Kinder. Rosemary hatte Kit gebeten, seinem kleinen Bruder beim Verteilen der Geschenke zu helfen, doch kaum hatte Toby die ersten Pakete mit seinem Namen darauf entdeckt, fiel er darüber her und warf mit Papierfetzen um sich, als wolle er Konfetti für Silvester machen. Kit dagegen wartete ab, bis alle mit Geschenken versorgt waren, und erst dann begann er auf Drängen seiner
Großmutter, vorsichtig das Papier von einem seiner eigenen Päckchen zu entfernen. Zuerst zog er den Tesafilm ab, dann faltete er das Papier, und schließlich rollte er auch noch das Geschenkband sorgfältig zusammen.
    Wie unterschiedlich die beiden doch waren, dachte Gemma – Toby, der sich wie ein kleiner Plünderer gleich auf seine Beute stürzte, und Kit, der seine Geschenke hortete und dabei alle anderen beobachtete, als wolle er sich das Vergnügen so lange wie möglich aufsparen. Würde er jemals irgendetwas ganz selbstvergessen genießen können, ohne Angst zu haben, dass es ihm gleich wieder weggenommen würde?
    Aber bei all seiner gewohnheitsmäßigen Zurückhaltung und trotz der leichten Schatten, die sie um seine Augen bemerkte, fand Gemma, dass er so glücklich und entspannt aussah wie schon seit Wochen nicht mehr. Und er hatte den ganzen Vormittag über Duncans Nähe gesucht – die Spannungen nach der gestrigen Auseinandersetzung waren offenbar vergessen.
    Jetzt weiteten sich seine Augen vor Begeisterung, als er das Geschenk seiner Großeltern endlich ausgepackt hatte – ein Quizspiel, dass er schon seit Monaten in den Schaufenstern bewundert hatte.
    »Woher habt ihr das gewusst?«, fragte Gemma Rosemary lachend, während Kit auf seine Großmutter zuging, um sie zu umarmen.
    »Einfach nur geraten«, meinte Rosemary leichthin, doch sie schien geschmeichelt.
    »Oohh«, hauchte Toby und vergaß tatsächlich für einen Moment das Zappeln, als er sein Geschenk von Rosemary und Hugh vom Papier befreit hatte – einen großen Kasten mit bunten Pastellstiften samt Malblock. »Was ist denn das?«, fragte er und fuhr mit dem Zeigefinger über die Stifte. »So was Ähnliches wie Buntstifte?«

    »Ein bisschen«, antwortete Hugh. »Und ein bisschen wie Kreide. Wir haben gehört, dass du ein richtiger kleiner Künstler bist. Nachher zeig ich dir, wie man damit malt.«
    Duncan stand auf und tätschelte flüchtig Gemmas Schulter, um dann das Geschenk für seinen Vater unter dem Baum hervorzukramen. »Ich weiß, es ist ein bisschen wie Eulen nach Athen tragen«, sagte er, während er Hugh mit betonter Beiläufigkeit das Päckchen in die Hand drückte, doch Gemma konnte die gespannte Erwartung aus seiner Stimme heraushören.
    Hugh wog das Geschenk in der Hand und grinste. »Fühlt sich an wie ein Buch.« Doch als er es ausgepackt hatte, saß er einen Moment lang nur da und starrte das kleine Bändchen an, ehe er zu seinem Sohn aufblickte. »Wo hast du das gefunden?«, flüsterte er.
    Kincaid war inzwischen zum Sofa zurückgegangen und hatte den Arm um Gemma gelegt. »An einem Bücherstand auf dem Portobello Market. Hab mir gedacht, das könnte dir gefallen.« Es handelte sich, wie er Gemma in aller Ausführlichkeit erklärt hatte, um eine Ausgabe von Dylan Thomas’ Gespräche über

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