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Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Titel: Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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erkennen, denn sie hatte eine schwarze Spur hinterlassen.
    »Wie würdest du die Bewegung dieser Murmel beschreiben?«, fragte Alberto.
    »Als Bogen ... sieht aus wie ein Teil eines Kreises.«
    »Genau getroffen!«
    Alberto sah zu ihr auf und hob die Augenbrauen.
    »Obwohl es nicht genau ein Kreis ist. Diese Figur nennt man Parabel.«
    »Von mir aus.«
    »Aber warum bewegt sich die Kugel genau so ?«
    Sofie dachte gut nach. Schließlich sagte sie:
    »Weil die Platte eine Neigung hat, wird die Kugel von der Schwerkraft zu Boden gezogen.«
    »Ja, nicht wahr? Das ist nicht weniger als eine Sensation. Ich hole mir irgendein Mädchen auf meinen Dachboden und schon kommt sie nach einem einzigen Versuch bereits zur selben Erkenntnis wie Galilei.«
    Er klatschte in die Hände und Sofie befürchtete für einen Moment, er könne leicht verrückt geworden sein. Er fuhr fort:
    »Du hast gesehen, was passiert, wenn zwei Kräfte gleichzeitig auf denselben Gegenstand einwirken. Galilei entdeckte, dass das auch für zum Beispiel eine Kanonenkugel gilt. Sie wird in die Luft geschossen und fliegt dann weiter, wird aber schließlich auch zu Boden gezogen. Und dann hat sie eine Bahn beschrieben, die der unserer Murmel auf der schiefen Ebene entspricht. Und das war zu Galileis Zeit wirklich eine neue Entdeckung. Aristoteles glaubte, ein in die Luft geschleudertes Projektil würde zuerst einen schwachen Bogen beschreiben und dann glatt zu Boden plumpsen. Aber das stimmte nicht und man konnte erst wissen, dass Aristoteles sich geirrt hatte, als man es demonstrierte.«
    »Von mir aus. Aber ist das wirklich wichtig?«
    »Und ob das wichtig ist! Das ist von kosmischer Bedeutung, mein Kind. Von allen wissenschaftlichen Entdeckungen in der Geschichte der Menschheit ist das hier eine der allerwichtigsten.«
    »Dann tippe ich, du wirst mir gleich erklären, warum.«
    »Später kam der englische Physiker Isaac Newton , der von 1642 bis 1727 lebte. Ihm verdanken wir die endgültige Beschreibung des Sonnensystems und der Bewegungen der Planeten. Er konnte nicht nur beschreiben, wie die Planeten sich um die Sonne bewegen. Er konnte außerdem genau erklären, warum sie das tun. Das gelang ihm unter anderem durch den Hinweis auf Galilei und dessen Trägheitsgesetz, das er, wie wir hörten, endgültig formulierte.«
    »Sind die Planeten Murmeln auf einer schiefen Ebene?«
    »So ungefähr, ja. Aber warte noch einen Moment, Sofie.«
    »Ich habe ja wohl keine Wahl.«
    »Schon Kepler hatte darauf hingewiesen, dass es eine Kraft geben muss, die die Anziehungskraft unter den Planeten bewirkt. Von der Sonne muss zum Beispiel eine Kraft ausgehen, die die Planeten auf ihren Bahnen festhält. Eine solche Kraft kann außerdem erklären, warum die Planeten sich in Sonnennähe schneller bewegen als weiter entfernt von der Sonne. Kepler meinte außerdem, dass Ebbe und Flut – also das Steigen und Sinken der Meeresoberfläche – von einer Kraft des Mondes abhängig sind.«
    »Und das stimmt ja auch.«
    »Ja, das stimmt. Aber Galilei stritt das ab. Er machte sich lustig über Kepler und dessen, wie er meinte, fixe Idee, ›dass der Mond das Wasser beherrscht‹. Galilei bestritt nämlich die Annahme, dass solche Kräfte über weite Entfernung und damit zwischen den Planeten wirken könnten.«
    »Da hat er sich geirrt.«
    »Ja, in diesem Punkt hat er sich geirrt. Und das ist fast schon komisch, weil er sich sonst sehr mit der Schwerkraft der Erde und dem Fall der Körper zum Boden beschäftigte. Er hat außerdem aufgezeigt, wie mehrere Kräfte die Bewegungen eines Körpers steuern können.«
    »Aber du hast Newton erwähnt?«
    »Ja, dann kam Newton. Er hat das so genannte Gesetz der allgemeinen Gravitation formuliert. Dieses Gesetz sagt, dass jeder Gegenstand an jedem anderen Gegenstand mit einer Kraft zieht, die wächst, je größer die Gegenstände sind, und die sich mit wachsender Entfernung zwischen den Gegenständen verringert.«
    »Ich glaube, ich verstehe. Zwischen zwei Elefanten besteht zum Beispiel größere Anziehungskraft als zwischen zwei Mäusen. Und zwischen zwei Elefanten im selben Zoo besteht größere Anziehungskraft als zwischen einem indischen Elefanten in Indien und einem afrikanischen Elefanten in Afrika.«
    »Dann hast du alles verstanden. Und jetzt kommt das Wichtigste. Newton hat betont, dass diese Anziehungskraft – oder Gravitation – universell ist. Das heißt, sie gilt überall, auch im Weltraum zwischen den Himmelskörpern. Angeblich kam

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