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Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Titel: Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker
Autoren: Susanne U. Wiemer
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wurden sie genannt, und an ihrem Fuß gab es Streifen von staubigem Grün in der roten Wüste, die auf Wasser hinwiesen.
    Conal Nord behauptete, es sei unmöglich, die Wüste zu Fuß zu durchqueren. Er mochte recht haben. Aber diejenigen, die es versucht hatten, waren Marsianer gewesen. Sie hatten andere Maßstäbe als die Terraner, sie wurden nicht bedroht und verfolgt, sie ahnten nicht, wie tief die Kraft wurzelte, die Menschen bis zum Äußersten um ihr Leben kämpfen ließ.
    Charru glaubte nicht, daß es überhaupt versucht worden war.
    Die Wissenschaftler mochten es berechnet haben, mit langen Zahlenkolonnen und überzeugenden Schlußfolgerungen belegt, doch die Wissenschaftler hatten sich schon einmal geirrt.
    Sie hatten die Schwarzen Götter verkünden lassen, daß der Fluß, der im Tal des Todes im kochenden Nebel verschwand, in die Ewigkeit führe. Aber sie hatten nicht berechnen können, was ein Mensch fühlte, der nur noch einen grausamen Tod vor Augen hat. Charru erinnerte sich, wie leicht es gewesen war, sich in das schwarze Wasser gleiten zu lassen, wie vollkommen er den sicheren Tod vergessen hatte über die Gewißheit, daß er in den letzten Sekunden seines Lebens sehen würde, wohin der Fluß führte und was hinter den kochenden Nebeln lag.
    Sie hatten die Flammenwände ihres Gefängnisses überwinden müssen, um eine neue Welt zu finden.
    Vielleicht fanden sie jetzt einen Platz zum Leben, wenn sie die Wüste überwanden. Charrus Blick folgte den schroffen Linien der Felsen. Er tastete nach den beiden Knöpfen auf dem Schaltfeld, spürte das leichte Vibrieren der erwachenden Kraft, die das Fahrzeug vorwärts trieb. Diesmal beschleunigte er vorsichtiger, ließ die wachsende Geschwindigkeit auf sich wirken, bekämpfte die krampfhafte, schwindelerregende Furcht, die nur eine Reaktion des Körpers war. Wieder bremste er zu plötzlich, da die Klippen bedrohlich vor ihm aufwuchsen, aber diesmal fing er sich mit den Händen ab. Langsam ließ er den Gleiterjet höher steigen. In dem plötzlich aufkeimenden Wunsch, über die Felsenbarriere hinauszusehen, erkannte er eine tief verwurzelte Sehnsucht wieder, die ihn früher so oft in die Nähe der Flammenwände getrieben hatte.
    Die Felsen glitten unter ihm weg: eine Wildnis voller Schluchten, schwarzer Spalten, schwindelerregend steiler Klüfte. Dahinter dehnte sich wieder die rote Wüste, bildete Hügel und Falten, Krater und nackte Geröllflächen und schien sich in der Unendlichkeit zu verlieren.
    Konnte er weiterfliegen?
    Herausfinden, was am Ende dieser Wüste lag?
    Er unterdrückte den Impuls. Schon einmal hatte er erlebt, daß die Maschinen der Marsianer auch versagen oder sich erschöpfen konnten. Das Lasergewehr, das er im Schatten der Liquidationszentrale auf die angreifenden Vollzugspolizisten richtete, hatte von einer Sekunde zur anderen nicht mehr gefeuert. Der Gleiterjet konnte vielleicht auch nicht endlos weiterfliegen. Und wenn die Maschine versagte, war er ohne Proviant und Wasser der Wüste ausgeliefert.
    Als er das Fahrzeug im Bogen zurück zu den Felsen lenkte, kämpfte er gegen das nagende Unbehagen, von einer Maschine abhängig zu sein.
    Wieder lenkte er den Gleiterjet über die schroffen Steinzacken hinweg. Die Lichtglocke über der Stadt Kadnos wirkte fern und unwirklich am Horizont. Am Fuß der Klippen wogte Gras im Mondlicht, hoben sich vereinzelte Büsche ab, schwarz, wie zusammengekauerte Gnomen. Charru ließ das Fahrzeug langsam nach unten sinken und beugte sich weit zur Seite, um zu sehen, ob die Fläche irgendwelche tückischen Hindernisse aufwies.
    Der Gleiterjet setzte weich auf.
    Charru schaltete den Antrieb aus und ließ die Kuppel hochschwingen. Klare, kalte Luft füllte seine Lungen die Kälte der Wüstennacht. Erst jetzt wurde ihm bewußt, daß im Innern des Fahrzeugs ständig gleichbleibende Wärme herrschte. Er stieg aus, reckte sich und verharrte sekundenlang reglos, um die nächtliche Natur mit allen Sinnen aufzunehmen.
    Der Geruch nach Erde, Gras und Feuchtigkeit, den der stetige Wind mit der Schärfe des trockenen Staubs mischte.
    In seinem Rücken fühlte er noch die Wärme, die der Gleiterjet abstrahlte, aber als er ein paar Schritte machte, drang der Wind wie mit Eisnadeln durch den dünnen marsianischen Anzug. Die Weite ringsum ließ sich fühlen, riechen, schmecken. Gestein knirschte, schien unter den ewigen Angriffen von Wind, Hitze und Kälte zu stöhnen. Irgendwo gurgelte und plätscherte das Wasser einer
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