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Freudensprünge auslösen würde, »doch es sollte zum Leben reichen«. Als Gegenleistung erwartete Templey von mir Kreativität, Lernbereitschaft, gute Abschlussnoten und Engagement, nicht nur am College in London, sondern auch bei der Arbeit in Hamburg.
»Sie sind eine sehr angenehme Persönlichkeit, Marie. Genauso, wie ich sie mir vorgestellt habe«, hatte Annette am Ende des Gesprächs gesagt und mir einen bereits vorbereiteten Arbeitsvertrag (mit datiertem Arbeitsbeginn am 01. September!) in die Hand gedrückt. »Lassen Sie sich das Angebot durch den Kopf gehen und melden Sie sich, sobald Sie Ihre Entscheidung getroffen haben.«
Natürlich war meine Entscheidung längst gefallen – das hatten auch Isa, Thomas und Matze sofort gewusst, als ich ihnen davon erzählt hatte.
Tja
, und um diese Chance zu feiern, saß ich nun mit Matze in diesem Edelrestaurant, während ich mir unentwegt die Frage stellte, ob ich diesen großen Schritt tatsächlich würde bewältigen können. Immerhin bedeutete das Angebot nicht nur einen neuen Job, sondern auch ein neues Zuhause, weit weg von meinen Freunden und meinem geliebten Hamburg. In einer der buntesten, lebhaftesten Städte der Welt.
London!
Voller Aufregung dachte ich an diese Metropole, in die es mich vor ein paar Wochen noch so sehr gezogen hatte. Ich erinnerte mich an das berauschende Gefühl, als ich von der Liverpool Streetnach Kensington gefahren war, um
Jamie
zu überraschen. Und dann hatte er mich überrascht – nein, nicht
er
, sondern Jake. Mit seiner idiotischen Wahrheit, die mich so schnell aus London hatte flüchten lassen, dass ich geglaubt hatte, ich würde nie mehr dorthin zurückkehren wollen.
Und nun hatte Jake indirekt dafür gesorgt, dass ich doch zurückkommen musste.
»Was isn los, Marie? Du siehst so nachdenklich aus.«
»Ach«, wiegelte ich ab, »mich lässt nur die Sache mit der Uni in London nicht los.«
»Ich bin zwar kein Mode-Fachmann, gell«, grinste Matze, »aber laut Google hat die Uni en sehr guten Ruf. Du musst natürlich bedenken, dass das Leben in London keine Spazierfahrt is. Da is grad so die Luft zum Atmen umsonst. Es wird sicher nich leicht werde, dort eine bezahlbare Wohnung zu finden.«
»Ich kann im Studentenwohnheim auf dem Campus wohnen … Mit dem Gehalt, das Templey mir zahlen will, bekomme ich vermutlich sowieso nicht mal ein WG-Zimmer.«
»So schlimm?«
»Naja, für deutsche Verhältnisse ist die Bezahlung schon okay – vor allem im Hinblick darauf, dass mir die Studiengebühren bezahlt werden. Es ist kaum weniger Geld, als ich jetzt verdiene, aber wie du schon gesagt hast: London ist teuer. Und außerdem möchte ich meine Wohnung behalten! Ich werde künftig ja weiterhin viel Zeit in Hamburg verbringen, zum Beispiel in der vorlesungsfreien Zeit.«
»Darf ich Ihnen nachschenken?« Wie aus dem Nichts materialisierte sich eine dunkel gekleidete Kellnerin vor unserem Tisch und hielt eine angebrochene Flasche Wein in die Höhe.
»Ja, bitte«, ermunterte Matze sie nickend und richtete seinen Blick wieder auf mich. »Aber Marie, eine Wohnung nur für etwa en Viertel des Jahres zu bewohne is nicht besonders wirtschaftlich.«
»Das ist mir egal – ich hänge an ihr.«
»Okay. Vielleicht könntest du sie ja auch untervermieten? Für die Zeit, in der du in Hamburg bist, würde sich bestimmt noch ein anderer Unterschlupf für dich finde. Darüber wollte ich heute im Übrigen sowieso mit dir reden.«
Die Servicekraft ließ die letzten Tropfen unserer Weinflasche in Matzes Glas fließen und verließ uns dann wortlos. Matze sah ihr konzentriert nach, so als hätte jemand einen ganzen Roman auf ihren schwarzbestofften Rücken gekritzelt.
»Ich weiß nicht. Was sollte denn aus Fox werden, wenn ich quasiheimatlos wäre? Thomas hat ja angeboten, sich unter der Woche und an den Wochenenden um ihn zu kümmern, so lange ich in London bin. Wer sollte das sonst übernehmen? Ich kann meinen Kater doch nicht im Studentenwohnheim einquartieren …«
Matze stoppte meinen Redefluss, indem er über den Tisch hinweg nach meiner Hand griff und mich ernst anblickte. »Ich weiß, in deinem Leben geschieht grad so viel Spannendes und Neues und deswegen is es vielleicht unklug, ausgerechnet jetz damit anzufange – aber andererseits, wann würde es besser passe als zu einem Neuanfang, gell?«
Seine blauen Augen funkelten und die Unsicherheit, die in seiner Stimme gelegen hatte, verschwand hinter einem strahlenden Lächeln.
»Marie, du
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