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Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Titel: Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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als Beweis für den großen und allmächtigen Gott. Schlimmer stand es vielleicht mit dem Selbstbild der Menschen.«
    »Wie meinst du das?«
    »Seit der Renaissance hatte sich der Mensch an den Gedanken gewöhnen müssen, dass er auf einem zufälligen Planeten im gewaltigen Weltraum lebt. Ich weiß nicht einmal, ob wir uns inzwischen so ganz daran gewöhnt haben. Aber schon in der Renaissance behaupteten einige, der Mensch würde jetzt mehr in den Mittelpunkt gerückt als bisher.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Bisher war die Erde der Mittelpunkt der Welt gewesen. Aber als die Astronomen erklärten, dass es im Universum keinen absoluten Mittelpunkt gibt, entstanden so viele Mittelpunkte, wie es Menschen gibt.«
    »Ich verstehe.«
    »Die Renaissance brachte auch ein neues Gottesbild mit sich. Als sich Philosophie und Wissenschaft von der Theologie trennten, entstand auch langsam eine neue christliche Frömmigkeit. Dann setzte die Renaissance mit ihrem neuen Menschenbild ein. Und das war auch für die Religionsausübung von Bedeutung. Wichtiger als das Verhältnis zur Kirche als Organisation wurde das persönliche Verhältnis des Einzelnen zu Gott.«
    »Das persönliche Abendgebet zum Beispiel?«
    »Ja, auch das. In der katholischen Kirche des Mittelalters hatten die lateinische Liturgie der Kirche und ihre rituellen Gebete das eigentliche Rückgrat des Gottesdienstes gebildet. Nur Priester und Mönche lasen in der Bibel, denn es gab sie nur auf Lateinisch. Aber während der Renaissance wurde die Bibel aus dem Aramäischen und Griechischen in die Volkssprachen übersetzt. Das war wichtig für die so genannte Reformation ...«
    »Martin Luther ...«
    »Ja, Luther war wichtig, aber er war nicht der einzige Reformator. Es gab auch kirchliche Reformatoren, die trotzdem innerhalb der römisch-katholischen Kirche wirken wollten. Einer von ihnen war Erasmus von Rotterdam .«
    »Luther hat mit der katholischen Kirche gebrochen, weil er keinen Ablass bezahlen wollte?«
    »Das auch, ja, aber es ging um etwas viel Wichtigeres. Luther zufolge brauchte der Mensch nicht den Umweg über die Kirche oder ihre Priester zu machen, um Gottes Vergebung zu erlangen. Noch viel weniger war Gottes Vergebung von einer an die Kirche bezahlten Ablasssumme abhängig. Der so genannte Ablasshandel wurde um die Mitte des 16. Jahrhunderts auch in der katholischen Kirche verboten.«
    »Darüber hat Gott sich sicher gefreut.«
    »Luther hat sich überhaupt von vielen religiösen Gebräuchen und Glaubenssätzen distanziert, die die Kirche im Mittelalter entwickelt hatte. Er wollte zurück zum ursprünglichen Christentum, so, wie wir es im Neuen Testament finden. ›Die Schrift allein‹, sagte er. Mit diesem Motto wollte Luther zurück ›zu den Quellen‹ des Christentums, so, wie die Humanisten der Renaissance zurück zu den antiken Quellen der Kunst und Kultur wollten. Er übersetzte die Bibel ins Deutsche und schuf damit die Grundlage der hochdeutschen Schriftsprache. Jedermann sollte die Bibel lesen und gewissermaßen als sein eigener Pastor fungieren können.«
    »Als sein eigener Pastor? Ging das nicht ein bisschen weit?«
    »Er meinte, dass die Priester in keiner besonderen Beziehung zu Gott stehen. Auch die lutheranischen Gemeinden stellten aus praktischen Gründen Pastoren an, die die Gottesdienste abhielten und die täglichen kirchlichen Aufgaben erledigten. Aber er meinte, dass der Mensch nicht durch kirchliche Rituale Gottes Vergebung und die Befreiung von seinen Sünden erlangt. Erlösung werde dem Menschen ganz ›gratis‹ durch den Glauben allein zuteil, sagte er. Diese Erkenntnis war ihm durch seine Bibellektüre gekommen.«
    »Luther war also auch ein typischer Renaissancemensch?«
    »Ja und nein. Ein typischer Renaissancezug war das Gewicht, das er auf den Einzelnen und seine persönliche Beziehung zu Gott legte. Er lernte im Alter von 35 Jahren Griechisch und machte sich an die mühselige Arbeit, die Bibel ins Deutsche zu übersetzen. Auch dass die Volkssprache das Lateinische ersetzte, war typisch für die Renaissance. Aber Luther war kein Humanist wie Ficino oder Leonardo da Vinci . Einige Humanisten, wie Erasmus von Rotterdam, kritisierten ihn wegen seines ihrer Ansicht nach allzu negativen Menschenbildes. Luther betonte nämlich, dass der Mensch durch den Sündenfall total vernichtet sei. Nur durch Gottes Gnade könne der Mensch ›gerechtfertigt‹ werden, meinte er. Denn der Lohn der Sünde sei der Tod.«
    »Das klingt

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