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Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Titel: Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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und dem sensiblen Mund. Der einteilige, eng anliegende Anzug, im gleichen Silberton wie das Haar schimmernd, betonte die hagere Gestalt, die Blässe der Haut, die Ausstrahlung spartanischer Einfachheit, der sich niemand entziehen konnte, der ihn kennen lernte.
    Lange, feingliedrige Hände ruhten auf dem Schaltpult. Ein Druck auf die rote Sensortaste würde genügen, um den Monitor des Bildtelefons in Tätigkeit zu setzen, das die direkte Verbindung zum Operationsraum des Vollzugs-Chefs gewährleistete. Es war nicht nötig, sich in die Alarmkommunikation einzuschalten - jetzt nicht mehr. Die Lage schien ruhig. Im Augenblick marschierten zwar immer noch mehr als hundert entflohene Terraner durch das furchtgelähmte Kadnos, aber sie waren offenbar nur daran interessiert, die Stadt so schnell wie möglich zu verlassen.
    Simon Jessardin straffte sich wieder.
    Er war ein Asket, dem durchwachte Nächte wenig ausmachten. Die letzte Stunde hatte er damit verbracht, Filmmaterial zu sichten. Ein Problem mußte gelöst werden. Ein schwieriges Problem, das die gründliche Untersuchung aller Aspekte erforderte, das die Sicherheit des Staates betraf und deshalb der persönlichen Entscheidungsbefugnis des Präsidenten unterlag.
    Fest stand, daß das Projekt Mondstein als gescheitert betrachtet werden mußte.
    Jessardin seufzte. Bilder des letzten Films zogen an ihm vorbei. Die große Katastrophe, die vor mehr als zweitausend Jahren die alte Erde in einen Feuerball verwandelte. Raumschiffe, mit denen sich die wenigen Überlebenden retteten, um die Planeten zu besiedeln und eine neue Menschheit, eine neue Zivilisation zu begründen. Nie wieder Krieg! Nichts war von den Wissenschaftlern der Vereinigten Planeten so gründlich erforscht worden wie das Phänomen Krieg, die Mechanismen von Macht und Gewalt, die die Erde zerstört hatten, Ihr Erbe wurde verleugnet und ausgerottet. Die neue Menschheit lebte seit zweitausend Jahren in Frieden, Und doch durfte sie nicht vergessen, was geschehen war, damit der alte zerstörerische Geist nie wieder auferstand.
    Deshalb unternahm die marsianische Raumflotte regelmäßig Erkundungsflüge zur Erde, auf der sich nach zweitausend Jahren wieder Leben regte. Deshalb waren ein paar Exemplare primitiver Rassen auf den Mars gebracht und in Reservaten angesiedelt worden. Und später dann unter dem Mondstein, als die Wissenschaft das Phänomen der Mikro-Transzendenz entdeckte, der Verkleinerung.
    Zweihundert Jahre lang hatten auf nicht mehr als ein paar Quadratmetern Raum Hunderte von Nachkommen irdischer Rassen existiert. Zwei verfeindete Volksstämme führten ihre Kriege zum Nutzen der Friedensforschung unter einer Kuppel aus Mondstein, von Flammenwänden eingeschlossen. Verließen sie ihr Gefängnis, gewannen sie auch ihre natürliche Größe zurück. Aber niemand hatte je damit gerechnet, daß sie ihr Gefängnis verlassen könnten.
    Jetzt war es geschehen.
    Simon Jessardin runzelte die Stirn, streckte die Hand aus und berührte eine Sensortaste. Auf der Wähltafel tippte er die Buchstaben- und Zahlenkombination des Filmausschnitts ein, den er sehen wollte. Das Überwachungssystem des Mondsteins, vor zweihundert Jahren installiert, ließ einiges zu wünschen übrig. Doch inzwischen hatten sich Spezialisten mit dem Filmmaterial befaßt und die Qualität verbessert.
    Schwarzes Gestein erschien auf dem Monitor.
    Ein Plateau, geisterhaft angestrahlt vom Widerschein der Waberlohe. Am Fuß der hohen Felswand eine Menschenmenge auf Knien, halb in Trance, sich duckend unter den endlosen Beschwörungen des Oberpriesters in der blutroten Robe. Bar Nergal rief die schwarzen Götter. Und ein schwarzer Gott würde aus dem Tor im Felsen treten ein Gott, der in einer anderen Welt als Wachmann Nummer dreißig Dienst tat.
    Hatte man damit rechnen müssen, daß es die Terraner wagen würden, durch das Tor der Götter zu fliehen, das sie mehr als den Tod fürchteten?
    Doch, dachte Jessardin.
    Er hätte damit rechnen müssen. Spätestens seit dem Augenblick, als dieser schwarzhaarige Barbar mit den blauen Augen plötzlich in Kadnos auftauchte. Charru von Mornag, Fürst des Tieflands - schon dieser Titel, der einem Märchen zu entstammen schien, ließ die ganze Fremdartigkeit jener Welt unter dem Mondstein fühlen. Ein Mann, der ohne Zögern in schwarzes Wasser sprang, das nach seinem Glauben in die Ewigkeit führte. Der mit dem Fluß in die kochenden Nebel schwamm, durch die Flammenwand stürzte, sich in der unterirdischen

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