Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes
unser größter Schatz ist verloren, Mica.“
Seine Gedanken überschlugen sich. Verdammt sollte Berenike sein. Sie war losgezogen, um gegen die Garou zu Felde zu ziehen und seine Bemühungen zunichtezumachen. Mit einem Katana wollte sie gegen die besten Krieger der Wolfssippen vorgehen. Und alle Vampire und Lamia würden es mitbekommen und die Uneinigkeit in seiner Familie für sich und gegen ihn verwenden. Er traute Berenike alles zu, sogar einen Erfolg. Wohin würde sie sich wenden? Paris? London? Oder gar in die Berge Andalusiens, nach Ronda, wo Juvenal seinen Sitz hatte?
„Ich muss sie aufhalten.“
„Sie wird es ohnehin nicht überleben, Mica. Berenike ist eine schwache Lamia ohne ihr Gift.“
Das war sie nicht. Sie besaß scharfe Augen, schnelle Reflexe und konnte mit dem Schwert und der Armbrust meisterhaft umgehen. Sie musste sich keinem offenen Kampf stellen, sondern konnte aus dem Hinterhalt Silberpfeile auf einen Garou abschießen. Einer reichte, um zu töten und einen neuen Krieg anzuzetteln oder, was er im Augenblick als noch schlimmer empfand, seine Tochter Florine unglücklich zu machen.
„Ein toter Garou und der Keim des Friedens ist mit der Wurzel ausgerissen. Wenn sie es dazu noch auf Juvenal abgesehen hat …“
Selene lachte auf. Ein Lachen, das aus einer Gottheit eine Dämonin machte. Das Grün ihrer Augen flammte auf.
„Juvenal! An ihn wird sie sich nicht wagen. Sein Rudel ist groß und über ganz Spanien verteilt, sie wird nicht einmal bis nach Ronda und vor ihn gelangen.“
Ihr Lachen wurde zu einem Klagelaut, in dem ihre Schönheit zerbarst. Sie mochte vorgeben, ihr Kind nicht mehr lieben zu können, aber das war eine Lüge. Seine Gedanken rasten dahin. Wie groß war ihr Vorsprung? Wie weit konnte sie gelangen bei diesem Wetter? Sie hatte nichts mitgenommen außer dem Katana, besaß kein Geld, konnte sich unter den Sterblichen nicht bewegen, ohne aufzufallen.
„Sie hat es auf Cassian oder Gilian abgesehen. Oder auf beide. Zuerst Paris, danach setzt sie über nach England. Aber würde sie den Gefährten ihrer Nichte töten, ihr damit Leid zufügen? Nein, sie wird direkt nach London reisen. Das ist ihr Ziel.“
Selene rieb über ihr Gesicht, strich durch den Wasserfall ihrer roten Locken und erlangte das zurück, was ihr die Anbetung ihrer sterblichen Anhänger garantierte. Eine Miene ohne jeden Makel und menschliche Regung, die perfekte Projektion dessen, was ihre Quellen von ihr erwarteten.
„Sie ist ein kluges Kind, trotz allem. Wenn es Gilian ist, hat sie eine geringe Chance.“
„Mutter, sie schleudert uns allen den Fehdehandschuh ins Gesicht und sie wird nicht diskret vorgehen. Cassian wird dafür sorgen, dass ich mein Kind nie wiedersehe, wenn seinem Bruder etwas zustößt. Und Ruben! Verdammt, er hat eine Strega an seiner Seite. Weißt du, was Aurora anrichten kann? Über Juvenal und seine Krieger will ich gar nicht reden. Von allen Seitenwerden sie uns einkesseln. Außerdem ist Gilian verrückt!“
„Wirklich? Das macht es leichter, den Mord an ihm zu vertuschen.“
„Es darf keinen Mord geben!“
Die gesamte Villa schien um ein Geschoss abzusacken. Mica mäßigte sich. Er war im Haus einer Lamia, und obwohl diese ihm zugeneigt war, duldete sie kein Gebrüll in ihrer Nähe, es sei denn, sie selbst ließ es erschallen. Gereizt maß sie ihn ab.
„Du kannst nichts ändern, Mica. Sie ist fort, und dir sind die Hände gebunden. Dieser Frieden stand von Anfang an auf tönernen Füßen.“
Er knirschte mit den Zähnen. „Ich werde sie aufhalten. Lange genug habe ich über die Eigenmächtigkeiten der Lamia hinweggesehen, um sie nun bei meiner Schwester tolerieren zu wollen. Du hast es geschürt, Selene. Du hast ihr diese Feindseligkeit gegen die Werwölfe eingeflößt, obwohl es keinen triftigen Grund gab.“
Ihre Braue zuckte spitz nach oben. „Ach ja? Keinen Grund?“
„Wage es nicht, das mir gegebene Wort zu brechen und dich anders zu besinnen. Oder du wirst erfahren, dass nicht jeder Vampir einer Lamia unterlegen ist.“
„Mica!“
„Ich bin der Goldene des alten Volkes der Vampire, und ich werde Berenike nichts durchgehen lassen. Keine Angst, ich werde dein kostbares Kleinod nicht umbringen, sondern wohlbehalten zu dir zurückbringen. Solange du dich an unsere Abmachung hältst und das Handeln mir überlässt.“
Ihre schlanken Finger legten sich um ihren Schwanenhals. Wortlos ließ sie ihn gehen. Sie würde ihm vergeben. Irgendwann. Oder er war
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