Soehne & Liebe der Nacht
Kairons Tyrannei zu entfliehen, auf die Erde, um ihm Frauen als Mittel zum Zweck darzubringen, mit denen er seine dunklen Söhne zeugte. Während die Frauen nach den Geburten getötet wurden, wuchsen seine Söhne, ernährt von menschlichem Blut, bei seinen Verbündeten heran. Am Tag ihrer Volljährigkeit nahmen sie ihren Platz auf der Erde ein.
Der Schöpfer erhob sich von seinem aus Steinen gebauten Bett und ballte die Hände zu Fäusten. Er würde nicht zulassen, dass Caras Traumbild, so atemberaubend es auch war, ihn schwächte. Sein Gestern war beerdigt in seiner gefrorenen Seele. Sein Heute war Hass, Wut und kalte Leidenschaft. Der Tag seiner Auferstehung war nah und mit ihm kam sein Reich der ewigen Finsternis.
3
Ein junger Mann kämpfte gegen den Sturm in dieser regnerischen Augustnacht. Michael hatte den Kragen seines schwarzen Ledermantels hochgeschlagen, sein schulterlanges braunes Haar wehte ihm immer wieder ins gerötete Gesicht. Seine blutbefleckten Hände hatte er tief in den Manteltaschen vergraben, in seinen Augen war kein Mitleid zu sehen. Bei sich trug Michael den Dolch der Auferstehung, den er hütete wie einen kostbaren Schatz. Seit vier Monaten diente er nun schon den Söhnen der Nacht. Michael hatte in einer Bar gesessen, als er von Henry, einem Sohn der Nacht, angesprochen und als würdig befunden worden war, dem Bösen zu dienen. Von Henrys Bruder Jared hatte Michael den Auftrag erhalten, jeden Stein in dieser Stadt umzudrehen, auf der Suche nach dem Dolch, den der Schöpfer selbst erschaffen hatte. Monatelang war er tagsüber durch die Straßen und Gassen der Großstadt gestreift, hatte seine Augen und Füße nicht geschont und musste doch den dunklen Söhnen Nacht für Nacht sein Versagen erklären. Dann warf das Schicksal einen Lichtstrahl auf ihn. In einem Nachtclub, in dem Michael seine Niederlagen ertränkte, lernte er Lilli kennen, die neben ihm an der Bar Platz genommen und mit sehnsüchtigen Blicken seine Aufmerksamkeit gesucht hatte.
„Sie sehen aus, als hätten Sie einen schweren Tag gehabt“, hatte sie eine vorsichtige Annäherung gewagt.
„Mein Job ist teuflisch“, hatte Michael betont abweisend reagiert.
Dann hatte sie sein Interesse geweckt, als sie erwähnte, dass sie für Maria arbeitete, die als Professorin an einer Universität eine Antiquitätenabteilung zur Unterstützung ihres Geschichtskurses leitete. Er hatte aufgehorcht. Diese Abteilung könnte seine Nadel im Heuhaufen sein. Michael hatte sein schönstes Lächeln aufgesetzt und sich mit Lilli für den nächsten Abend dort verabredet. Schon beim ersten Blick in den mit Antiquitäten gefüllten Raum, hatte er den Dolch, den er bis dahin nur von Jareds Zeichnung kannte, in einer Glasvitrine entdeckt. Michaels Herz hatte sich vor Begeisterung überschlagen und es hatte ihn viel innere Kraft gekostet, sich nicht anmerken zu lassen, wie viel ihm dieser Dolch bedeutete. Michael hatte sofort gewusst, dass Maria das Vertrauen eines Avatars genoss. Denn nur ein Avatar hatte die Macht, den Söhnen der Nacht den Dolch der Auferstehung zu entreißen.
Die letzten vier Wochen hatte Michael die Arbeitsgewohnheiten der Professorin studiert. Sie ging nie vor Mitternacht. Von daher musste er nur warten, bis Lilli pünktlich elf Uhr verschwand. Heute Nacht hatte er das Schicksal der Welt besiegelt und einen wichtigen Teil dazu beigetragen, dass der Schöpfer auferstand. Stolz dachte Michael an seine Bluttat zurück, die vor einer halben Stunde den Beginn einer dunklen Welt angekündigt hatte. Maria Duvall lag blutüberströmt auf dem
polierten Linoleumboden der Universität. Sie war völlig arglos gewesen.
„Sie haben Lilli um zehn Minuten verpasst, junger Mann.“
Michael hatte ein charmantes Lächeln aufgelegt, das Lächeln eines Mannes, der half, der Welt die Sonne zu stehlen. „Ich möchte zu Ihnen, Professorin, denn ich habe den Auftrag, den Dolch der Auferstehung zu seinem rechtmäßigen Besitzer zurückzubringen.“ Michael hatte das Entsetzen in ihren Augen genossen, als er ihr erklärte: „Gestatten: Michael, Verbündeter der Söhne der Nacht.“
„Du bekommst den Dolch nur über meine Leiche“, hatte sich die kleine Professorin kämpferisch gegeben.
„Meinetwegen“, hatte er kalt erwidert, war an sie herangetreten und' hatte ihr diesen Gefallen mit einem Schnitt durch die Kehle getan. Michael liebte den süßlichen Geruch vergossenen Blutes, es berauschte ihn unglaublich. Er fühlte sich wie ein
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