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Sog des Grauens

Titel: Sog des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
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Tatsachen nicht mehr übereinstimmte. Er sagte langsam: »Bei seiner jetzigen Geschwindigkeit wird er die Atlantikküste in etwa sechs Tagen erreichen; aber ich glaube, er wird noch schneller wachsen. Seine jetzige Geschwindigkeit ist immer noch unterdurchschnittlich.«
    Schelling sah gedankenverloren auf die Schreibtischplatte. »Und wie ist sein Kurs?«
    Das war die heikle Frage. »Wie vorausgesagt«, antwortete Wyatt vorsichtig. »Er könnte ihn natürlich ändern – das haben ja viele getan.«
    »Wir müssen uns wohl lieber absichern«, sagte Schelling. »Ich werde dem Wetteramt ein Fernschreiben schicken; sie werden zwei Tage darauf sitzen und dann eine Hurrikanwarnung an die Südoststaaten geben. Natürlich wird viel davon abhängen, was er in den nächsten zwei Tagen tut, aber sie wissen dann wenigstens, daß wir hier unten auf dem Posten sind.«
    Wyatt setzte sich unaufgefordert hin. Er sagte: »Was ist mit den Inseln?«
    »Sie werden die Warnung auch bekommen«, sagte Schelling. »Wie üblich. Wo befindet sich Mabel jetzt genau?«
    »Er ist zwischen Grenada und Tobago durchgeschlüpft«, sagte Wyatt. »Er hat ihnen schwer zu schaffen gemacht, nach dem, was ich eben gelesen habe, aber es ging noch glimpflich ab. Er steht jetzt gerade nördlich von Testigos.« Er machte eine Pause. »Wenn er seinen derzeitigen Kurs beibehält, wird er über Yucatan nach Mexiko und Texas ziehen, genau wie Janet und Hilda 1955.«
    »Das wird er nicht tun«, sagte Schelling gereizt. »Er wird nach Norden abbiegen.«
    »Janet und Hilda taten es nicht«, bemerkte Wyatt. »Und nehmen wir an, er biegt wirklich nach Norden ab, wie normalerweise zu erwarten ist. Er braucht nur ein klein wenig weiter herumzuschwenken, als nach der Theorie vorauszusagen ist, und wir haben ihn hier vor der Tür.«
    Schelling blickte auf. »Wollen Sie mir allen Ernstes sagen, daß Mabel nach San Fernandez kommen könnte?«
    »Ja, das will ich«, sagte Wyatt. »Haben Sie eine örtliche Warnung herausgegeben?«
    Schellings Augen flackerten. »Nein, das habe ich nicht. Das halte ich nicht für notwendig.«
    »Sie halten es nicht für notwendig? Ich hätte gedacht, das Beispiel von 1910 hätte es sehr notwendig erscheinen lassen.«
    Schelling schnaufte verächtlich. »Sie kennen doch die Regierung dieses Operettenstaates. Wir sagen ihnen etwas – sie tun absolut nichts. Sie haben es nie für nötig gehalten, ein Hurrikan-Warnsystem einzurichten – das wäre ja Geld gewesen, das nicht in Serruriers Taschen geflossen wäre. Können Sie sich vorstellen, daß er so etwas tut? Wenn ich sie warnte, was wäre damit erreicht?«
    »Sie hätten es zu Papier stehen«, sagte Wyatt, auf Schellings schwache Stelle zielend.
    »Das ist zu bedenken«, sagte Schelling nachdenklich. Dann zuckte er die Schultern. »Es ist immer schwer zu wissen, an wen man die Meldung geben soll. Wir haben es in der Vergangenheit an Descaix, den Minister für Inselangelegenheiten, gemeldet, aber Serrurier hat diesen Posten jetzt selbst übernommen – und Serrurier etwas melden ist nie leicht, das wissen Sie doch.«
    »Wann geschah das?«
    »Er hat Descaix gestern abgesetzt – Sie wissen, was das bedeutet. Descaix ist entweder tot, oder er ist im Turm Rambeau und wünscht, er wäre tot.«
    Wyatt zog die Stirn kraus. Descaix, der Chef der Sicherheitspolizei, war also weg – hinweggefegt bei einer von Serruriers plötzlichen Hausputzaktionen. Aber Descaix war seine rechte Hand gewesen; etwas sehr Schlimmes mußte passiert sein, daß er seine Machtstellung verlieren konnte. ›Favel kommt aus den Bergen herunter.‹ Wyatt schob den Gedanken beiseite – was hatte das mit der Gewalt von Hurrikans zu tun?
    »Sie sollten es dann doch lieber Serrurier melden«, sagte er.
    Schelling lächelte dünn. »Ich bezweifle, ob Serrurier gerade jetzt in der Stimmung ist, sich unangenehme Nachrichten anzuhören.« Er trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte. »Aber ich werde es jemandem im Palast melden – damit wir es in den Akten haben.«
    »Sie haben doch natürlich Commodore Brooks Meldung gemacht«, sagte Wyatt beiläufig.
    »Äh … er weiß von Mabel … ja.«
    »Weiß er alles über Mabel?« fragte Wyatt scharf. »Was für ein Hurrikan er ist?«
    »Ich habe ihm die üblichen routinemäßigen Berichte gegeben«, sagte Schelling steif. Er beugte sich vor. »Hören Sie, Wyatt, dieser Hurrikan scheint es Ihnen besonders angetan zu haben. Wenn Sie etwas über ihn zu berichten haben – und

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