Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Social Netlove

Social Netlove

Titel: Social Netlove Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Strack
Vom Netzwerk:
mir?
    »Danke Thomas.
Genau das
wollte ich hören«, spottete ich und ließ mich tiefer in seine Umarmung sinken, während das Intro des Tatorts im Ersten einsetzte. Dieses Mal spielte er irgendwo in Niedersachsen auf einem ehemaligen Polizeiausbildungsgelände, soweit jedenfalls der kurze Teaser aus der Fernsehzeitung. Und tatsächlich liefen schon nach wenigen Sekunden die ersten blutjungen Polizei-azubisdurchs Bild. Das hätte mir eigentlich ganz gut gefallen können, wenn ich nicht unentwegt an Jamie hätte denken müssen.
    Jamie … Seufz
.
    In den vergangenen zwei Wochen hatten wir uns täglich mehrmals geschrieben und ich hatte mittlerweile das Gefühl, ihn schon Ewigkeiten zu kennen. Ich wusste, was er gern hatte (Joggingrunden um fünf Uhr in der Früh durch den menschenleeren Hyde Park, Sandwiches mit Ei und Kresse, schwarzen Tee mit zwei Stückchen Zucker und einem Schuss klarem Honig) und was er hasste (Lakritz, zu heiße Sommer und die stickige, stehende Luft in der U-Bahn, wenn er morgens zur Arbeit fuhr). Ich begann sogar, ihn und seine Worte zu vermissen, wenn ich nicht regelmäßig nachsehen konnte, ob er mir geantwortet hatte. Seine Nachrichten waren ein fester Bestandteil meines Alltags geworden und ich hatte beinahe vergessen, dass er der
Jamie Baker
war, den ich vor fünfzehn Jahren zum ersten Mal gesehen und völlig verklärt angehimmelt hatte. Jetzt war er einfach Jamie, der Mann, der mich mit seinen Satzgebilden zum Lachen brachte. Er war so etwas wie ein Freund geworden.
    Nun ja
. Eventuell berührten mich seine Nachrichten ja doch mehr, als ich mir bisher einzugestehen bereit gewesen war.
Das ist ganz und gar nicht gut
… Ich sollte daran denken, dass Jamie weit weg in London lebte, und außerdem war er eben doch
der
Jamie Baker. Und von dem als meinen festen Freund konnte ich wie zu Teeniezeiten nur träumen.
    Der ARD-Krimi spitzte sich zu und Thomas beobachte die Szenerie aufmerksam, während ich zunehmend unruhiger wurde und auf dem Sofa hin und her rutschte. Ich fühlte mich wie eine Drogenabhängige, die ihren nächsten Schuss herbeisehnte.
Na prima
. Nun war ich also vollends zu einem dieser bemitleidenswerten Internetjunkies geworden.
    »Thomas, dürfte ich mal kurz an deinen Rechner?«, fragte ich nach einer guten Stunde, weil ich glaubte, nun lange genug auf Entzug gewesen zu sein. Nachdem ich nahezu den ganzen Tag mit meinem besten Freund auf einer Computermesse vertrödelt hatte, erschien es mir durchaus als angemessen, mich nun endlich vor den PC setzen zu dürfen.
    »Klar, wieso nicht? Aber du merkst schon, dass es gerade spannend wird, oder?« Thomas warf mir einen belustigten Blick zu. »Was willst du denn überhaupt am Rechner? Ich bin doch hier«, lachte er und ließ den Fernsehbildschirm dabei nicht aus den Augen.
    »Ich will nur kurz meine Mails checken«, murmelte ich undeutlichund bewegte meinen um geschätzte viertausend Kalorien bereicherten Körper hinüber zu Thomas'
Normalo
-Computer. Das war ein Allround-PC, auf dem die gängigsten Programme installiert waren und mit dem er seiner Onlinespiele-Leidenschaft frönen konnte, wenn unsere Treffen mal wieder mit dem Starttermin einer Schlacht kollidierten. Im Arbeitszimmer thronten die
richtigen
Computer – iMacs, ausgestattet mit den neuesten und teuersten Bildbearbeitungsprogrammen, leistungsstarke Rechner mit den allerneuesten Grafikkarten für ein ‚unglaubliches Spielerlebnis‘ (Zitat Thomas) und noch der ein oder andere Laptop, der ebenfalls für ein bestimmtes Arbeitsfeld ausgerüstet worden war.
    Thomas war eben ein Freak. Aber ein liebenswerter.
    Ich loggte mich bei Facebook ein und wurde von einem rot aufleuchtenden Nachrichtensymbol begrüßt. Wie üblich schlug mein Herz bei diesem Anblick schneller – auf Dauer war dieses Hin- und Hergeschreibe sicherlich ebenso ungesund für mich wie das Verschlingen von fettigen Pizzen.
    Betreff: The cloth wisperer
    10. April um 19:32
    Dear Marie, wie war dein Tag?
    Ich habe bei strahlendem Sonnenschein ein paar Runden durch den Hyde Park gedreht und sitze nun mit meinem Laptop auf der Veranda meines kleinen Häuschens. Wie jeden Sonntag war heute Markt in einigen Stadtteilen von London. Touristen strömen am Wochenende immer in Scharen nach Notting Hill und decken sich mit mehr oder weniger unnützen Souvenirs ein. Ausnahmsweise bin ich heute auch dort vorbeigeschlendert und habe eine ältere Dame getroffen, die einen ganzen Tisch voller Stoffe angeboten hat. Ich

Weitere Kostenlose Bücher