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Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Titel: Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker
Autoren: Susanne U. Wiemer
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Quelle.
    Langsam ging Charru auf das Geräusch zu.
    Eine Schlucht, in die sich das dichte, kräftige Gras keilförmig hineindrängte. Fadendünn sickerten Rinnsale dazwischen. Zwei wie Finger aufragende Felsennadeln flankierten den Einschnitt, dahinter erweiterte er sich zu einem fast kreisrunden Kessel.
    In glitzernden Kaskaden kam das Wasser aus einer engen Kluft, rann silbern über einen schrägen Block und stürzte in ein natürliches Felsenbecken. Wasser... eine Insel des Lebens, des sprudelnden Überflusses. Und ringsum dehnte sich die rote Wüste, die mit Hitze und Kälte, Stürmen und Staub diejenigen schützen würde, die sie einmal bezwungen hatten.
    Charru kletterte über die Felsen, ging am Rand des Beckens in die Hocke und schöpfte Wasser mit der hohlen Hand.
    Er trank in tiefen Zügen, ließ das kristallklare, eisige Naß über sein Gesicht rinnen und genoß die Kälte. Sein Blick tastete durch das weite Rund der Mulde. Es gab belaubte Büsche und weiter oben zwischen den Felsen trockenes Dornengestrüpp, genug, um ein Feuer in Gang zu halten. In einer der tiefen Felsspalten huschte und raschelte etwas. Vielleicht Tiere, die man jagen konnte. Um ihre Mahlzeiten brauchten sie sich vorläufig ohnehin keine Gedanken zu machen. Was sie aus der Versorgungszentrale des Raumhafens mitgebracht hatten, würde lange reichen.
    Ein Platz zum Leben?
    Nicht für immer, dachte Charru realistisch. Kein Platz zum Leben, aber ein Unterschlupf für eine Weile. Hier konnten sie Atem holen, ausruhen, ihre Kräfte sammeln.
    Und dann?
    Charru lächelte, als er an Camelos Träume von Sternen und fremden Welten dachte.
    Es waren nur Träume. Aber vielleicht brauchten sie die genauso nötig wie Nahrung und Wasser, denn ohne Träume würden sie ohne Hoffnung sein.
    Rasch wandte sich Charru ab, kletterte wieder in den wartenden Gleiterjet und ließ die gläserne Kuppel über sich zuklappen.
    *
    Die Männer gehörten dem Rat an.
    Sie waren erregt, und sie versuchten, ihre Befürchtungen unter der Maske starrer Würde zu verbergen. Es entsprach nicht den Gepflogenheiten, daß der Rat der Vereinigten Planeten eine Abordnung in den Regierungssitz schickte, noch dazu mitten in der Nacht. Aron Kerenos, der Uranier in seinem traditionellen Gewand aus bunten, irisierenden Stoffen, hatte betont, daß es sich um einen inoffiziellen, eher privaten Besuch handele. Das stimmte insofern, als sicher kein offizieller Beschluß in Abwesenheit des Präsidenten gefaßt worden war. Doch Jessardin ging davon aus, daß die Männer nichtsdestoweniger im Namen des gesamten Rats sprachen.
    Also hatten sich die beunruhigenden Gerüchte bereits verbreitet.
    Der Verwaltungschef von Kadnos saß steif und sichtlich unbehaglich auf seinem Stuhl. Er gehörte dem Krisenstab an und hatte die Anfrage einer Gruppe von Ratsmitgliedern wahrheitsgemäß beantworten müssen. Ein legaler, völlig korrekter Vorgang, wenn es sich nicht um die erste offizielle Anfrage seit Jahren gehandelt hätte.
    Der Rat pflegte zu warten, bis ihm die zur Entscheidung anstehenden Fragen von den zuständigen Sachbearbeitern vorgelegt wurden.
    Politische Meinungsverschiedenheiten gab es nicht. Die Politik der Vereinigten Planeten war die Politik der Vernunft, was hieß, daß sie sich strikt nach den Erkenntnissen der Wissenschaft richtete. Und wissenschaftliche Wahrheiten diskutierte man nicht, sondern wandte sie an - so effektvoll und nutzbringend wie möglich.
    Es gab kein Problem, das die Wissenschaft nicht zu lösen vermochte.
    Was sich Vernunft und Ordnung widersetzte, wurde eliminiert. Das war Aufgabe des Vollzugs. Und da sich Waffen jeder Art ausschließlich in den Händen dieser Organisation befanden, war es noch nie vorgekommen, daß sie versagt hatte.
    Jetzt schwirrten Gerüchte, breitete sich Unruhe aus, und selbst der Rat war aufgescheucht genug, um mit bewährten Traditionen zu brechen.
    Simon Jessardin hatte den höflichen Vorreden und äußerst vorsichtig formulierten Fragen ruhig zugehört. Nichts in dem hageren, beherrschten Asketengesicht unter dem Silberhaar verriet, was er dachte. Schließlich beugte er sich vor und legte in einer charakteristischen Geste die Fingerspitzen aneinander.
    »Ich verstehe Ihre Unruhe, meine Herren. Lassen Sie mich kurz die Lage skizzieren...«
    Er sprach mechanisch.
    Ihm war klar, daß er ohnehin nicht mehr an einschneidenden Maßnahmen vorbeikam. Nicht nach dem Überfall auf die Klinik! In der Liquidationszentrale hatte es Tote und ein
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