Social Netlove
ohnehin nur spärlich zum Arbeiten nutzen – auf die Minute stoppen, nur um sich mehr um ihr eigenes Gewerbe kümmern zu können.«
Ich musste ausgesehen haben wie ein von der Ebbe überraschter Fisch, der sich unvermittelt auf trockenem Sand wiederfand und nur noch hilflos mit den Flossen rudern konnte. Dr. Hagenborn legte mir den Screenshot meiner eigenen Homepage vor und räusperte sich ärgerlich. »Ich muss Ihnen ja wohl nicht erklären, dass in Ihrem Arbeitsvertrag ausdrücklich aufgeführt ist, dass sie vor Anmeldung einer selbstständigen Tätigkeit mit unserer Firma Rücksprache halten müssen. Vermutlich haben Sie das nicht getan, weil Sie sich bereits gedacht haben, dass ich es nicht gestatten würde. Es ist ja wohl offensichtlich, dass Ihre Arbeit bei uns darunter leidet.«
»Nein, das stimmt nicht«, murmelte ich leise, »ich habe einfach nur nicht daran gedacht.«
»Meine Güte, Marie, Sie sind doch eine intelligente Frau! Wie lange arbeiten Sie nun für mich?«
»Seit fast zehn Jahren«, antwortete ich kleinlaut.
»Zehn Jahre! Was ist denn bloß in Sie gefahren, dass Sie das über Bord zu werfen bereit sind?« Dr. Hagenborn beugte sich ein Stück über seinen breiten Tisch aus Nussbaumholz und sah mich bedrückt an. »Ihr Verhalten wird Konsequenzen haben, das ist Ihnen doch klar, oder?«
Ich nickte resignierend. Schlimmer konnte dieser Tag jetzt nicht mehr werden – erst der Vorfall mit Isa und Franziska, und nun …
Moment
. Franziska!
***
»Was machst du denn schon hier?«, fragte Isabelle überrascht und sprang von der Couch hoch, als ich wütend ins Wohnzimmer gepoltert kam.
»Ich habe Urlaub. Bis nächste Woche«, antwortete ich grimmig. »Und was bitteschön machst du hier?« Irritiert betrachtete ich Thomas, der gemütlich auf meinem Sofa lümmelte.
»Ich habe ebenfalls Urlaub«, antwortete er grinsend und klopfte auf den Platz, auf dem Isa vor wenigen Sekunden noch gesessen hatte.
»Ach ja? Und was tust du dann mit deinem Laptop in meiner Wohnung? Isa, wusstest du das heute Morgen schon?«
»Naja …« Wurde Isabelle etwa gerade rot? »Thomas hat mir angeboten, den Tag mit mir zu verbringen, damit ich nicht so alleine bin.«
»Aber du hast doch Kasi. Du bist nicht alleine«, stichelte ich missmutig und sah von Isa zu Thomas.
»Sei lieber froh, dass ich gerade in der Nähe war, als Isa nach Hause gekommen ist. So wie sie drauf war, hätte sie ansonsten deine gesamte Inneneinrichtung zerlegt«, lachte mein bester Freund und wehrte Isabelles strafenden Klaps auf den Arm ab. Die beiden wirkten so vertraut, als hätte es die lange Freundschaftspause zwischen ihnen nie gegeben. »Du siehst grauenhaft aus, Marie. Erzähl schon: Was ist passiert?«
Ich ließ mich auf das Sofa plumpsen und erzählte in wenigen Sätzen, was gerade im Büro vorgefallen war – und dass ich es Franziska zu verdanken hatte, dass ich bis zum Ende der Woche von Herrn Dr. Hagenborn beurlaubt worden war. Eine Abmahnung hatte ich direkt mitnehmen dürfen.
»Diese Schlange! Die kann was erleben, Marie!« Isas Augen funkelten wild entschlossen.
»Ach ja? Was willst du denn tun, sie verprügeln?« Ich lächelte schief.
»Nein. Wir machen sie psychisch fertig, indem wir ihren Ruf ruinieren.«
»Aha«, antwortete ich mutlos.
»Ja, wirklich. Nachdem ich Thomas von der kleinen Mistkuh erzählt hatte, hatte er nämlich eine Eingebung. Los, zeig es ihr, Tom.«
Tom
. Isas alter Kosename für ihn.
Thomas drehte seinen Laptop in meine Richtung und grinste überlegen. »Wir haben auf gut Glück ein wenig Detektiv gespielt. Da ichja schon vor geraumer Zeit entdeckt hatte, dass Gregor auf einem eher weniger jugendfreien Internetportal aktiv ist, habe ich mich mit meinem Admin-Zugang in die interne Nutzerliste gemogelt. Und nun rate mal, wessen Vor- und Nachname in der Datenbank hinterlegt ist.«
»Franzis?«, fragte ich ungläubig.
Thomas und Isa nickten heftig.
»Sie ist eine Professionelle«, ereiferte sich meine Freundin. »Die ist bei denen angestellt, als eine Art Callgirl, die sich an die männlichen Nutzer heranschleimt und persönliche Treffen ausmacht. Dabei kassiert sie so dann richtig ab. Widerlich.« Isa schüttelte angeekelt den Kopf. »Ich habe Gregor vorhin angerufen und zur Rede gestellt. Stell dir vor, er hat ernsthaft darauf bestanden, dass diese Franziska
schon lange
kein Geld mehr von ihm nimmt. Er ist so ein Idiot … Ist er darauf auch noch stolz, oder was?«
»Tja, jeder bekommt das, was er
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