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Sog des Grauens

Titel: Sog des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
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sagte: »So, jetzt treten Sie zurück!« Wyatt trat zurück, und der Marineinfanterist kam und hob die Brieftasche auf, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Er öffnete sie und untersuchte den Inhalt, dann winkte er den Männern im Turm. Er hielt die Brieftasche hin und sagte: »Sie können passieren, Mr. Wyatt.«
    »Zum Teufel, was ist bloß hier los?« fragte Wyatt ärgerlich.
    Der Posten legte seine Maschinenpistole in die Armbeuge und kam näher heran. »Die hohen Herren haben beschlossen, eine Sicherheitsübung abzuhalten, Mr. Wyatt. Ich muß so tun, als ob – der Leutnant beobachtet mich.«
    Wyatt grunzte verächtlich und stieg in seinen Wagen. Der Marineinfanterist lehnte sich gegen die Tür und sagte: »Ich würde nicht zu schnell durch das Tor fahren, Mr. Wyatt; die Maschinengewehre dort oben sind wirklich geladen.« Er schüttelte traurig den Kopf. »Es wird wohl tatsächlich noch jemand erschossen werden bei dieser Übung.«
    »Nicht ich«, versprach Wyatt.
    Der Marineinfanterist grinste, und zum erstenmal erschien ein Ausdruck von Begeisterung auf seinem Gesicht. »Vielleicht bekommt der Leutnant einen Schuß in den Hintern.« Er trat zurück und winkte Wyatt durch. Während Wyatt zu seinem Büro fuhr, erschien ihm der Stützpunkt wie ein bewaffnetes Heerlager. Alle Waffenstände waren besetzt, und die Soldaten liefen in kriegsmäßiger Aufmachung umher. Lastwagen donnerten durch die Straßen, und in der Nähe der Wetterwarte stand eine Reihe von Panzerwagen mit laufenden Motoren. Für einen Augenblick dachte er daran, was der alte Mann gesagt hatte – Favel kommt aus den Bergen herunter. Er schüttelte gereizt den Kopf.
    In seinem Büro griff er als erstes zum Telefon und rief die Verteilerstelle an. »Was gibt es Neues über Mabel?«
    »Was? Oh – Mabel! Wir haben die neuesten Bilder von Tiros; sie sind vor einer halben Stunde gekommen.«
    »Schicken Sie sie mir schnell herüber!«
    »Können wir leider nicht«, sagte die blecherne Stimme. »Alle Melder sind für diese Übung eingesetzt.«
    »Ich komme selbst rüber«, sagte Wyatt und knallte den Hörer hin. Er war wütend über die Verzögerung. Er fuhr zur Verteilerstelle, holte die Fotos und fuhr zurück. Dann setzte er sich an seinen Schreibtisch, um sie zu studieren.
    Nach fast einer Stunde war er noch zu keinen festen Schlüssen gekommen. Mabel zog ein wenig schneller – achtzehn Kilometer in der Stunde – und war noch auf seinem vorhergehenden Kurs. Er würde mit so großem Abstand an San Fernandez vorbeiziehen, daß die Insel nur einen Schwanzschlag abbekommen würde – einige Stunden kräftiger Winde und schwerer Regenfälle. Das war die Theorie.
    Er überlegte, was er als nächstes tun sollte. Er hatte kein großes Vertrauen in die Theorie, auf die Schelling schwor. Er hatte zu oft erlebt, daß Hurrikans unerklärliche Schwankungen machten, daß Inseln blank gefegt wurden, obwohl die Theorie sagte, der Hurrikan sollte an ihnen vorbeiziehen. Und er war Westinder – genauso sehr Westinder wie der alte schwarze Mann oben bei St. Michel, der sein Haus gegen den großen Wind befestigte. Sie hatten das gleiche Gefühl bei diesem Hurrikan; ein Mißtrauen, das sich als eine innere Unruhe bemerkbar machte. Wyatts Vorfahren hatten erst vierhundert Jahre auf den Inseln gelebt, aber der Schwarze hatte Kariben unter seinen Vorfahren, die zu Hunraken, dem Sturmgott, gebetet hatten. Er vertraute seinen Gefühlen stark genug, um wirkliche Schritte zu unternehmen, und Wyatt meinte, er dürfte nicht weniger tun, auch wenn er diese Sache nicht so beweisen konnte, wie es seine Ausbildung verlangte.
    Er fühlte sich recht unsicher, als er zu Schelling ging.
    Schelling schien beschäftigt zu sein, aber er schien schließlich immer beschäftigt zu sein. Er hob den Kopf, als Wyatt sein Büro betrat und sagte: »Ich dachte, Sie hätten einen freien Nachmittag.«
    »Ich bin zurückgekommen, um mich nach Mabel zu erkundigen«, sagte Wyatt. »Er ist schneller geworden.«
    Schelling legte seinen Federhalter hin und schob den Formularblock zurück. »Was hat er jetzt für eine Geschwindigkeit?«
    »Er hat in den letzten neun Stunden hundertsechzig Kilometer zurückgelegt – etwa achtzehn Kilometer pro Stunde. Er fing mit dreizehn an, erinnern Sie sich?« Wyatt dachte, das war die Art, an Schelling heranzukommen – etwas von der Unruhe auf ihn zu übertragen, ihn daran zu erinnern, daß die Vorhersage, die er an das Wetteramt geschickt hatte, jetzt mit den

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