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Social Netlove

Social Netlove

Titel: Social Netlove Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Strack
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März um 23:36
    Dear Marie,
brisante Informationen konnte ich leider nicht finden. Wie verfahren wir zwecks Geheimhaltung weiter? Muss ich dich nun etwa töten?
    Lächelnd blickte ich auf das kleine Foto, das neben Jamies Nachricht angezeigt wurde. Flirtete er etwa ein kleines bisschen mit mir? Der Mann, den ich vor gut zehn Jahren noch aus dem Publikum bei Konzerten angeschmachtet hatte, und dessen Umarmung mir wochenlang schlaflose Nächte beschert hatte?
    Betreff: AW: Explosive stuff
    28. März um 23:46
    Lieber Jamie,
du hast es erfasst: Mein Job ist grauenhaft! Und das nicht etwa, weil ich mich langweile, sondern vielmehr, weil ich die Einzige bin, die dort gewissenhaft arbeitet. Meine Kollegen sind echte Faulpelze … Wenn du also ein Druckmittel benötigst, um mein Schweigen erzwingen zu können, könntest du mit meinem Chef reden, damit er mich für immer und ewig mit meiner dämonischen Kollegin in unserem Büro einsperrt. Glaub mir, das ist viel effektiver, als mir einen Mord anzudrohen!
    Ich bin wirklich beeindruckt von deinen Sprachkenntnissen. Wann hast du das alles gelernt? Bringt das die Karriere als Boygroupsänger etwa mit sich? Dann möchte ich das auch! Denn ich bin weder gut in Mathe noch in Sprachen.
    Alles Liebe,
Marie

»Marie? Können Sie bitte mal kurz zu mir kommen?« Herr Dr. Hagenborn steckte seinen weißen Schopf zur Bürotür herein und sah mich erwartungsvoll an. Ausgerechnet heute hatte ich überhaupt keinen Nerv auf irgendeine Zusatzaufgabe, die er mir mit Sicherheit übertragen wollte.
    Meine Lider waren schwer wie eine Decke aus Eisen – daran hatten auch die drei Becher Kaffee nichts ändern können, die ich mir in der vergangenen Stunde einverleibt hatte.
    Du hättest einfach früher ins Bett gehen sollen
, ermahnte mich eine vorwurfsvolle Stimme in meinem Kopf. Aber als ob das so einfach gewesen wäre! Nachdem ich die Nachricht an Jamie abgeschickt hatte, hatte ich noch eine gute Stunde vor dem Rechner ausgehaart. Ein einsilbiges Chat-Gespräch mit Thomas hatte mich davon abgehalten, öfter als einmal in der Minute den Status meiner Facebook-Nachrichten abzufragen. Doch als dieser sich gegen eins verabschiedet hatte, um ins Bett zu gehen, hatte auch ich mich zähneknirschend von meinem Computer losgeeist. Obwohl ich bereits so müde gewesen war, dass man mich unter normalen Umständen selbst in einem vollbesetzten Kettenkarussell nicht am Einschlafen hätte hindern können, tat ich kein Auge zu. Ununterbrochen schwirrten die Fotos von Jamie in meinem Kopf umher, gepaart mit alten Videoszenen der Musikclips, die auf MTV und VIVA rauf und runter gelaufen waren.
Jamie Baker
… Er war also auch nach zehn Jahren noch immer der Mann, der mir schlaflose Nächte bescheren konnte.
    Ich nahm einen großen Schluck Kaffee und streckte mich unauffällig an meinem Platz, bevor ich meinem hageren Chef mit aufgesetzter Motivation in sein Büro folgte.
    »Marie«, seufzte er und deutete mit einem gezwungenen Lächeln auf den leeren Ledersessel ihm gegenüber.
    »Hallo. Wollen Sie über die drei neuen Lektoren reden, die gestern angefangen haben? Also, auf mich haben sie alle einen sehr aufnahmebereiten, zuverlässigen Eindruck gemacht und ich bin zuversichtlich,dass …«
    »Das klären wir ein andermal«, unterbrach Herr Dr. Hagenborn mich. Sein Tonfall ließ nichts Gutes vermuten.
    Oh-oh
. Schlagartig war ich hellwach.
    »Mir ist zu Ohren gekommen, dass es gestern eine kleine Auseinandersetzung bezüglich der Tätigkeitsfelder unserer Auszubildenden Franziska Sturm gab.« Pause. Herr Dr. Hagenborn musterte mich eindringlich und seine Stirnfalten vertieften sich prüfend.
    »Auseinandersetzung wäre in diesem Zusammenhang vermutlich etwas hochgestochen«, antwortete ich ruhig, obwohl ich innerlich brodelte. Hatte Norbert etwa wegen dieser Lappalie bei unserem Chef Meldung abgegeben?
    »Ist es denn richtig, dass Sie Frau Sturm gestern Nachmittag freigegeben haben, obwohl Norbert sie gebeten hatte, ihn in seinem Sachgebiet zu unterstützen?«
    »Herr Dr. Hagenborn, Franziska hatte diesen halben Tag Urlaub eingereicht, um sich für die heutige Klausur in der Berufsschule vorbereiten zu können. Bis fünfzehn Uhr hat sie Norbert geholfen, danach habe ich mir erlaubt, meinem Kollegen selbst unter die Arme zu greifen.«
    »Aber das ist nicht ihr Job, Marie. Ich bezahle Sie nicht dafür, unserer Auszubildenden Freizeit zu bescheren und Überstunden zu machen, um Franziska Sturms Arbeit zu erledigen.«

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