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Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Titel: Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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andere erhoben sich. Mit einem Griff, der keinen Widerspruch duldete, packte der alte Mann Charrus Arm und untersuchte die Brandwunde.
    »Laß mich das sofort verbinden«, sagte er ruhig. »Wenn es sich entzündet, kannst du für Wochen kein Schwert führen.«
    Charru nickte nur.
    Sein Blick suchte Conal Nord. Der Venusier stand mit verschränkten Armen an der Wand, reglos, als spüre er Zorn und Erregung nicht, die ihm entgegenschlugen. John Rouver, der Liquidationschef, hockte immer noch mit gefesselten Händen in seinem Winkel. Eine Armlänge von ihm entfernt hatte sich Bar Nergal auf die Felsen gekauert. Seine rote Robe war zerfetzt, das Gesicht fahl und eingefallen. Aber seine dunklen, tiefliegenden Augen hatten sich belebt, und auf dem Grund der Pupillenschächte schienen gelbliche Funken zu glimmen.
    Charru empfand das Starren dieser Augen wie eine Berührung.
    Flüchtig fragte er sich, was ein Eid gelten konnte, der in halbem Wahnsinn geleistet worden war. Vielleicht nichts, das würde man sehen. Er biß die Zähne zusammen: Die Flüssigkeit, mit der Gerinth die Wunde beträufelte, brannte schlimmer als Feuer. Erst als der Verband aus groben Leinenstreifen festsaß, verebbte der Schmerz. Mit einer ungeduldigen Bewegung streifte Charru den zerfetzten blauen Anzug ab, da er die Kleidung des Mars keine Minute länger als nötig tragen wollte.
    Mit nacktem Oberkörper, knielangen Hosen aus geschmeidigem Leder und gegürtetem Schwert glich er wieder jenem jungen Barbarenfürsten, der am Scheiterhaufen seines Vaters die Erbschaft der Mornag angetreten hatte.
    Conal Nord preßte die Lippen zusammen. Er löste sich von der Wand und trat dem anderen entgegen. Einem gut dreißig Jahre jüngeren Mann, verletzt, gejagt, am Rande der Erschöpfung. Und doch kam Conal Nord in diesen Sekunden nicht auf den Gedanken, sich dem Terraner überlegen zu fühlen. Sie standen sich gegenüber.
    Der Generalgouverneur der Venus im Auftrag der Vereinigten Planeten - und der König einer versunkenen Welt, auf dessen Schultern die Verantwortung für mehr als hundert Menschen ruhte.
    »Ihr habt es also geschafft«, sagte der Venusier leise. »Ihr habt die Gefangenen aus der Klinik befreit.«
    »Ja.« Charru sah die Sorge in den Augen des anderen. »Wir haben niemanden getötet« setzte er hinzu. »Und wir werden niemanden töten, es sei denn, man zwingt uns.«
    »Gut. Um zu verhindern, daß noch mehr Blut fließt, bin ich hier. Es wäre ein sinnloses Massaker.«
    Charru hob die Brauen.
    »Das ihr verhüten wollt?« fragte er langsam.
    »Ja.«
    »Und warum?«
    »Bedarf das einer Frage?«
    In Charrus Augen brannte ein kaltes Feuer. Er rührte sich nicht. Sein Blick forschte in den glatten, ebenmäßigen Zügen des Venusiers, dann schüttelte er langsam den Kopf.
    »Du meinst es wirklich«, sagte er eher überrascht als zornig. »Aber du irrst dich: es bedarf sehr wohl einer Frage. Ihr seid über uns hergefallen, als wir so gut wie wehrlos waren. Ihr hättet alle getötet, Männer, Frauen und Kinder. Ihr hattet kein Interesse daran, ein Massaker zu verhüten, solange ihr glaubtet, daß es nur uns und niemanden von euch treffen würde.«
    Conal Nord antwortete nicht.
    Es war die Wahrheit - ein Teil der Wahrheit. Sekundenlang war er fast versucht aufzugeben angesichts der Unmöglichkeit, dieser Wahrheit irgend etwas entgegenzusetzen.
    »Und jetzt haben wir Waffen, mit denen wir uns wehren können«, fuhr Charru fort. »Jetzt fürchtet ihr für euch selbst und wollt den Kampf nicht mehr. Aber wir haben schon einmal mit euch verhandelt, Conal Nord, wir haben euch schon einmal vertraut und es fast mit dem Leben bezahlt. Ihr wollt nicht den Frieden. Ihr wollt die Lage zu euren Gunsten wenden, um uns später um so leichter abschlachten zu können.«
    Nord schüttelte den Kopf. »Du irrst. Präsident Jessardin will verhindern, daß es vor den Toren von Kadnos zu einem blutigen Kampf kommt.«
    »Er hätte es schon einmal verhindern können, wenn er gewollt hätte.«
    »Das hätte er, aber niemand rechnete mit einem blutigen Kampf.« Der Venusier zögerte, die nächsten Worte auszusprechen, denn er wußte, daß sie für die Menschen ringsum wie brutaler Zynismus klingen mußten. »Ihr wart nur mit Schwertern bewaffnet, ihr schienet wehrlos, und das Problem wäre ein für allemal gelöst gewesen.« Er sah, wie sich die Faust des anderen um den Schwertgriff krampfte, und hob gleichmütig die Achseln. »Ich weiß, daß du mich jetzt töten möchtest. Aber

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