Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie
Wissenschaftler Galileo Galilei . Auch er betrachtete die Himmelskörper mit dem Fernrohr. Er studierte die Krater auf dem Mond und stellte fest, dass es dort genau wie auf der Erde Berge und Täler gibt. Galilei entdeckte außerdem, dass der Planet Jupiter vier Monde hat. Die Erde war also nicht der einzige Planet mit einem Mond. Das Wichtigste aber war, dass Galilei das so genannte Trägheitsgesetz entdeckte.«
»Und dieses Gesetz besagt?«
»›Jeder Körper verharrt im Zustand der Ruhe oder der gleichförmigen Bewegung in geradliniger Bahn, solange er nicht durch von außen wirkende Kräfte gezwungen wird, diesen Zustand zu ändern.‹ So hat er das allerdings noch nicht formuliert. Das hat erst später Isaac Newton getan.«
»Von mir aus.«
»Seit der Antike hatte eines der wichtigsten Argumente dagegen, dass die Welt sich um ihre eigene Achse dreht, gelautet, dass die Erde sich dann so schnell bewegen müsse, dass ein senkrecht in die Luft geworfener Stein viele Meter weiter weg wieder herunterfallen würde.«
»Und warum ist es nicht so?«
»Wenn du in der Eisenbahn sitzt und einen Apfel fallen lässt, dann fällt der Apfel nicht weit hinter dir herunter, weil sich der Zug bewegt. Er fällt direkt bei dir herunter. Und das liegt am Gesetz der Trägheit. Der Apfel behält dieselbe Geschwindigkeit bei, die er hatte, ehe du ihn fallen gelassen hast.«
»Ich glaube, ich verstehe.«
»Nun gab es zu Galileis Zeit keine Züge. Aber wenn du eine Kugel über den Boden rollst – und sie dann plötzlich loslässt ...«
»... dann rollt die Kugel weiter ...«
»... denn die Geschwindigkeit wird beibehalten, auch nachdem du die Kugel losgelassen hast.«
»Aber am Ende bleibt sie liegen, wenn das Zimmer lang genug ist.«
»Das liegt daran, dass andere Kräfte die Geschwindigkeit bremsen. Erstens bremst der Boden, vor allem unbehandelter Holzboden. Aber auch die Schwerkraft bringt die Kugel früher oder später zum Stillstand. Aber warte, ich zeige dir etwas.«
Jetzt stand Alberto Knox auf und ging zu dem alten Sekretär. Hier nahm er etwas aus einer Schublade und legte es dann auf den Couchtisch. Es war ganz einfach eine Holzplatte, die am einen Ende einige Millimeter dick und am anderen ganz dünn war. Neben die Holzplatte, die fast den ganzen Tisch bedeckte, legte er eine Murmel.
»Das hier nennt sich ›schiefe Ebene‹«, sagte er dann. »Was, glaubst du, wird geschehen, wenn ich die Murmel hier oben loslasse, wo die Platte am dicksten ist?«
Sofie seufzte. »Ich wette zehn Kronen, dass sie auf den Tisch hinunterkullert und am Ende auf den Boden fällt.«
»Wir werden sehen.«
Alberto ließ die Murmel los, und sie verhielt sich genauso, wie Sofie prophezeit hatte. Sie kullerte auf den Tisch, rollte weiter über die Tischplatte, traf mit einem kleinen Knall auf den Boden auf und stieß am Ende gegen die Türschwelle.
»Beeindruckend«, sagte Sofie.
»Ja, nicht wahr? Und solche Experimente hat Galilei angestellt, verstehst du.«
»War er wirklich so blöd?«
»Immer mit der Ruhe. Er wollte alles mit eigenen Sinnen untersuchen und wir haben gerade erst angefangen. Erzähl mir zuerst, warum die Murmel die schiefe Ebene hinunterrollt.«
»Sie fängt an zu rollen, weil sie schwer ist.«
»Na gut. Und was ist eigentlich Schwere, mein Kind?«
»Jetzt stellst du aber wirklich blöde Fragen.«
»Ich stelle keine blöden Fragen, wenn du nicht antworten kannst. Warum ist die Murmel auf den Boden gerollt?«
»Aufgrund der Schwerkraft.«
»Genau – oder der Gravitation , wie wir auch sagen. Gewicht hat also etwas mit der Schwerkraft zu tun. Und diese Kraft hat die Murmel in Bewegung gesetzt.«
Alberto hatte die Murmel schon vom Fußboden aufgehoben. Er beugte sich damit über die schiefe Ebene.
»Jetzt werde ich versuchen, die Murmel quer über die schiefe Ebene zu rollen«, sagte er. »Sieh dir genau an, wie sie sich bewegt.«
Er bückte sich und zielte. Dann versuchte er, die Murmel quer über die schiefe Ebene zu rollen. Sofie sah, dass die Murmel alsbald abbog und die schiefe Ebene hinuntergezogen wurde.
»Was ist passiert?«, fragte Alberto.
»Sie ist schief gerollt, weil es eine schiefe Ebene ist.«
»Jetzt werde ich sie mit einem Filzstift anmalen ... dann können wir uns vielleicht genau ansehen, was du mit ›schief‹ gemeint hast.«
Er griff zu einem Filzstift und färbte die Murmel schwarz. Dann ließ er sie wieder rollen. Sofie konnte die Bahn der Murmel auf der schiefen Ebene genau
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