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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Weihnachten , eines von nur zweitausend Exemplaren, die 1954 für Freunde und Bekannte des Verlegers J. Laughlin gedruckt worden und nie in den Verkauf gelangt waren. Der Text war ein Ausschnitt aus Thomas’ Weihnachtserzählung , vom Dichter selbst in Dialogform umgearbeitet.
    »Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.« Hugh presste die Lippen zusammen, konnte aber ein leichtes Zittern nicht unterdrücken.
    Kincaid räusperte sich und sagte ein wenig zu forsch: »Na, dann lies es uns halt vor.«
    »Jetzt?«, fragte Hugh und sah seine Frau an.
    Rosemary nickte. »Warum nicht? Die Pute ist im Ofen. Wir haben keine Eile.«

    Und so stellte Hugh sich mit dem Rücken zum Kamin, die Lesebrille auf der Nase, und begann mit einem passablen walisischen Akzent die Verse zu deklamieren, die Gemma augenblicklich in ihr eigenes Wohnzimmer zurückversetzten, wo sie im Jahr zuvor Weihnachten gefeiert hatten. Damals hatte Duncan ihr und den Kindern dieses Gedicht vorgelesen, und sie hatte vor ihrem geistigen Auge die Weihnachtsfeste der Zukunft vorbeiziehen sehen, mit den Jungen und dem Kind, das sie erwartete, an ihrer Seite.
    Ein Schauer überlief sie, und Duncan drückte sie ein wenig fester an sich. »Ist dir kalt?«, murmelte er ihr ins Ohr.
    Sie schüttelte den Kopf und legte einen Finger an die Lippen. Dann lauschte sie wieder gebannt den Worten des Dichters, und die Bilder, die sie malten, waren lebhafter als jede Erinnerung. Sogar Toby saß mucksmäuschenstill da, den Malkasten auf seinem Schoß fest umklammert.
    Duncan hatte sich selbst übertroffen, dachte Gemma. Dieses Weihnachtsfest im Haus seiner Kindheit schien eine ganz besondere Bedeutung für ihn zu haben. An diesem Morgen hatte er sie geweckt, indem er ihr ein Paket neben das Kopfkissen gelegt hatte.
    »Was?«, hatte sie gemurmelt und schläfrig geblinzelt, um sich dann am Kopfbrett hochzuziehen, während Duncan sich auf die Bettkante setzte.
    »Mach’s auf.« Sie sah, dass er angezogen war, aber noch unrasiert und mit wirren Haaren, und sie vermutete, dass er sich auf Zehenspitzen nach unten geschlichen hatte, um das Paket zu holen.
    »Jetzt? Aber was ist mit den Kin…«
    »Das ist nicht für die Kinder, sondern für dich. Na los, mach’s auf.«
    Sie war jetzt hellwach, und ihr Herz machte vor Aufregung einen kleinen Satz. Sie strich sich die Haare aus dem Gesicht
und hielt ihn noch ein wenig hin. »Es ist größer als ein Brotkasten.«
    »Wenn du das verdammte Ding nicht endlich aufmachst, kannst du froh sein, wenn du noch einen Kanten Brot kriegst, geschweige denn einen Brotkasten«, hatte er mit gespielter Strenge erwidert, worauf sie das Paket ebenso behutsam vom Papier befreite, wie Kit es mit seinen Geschenken getan hatte. »Und es ist übrigens kein Toaster«, fügte Duncan hinzu, als sie das Etikett des Haushaltswarenladens auf dem Karton entdeckte.
    Als sie den Karton geöffnet und in dem Nest aus Seidenpapier gewühlt hatte, war zuerst eine Keramik-Zuckerdose zum Vorschein gekommen, dann ein Sahnekännchen, beides im gleichen lebhaften Clarice-Cliff-Design wie die Teekanne, die eine Freundin ihr nach ihrer Fehlgeburt geschenkt hatte.
    »Oh«, hatte sie gehaucht, »das wäre doch nicht … wo hast du denn die bloß … die sind wunderschön.« Die Stücke waren selten und verdammt teuer, und sie vermutete, dass er – zusammen mit ihrem gemeinsamen Freund Alex – monatelang danach gesucht hatte.
    »Gefallen sie dir?« Er schien plötzlich unsicher.
    »Natürlich gefallen sie mir!« Sie zog ihn an sich und berührte seine stopplige Wange leicht mit den Lippen. Seine Haut war angenehm warm in dem kühlen Zimmer und roch nach Schlaf.
    Einen klitzekleinen Moment lang hatte sie gehofft, er hätte ein etwas romantischeres Geschenk ausgesucht, etwas, was für ihre gemeinsame Zukunft stand …
    Und dann hätte sie sich am liebsten in den Hintern gebissen für ihre Albernheit. Wenn sie so etwas Gewöhnliches wie einen Ring wollte, musste sie ihn nur fragen, und er würde mit ihr ins nächste Juweliergeschäft gehen. Stattdessen hatte er viel Zeit und Geld investiert, um etwas zu finden, das für sie eine ganz persönliche Bedeutung hatte und zudem ein Symbol für
ihren Neuanfang nach dem Schock des Verlusts war – und was konnte romantischer sein als das?
    Du lieber Gott, glaubte sie vielleicht, ein Ring wäre eine Versicherung gegen emotionale Katastrophen? Ihre Gedanken schweiften zu Caspar und Juliet ab, und sie erschauerte und schämte sich für ihren

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