Sog des Grauens
ich wünsche Tatsachen –, packen Sie sofort aus! Wenn Sie aber keine konkreten Beweise haben, halten Sie in Gottes Namen Ihren Mund, und gehen Sie an Ihre Arbeit!«
»Sie haben Brooks die routinemäßigen Berichte gegeben«, wiederholte Wyatt leise. »Schelling, ich will mit Brooks sprechen.«
»Commodore Brooks hat augenblicklich – wie Serrurier – keine Zeit, sich Wetterberichte anzuhören.«
Wyatt stand auf. »Ich gehe zu Commodore Brooks«, sagte er standhaft.
Schelling war schockiert. »Wollen Sie sagen, Sie werden über meinen Kopf gehen?«
»Ich will mit Brooks sprechen«, wiederholte Wyatt verbissen. »Mit Ihnen oder ohne Sie.«
Er wartete auf den Ausbruch, und für einen Augenblick sah es aus, als würde Schelling explodieren, aber er sagte nur kurz: »Gut, ich werde ein Gespräch mit dem Commodore arrangieren. Warten Sie in Ihrem Büro, bis Sie gerufen werden! Es kann eine Weile dauern.« Er lächelte böse. »Sie werden sich nicht übermäßig populär machen.«
»Ich beteilige mich nicht an einem Popularitätswettbewerb«, sagte Wyatt ungerührt. Er drehte sich um und verließ Schellings Büro, verwundert darüber, daß Schelling so schnell nachgegeben hatte. Dann lachte er verächtlich. Die Berichte, die Schelling an Brooks geschickt hatte, mußten recht dürftig gewesen sein, und Schelling konnte sich nicht leisten, ihn mit Brooks sprechen zu lassen, ohne zuerst seine eigenen Ansichten vorzutragen. Er war vielleicht schon jetzt bei Brooks und spann sein Garn.
***
Der Anruf kam erst nach anderthalb Stunden, und Wyatt brachte die Zeit damit zu, einige interessante Statistiken für Brooks zusammenzustellen – eine schwache Stütze, aber alles, was er hatte, außer dem starken Gefühl in seinen Eingeweiden, daß eine Katastrophe bevorstand. Brooks würde sich nicht für seine Gefühle und Eingebungen interessieren.
Das Büro von Brooks war das ruhige Zentrum in einem Sturm. Wyatt mußte einige Minuten in einem der Vorzimmer warten und sah das organisierte Chaos, das in einer Krise auch die beste Organisation befällt, und er bekam Zweifel, ob hier nur eine der gewohnten Übungen durchgespielt wurde. Aber als er zu Brooks ins Büro kam, war es dort ruhig und friedlich; der Schreibtisch war leer, eine große, polierte Teakholzfläche ohne ein Stück Papier darauf, und der Commodore saß dahinter, ordentlich und gepflegt, und richtete seinen steinernen, durchdringenden, aber neutralen Blick auf Wyatt. Schelling stand an der Seite, seine Hände hinter dem Rücken, wie ein Soldat in Rührt-euch-Stellung.
Brooks sagte in gleichmütigem Ton: »Ich habe eben gehört, daß es einen fachlichen Disput unter den Meteorologen gibt. Geben Sie mir bitte Ihre Ansichten, Mr. Wyatt!«
»Wir haben einen Hurrikan unter Beobachtung, Sir«, sagte Wyatt. »Einen sehr schlimmen. Ich halte es für möglich, daß er San Fernandez heimsucht. Commander Schelling, glaube ich, ist anderer Meinung.«
»Ich habe Commander Schellings Ansichten eben gehört«, sagte Brooks und bestätigte damit den Verdacht, den Wyatt gehegt hatte. »Was ich hören möchte, sind Ihre Befunde. Ich möchte aber darauf hinweisen, daß ich, bevor ich die Tatsachen erfahren habe, die Sie mir vortragen werden, die Wahrscheinlichkeit für einen Hurrikan auf dieser Insel nicht für sehr groß halte. Der letzte, glaube ich, war 1910.«
Es war offensichtlich, daß Schelling ihm noch schnell einen kleinen Vortrag gehalten hatte.
Wyatt sagte: »Das stimmt, Sir. Damals gab es 6.000 Tote.«
Brooks zog die Augenbrauen hoch. »So viele?«
»Ja, Sir.«
»Fahren Sie fort, Mr. Wyatt!«
Wyatt gab ihm einen Überblick über die Ereignisse seit der Entdeckung und Erkundung von Mabel. Er sagte: »Alles deutet daraufhin, daß Mabel ein besonders böses Exemplar ist; das Druckgefälle ist außergewöhnlich steil, und die dadurch entstehenden Windgeschwindigkeiten sind bemerkenswert hoch. Lieutenant-Commander Hansen sagte, es sei das schlimmste Wetter gewesen, in dem er je geflogen sei.«
Brooks neigte den Kopf zur Seite. »Zugegeben, daß es ein schlimmer Hurrikan ist, welche Hinweise haben Sie dafür, daß er auf diese Insel stoßen wird? Ich glaube, Sie sprachen von einer Möglichkeit; das genügt mir nicht, Mr, Wyatt, – ich brauche etwas mehr, etwas wie eine hohe Wahrscheinlichkeit.«
»Ich habe einige Zahlen zusammengestellt«, sagte Wyatt und legte einige Blätter auf die makellose Schreibtischplatte. »Ich glaube, daß Commander Schelling
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