Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker
keine Ausweichbewegung mehr zwingen. Aber die Kuppel öffnete sich, Charru schnellte hoch und versuchte im letzten Moment, sich nach links aus dem Fahrzeug zu werfen.
Ein berstender Krach.
Sengende Hitze, eine weißglühende Lohe, deren Flammen wie Raubtierpranken nach allen Seiten schlugen. Charru schrie auf, von Feuer umhüllt, von einer Gewalt gepackt, die ihn wie eine Puppe zwischen die Felsen schleuderte. Schmerz durchzuckte ihn, der Ärmel des marsianischen Anzugs brannte. Verzweifelt wälzte er sich durch den Staub, erstickte die Flammen, kämpfte gegen die schwarzen Wogen der Ohnmacht, während ein paar Schritte entfernt eine zweite, grellere Detonation den Gleiterjet auseinanderriß.
Wie ein vernichtender Sturmstoß fegte die Druckwelle über Charru hinweg.
Schleier lagen vor seinen Augen. Instinktiv versuchte er, sich in den Schutz von Gesteinsbrocken zu rollen, und dann, in einem Regen aus Splittern, Glas und glühenden Metallteilen, verlor er endgültig das Bewußtsein.
Sekunden der Leere, in denen er das Gefühl hatte, gegen einen wirbelnden schwarzen Strom zu schwimmen.
Er fühlte nicht einmal Schmerz, er wußte nicht mehr, warum er sich nicht mit den dunklen Wogen treiben lassen durfte. Mit einer Kraft, die tief in den Abgründen des Lebens selbst wurzelte, klammerte er sich an den dünnen Faden des Bewußtseins. Stimmen. Sie suchten nach ihm. Verzweifelt riß er die Augen auf, erkannte die rötlichen Felsblöcke ringsum und zog unendlich mühsam die Beine unter den Körper.
»Vorsichtig, Renark! Hier muß er irgendwo sein.«
Ein Schatten.
Der metallene Reflex des Mondlichts auf einer Strahlenwaffe.
Charru wartete, lauschte den zögernden Schritten. Er mußte flach springen, um dem tödlichen Feuerstrahl zu entgehen. Er mußte schnell sein. Eine Sekunde noch, dann stieß er sich blitzartig ab und warf sich nach links.
Der Laserstrahl fauchte dicht über seinen Rücken hinweg und traf zischend auf Stein.
Charrus Schulter rammte die Kniescheiben des Polizisten. Der Mann brüllte auf, taumelte rückwärts und fiel. Dabei verlor er die Waffe aus dem Griff, sie flog in hohem Bogen durch die Luft und prallte vor die Füße des zweiten Vollzugsbeamten.
Charru sprang auf und rannte.
Vorwärts, auf die Gefahr zu, nicht von ihr weg. Er mußte die Häuser erreichen, die anderen warnen. Den zweiten Polizisten schlug er nieder, noch ehe der den Schock abschütteln konnte. Der dritte Uniformierte, jenseits des Jets, riß das Gewehr hoch. Wieder fauchte der Feuerstrahl, doch da tauchte Charru bereits mit einem Sprung in den Schatten der Felsen.
Geduckt lief er durch den Staub.
Hinter ihm schwirrten Stimmen durcheinander. Eine davon klang blechern, seltsam unmenschlich Befehle aus einem Lautsprecher. Charru konnte das Klirren hören, mit dem ein Gewehrlauf über die Felskante geschoben wurde. Die ersten Häuser waren noch nicht nah genug, das wogende Gras behinderte ihn. Er ließ sich fallen, und gleichzeitig flammte auch vor ihm an der Hausecke das tödliche rote Licht auf.
»Hierher!« erklang Camelos Stimme. »Bleib unten!«
Charru robbte durch das Gras, während der Strahl aus Camelos Waffe über den Felsblock strich. Immer noch schnarrte die körperlose Stimme. »Feuer einstellen! Nicht angreifen!« verstand Charru, während er sich keuchend in den Schutz der Hausecke rollte.
Benommen richtete er sich auf.
Camelo ließ die Waffe sinken und starrte aus schmalen Augen zu den Felsen hinüber. Sein Gesicht war hart, das lockige Haar fiel wirr in die Stirn.
»Bist du verletzt?« fragte er, ohne den Blick zu wenden.
»Unwichtig. Sie haben uns eingekreist. Mindestens ein Dutzend Polizeijets und dreimal so viele Männer.«
Camelo atmetet tief durch und nickte.
»Wir wissen es«, sagte er leise. »Aber sie greifen nicht an, ich glaube, sie haben nur gefeuert, weil sie die Nerven verloren. Conal Nord ist hier, um mit uns zu verhandeln.
VIII.
Die Stille in der großen Halle wirkte gespenstisch.
Die meisten Menschen kauerten erschöpft an den Wänden. In einem Nebenraum hatten die Frauen versucht, sich mit den Kindern notdürftig für die Nacht einzurichten. Sie hatten Würfel des erbeuteten Nahrungskonzentrats gegessen, etwas von dem metallisch schmeckenden Wasser des Kanals getrunken, und zumindest die kleineren Kinder schliefen.
Blasse, angespannte Gesichter wandten sich Charru zu, Augen, in denen sich Erleichterung und Schrecken mischten. Jarlon sprang heftig auf, auch Gerinth und ein paar
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