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Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Titel: Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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eigentlich: ›die Stadt auf den Hügeln‹. Hier oben haben seit der Steinzeit Menschen gewohnt. Das hängt natürlich mit der besonderen Lage des Ortes zusammen.
    Es war leicht, dieses Hochplateau gegen Feinde zu verteidigen. Als Athen sich unten auf der Fläche vor dem Plateau immer weiter ausdehnte, wurde die Akropolis als Festung und als Tempelgebiet genutzt. In der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts vor Christus tobte ein bitterer Krieg gegen die Perser und im Jahre 480 ließ der persische König Xerxes Athen plündern und alle alten Holzbauten der Akropolis niederbrennen. Im folgenden Jahr wurden die Perser geschlagen und nun setzte Athens goldenes Zeitalter ein, Sofie.
    Die Akropolis wurde wieder aufgebaut – stolzer und schöner denn je –, und sie wurde von nun an zum reinen Tempelgebiet. Gerade zu dieser Zeit ging Sokrates durch die Straßen und über die Marktplätze und sprach mit den Athenern. Auf diese Weise konnte er den Wiederaufbau der Akropolis und die Errichtung all der stolzen Bauten beobachten, die wir hier sehen. Das war vielleicht ein Bauplatz! Hinter mir siehst du den größten Tempel. Er heißt Parthenon – oder ›Jungfrauenwohnung‹ – und wurde zu Ehren der Göttin Athene errichtet, der Schutzgöttin von Athen. Dieses große Bauwerk aus Marmor weist keine einzige gerade Linie auf, alle vier Seiten zeigen eine schwache Krümmung. Auf diese Weise sollte das Gebäude lebhafter wirken. Obwohl der Tempel von enormen Dimensionen ist, wirkt er für das Auge nicht so plump. Und das liegt eben an einem optischen Betrug. Auch die Säulen sind leicht nach innen abgeschrägt und würden eine Pyramide von 1500 Meter Höhe bilden, wenn sie lang genug wären, um sich über dem Tempel in einem Punkt zu begegnen. Das Einzige, was sich in diesem riesigen Bauwerk befand, war eine zwölf Meter hohe Statue von Athene. Ich muss noch hinzufügen, dass der weiße Marmor, der in mehreren lebhaften Farben bemalt war, von einem sechzehn Kilometer entfernten Berg hergeholt wurde ...«
    Sofies Herz hämmerte wild. War das wirklich ihr Philosophielehrer, der da per Video zu ihr sprach? Sie hatte ja nur einmal im Dunkeln seine Umrisse gesehen. Aber es konnte durchaus derselbe Mann gewesen sein, der jetzt auf der Akropolis in Athen stand.
    Nun begann er, an der Längsseite des Tempels entlangzugehen und die Kamera folgte ihm dabei. Schließlich trat er an den Rand des Felsens und wies über die Landschaft. Die Kamera fixierte ein altes Theater unterhalb des Akropolis-Plateaus.
    »Da siehst du das alte Dionysos-Theater«, fuhr der Mann mit der Baskenmütze fort. »Es ist wahrscheinlich das allerälteste Theater in Europa. Hier wurden die Stücke der großen Tragödiendichter Aischylos, Sophokles und Euripides aufgeführt, noch zu Lebzeiten des Sokrates. Ich habe die Tragödie über den unseligen König Ödipus erwähnt. Die hatte hier ihre Uraufführung. Aber es wurden auch Komödien gespielt. Der bekannteste Komödiendichter war Aristophanes , der unter anderem eine boshafte Komödie über das Stadtoriginal Sokrates schrieb. Ganz hinten siehst du die steinerne Wand, vor der die Schauspieler auftraten. Sie hieß skené und hat ihren Namen an unser Wort ›Szene‹ weitergereicht. Das Wort Theater stammt übrigens von einem alten griechischen Wort für ›schauen‹ ab. Aber wir wollen bald zur Philosophie zurückkehren, Sofie. Wir drehen eine Runde um den Parthenon und gehen dann durch die Eingangspartie nach unten ...«
    Jetzt ging der kleine Mann um den großen Tempel herum, wobei zu seiner Rechten einige kleinere Tempel lagen. Dann ging er die Treppe zwischen einigen hohen Säulen hinunter. Als er den Fuß des Akropolis-Plateaus erreicht hatte, stieg er auf eine kleine Anhöhe und zeigte auf Athen:
    »Die Anhöhe, auf der wir stehen, heißt Areopag . Hier behandelte das höchste Gericht Athens Mordfälle. Viele hundert Jahre später stand hier der Apostel Paulus und erzählte den Athenern über Jesus und das Christentum. Aber auf diese Rede werden wir bei späterer Gelegenheit noch zurückkommen. Unten links siehst du die Ruinen des alten Athener Marktplatzes. Abgesehen von dem großen Tempel des Schmiedegottes Hephaistos sind nur noch Marmorblöcke erhalten. Wir gehen hinunter ...«
    Im nächsten Moment tauchte er zwischen den alten Ruinen wieder auf. Hoch oben unter dem Himmel – und ganz oben auf Sofies Bildschirm – ruhte der große Athene-Tempel auf der Akropolis. Der Philosophielehrer setzte sich

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