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Sog des Grauens

Titel: Sog des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
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erbeuten, bevor sie eingesetzt werden konnte. Wenn das der Fall war, konnte man ihn den glücklichsten Feldherrn der Geschichte nennen, denn es war nur dem Versagen des Artilleriegenerals der Regierung zuzuschreiben, daß sie nicht zum Einsatz kam. Aber Glück spielte auf dem Schlachtfeld immer mit.
    Er steckte seinen Kopf in kaltes Wasser, kam prustend wieder hoch und langte nach einem Handtuch. Er hatte sich eben abgetrocknet, als es an der Tür klopfte. Er warnte Eumenides durch ein Handzeichen. »Wer ist da?«
    »Ich bin es«, rief Julie.
    Er entspannte sich. »Kommen Sie herein, Miß Marlowe!«
    Julie sah ein wenig zermartert aus; sie hatte dunkle Ringe um die Augen, so als ob sie wenig Schlaf gefunden hätte, und sie sah unordentlich aus. Sie strich ihr Haar zurück und sagte: »Dieses Weib macht mich wahnsinnig.«
    »Was macht die liebe Warmington denn jetzt?«
    »Im Augenblick döst sie, Gott sei Dank. Dieses Weib hat Nerven – sie behandelte mich gestern abend wie ein Dienstmädchen und wurde böse, weil ich ihre Befehle nicht ausführen wollte. Mitten in der Nacht fing sie dann an zu heulen und jagte mich fast die Wände hoch. Ich mußte sie schließlich unter Luminal setzen.«
    »Schläft sie jetzt?«
    »Sie ist vorhin aufgewacht, aber sie ist so betäubt, daß sie nicht weiß, was los ist.«
    »Das ist vielleicht das beste«, sagte Causton, während er gleichzeitig nach dem Geschützdonner horchte. »Vielleicht ist es am besten, sie unter Betäubungsmitteln zu halten, bis wir hier heraus sind. Hoffentlich schafft Rawsthorne es rechtzeitig.« Er sah Julie an. »Sie sehen selbst nicht besonders gut aus.«
    »Ich bin ziemlich fertig«, gestand sie. »Ich habe nicht gut geschlafen. Die halbe Nacht war ich mit Mrs. Warmington beschäftigt. Als ich sie in Schlaf hatte, fand ich selbst keinen Schlaf – ich mußte an Dave und Mr. Dawson denken. Als ich endlich eingeschlafen war, weckten mich diese verdammten Kanonen wieder auf.« Sie warf die Arme vor das Gesicht und fuhr zusammen, als es wieder einmal besonders laut knallte. »Ich habe Angst – ich scheue mich nicht, es einzugestehen.«
    »Ich fühle mich selbst nicht besonders wohl«, sagte Causton trocken. »Wie sieht es bei Ihnen aus, Eumenides?« Der Grieche zuckte vielsagend mit den Schultern, grinste satanisch und fuhr sich mit dem Finger über die Kehle. Causton lachte. »Das beschreibt die Lage treffend.«
    Julie fragte: »Glauben Sie, daß es Zweck hätte, noch einen Versuch zu machen, Dave aus dem Gefängnis zu holen?«
    Causton unterdrückte das Bedürfnis zu fluchen. Als ein Mann, der durch Schreiben in englischer Sprache seinen Lebensunterhalt verdiente, hatte er immer die Meinung vertreten, daß Fluchen und der Gebrauch von unanständigen Wörtern einen Dummkopf kennzeichneten, der nicht fähig war, die großartigen Möglichkeiten der englischen Sprache zum vornehmen Ausdruck von Schmähungen voll auszuschöpfen. Aber in der vergangenen Nacht war er gezwungen worden, die ordinärsten Ausdrücke zu verwenden, als er dem völlig unzugänglichen Geist von Sous-Inspecteur Roseau gegenüberstand. Er hatte Rawsthorne schockiert, wenn auch vielleicht nicht Roseau.
    Er sagte: »Da ist leider nicht viel Hoffnung. Die Wände des Arrestgebäudes sind gewiß dick, aber die Schädel der Polizisten sind noch dicker. Vielleicht kann Favel ihn herausholen, wenn er sich beeilt.«
    Er stellte seinen Fuß auf die Bettkante, um seinen Schuh zuzuschnüren. »Ich hatte gestern abend ein Gespräch mit Rawsthorne; er erzählte mir einiges über Wyatts Hurrikan. Nach Rawsthorne ist es gar nicht sicher, daß ein Hurrikan kommt. Was wissen Sie darüber?«
    »Ich weiß, daß Dave sehr beunruhigt war«, sagte sie. »Besonders nachdem er den alten Mann gesehen hatte.«
    »Was für einen alten Mann?«
    Julie erzählte von dem alten Mann, der sein Dach befestigt hatte, und Causton kratzte sich den Kopf. Er sagte milde: »Für einen Meteorologen hat Wyatt eine recht unwissenschaftliche Arbeitsweise.«
    »Glauben Sie ihm nicht?« fragte Julie.
    »Das ist gerade das Verrückte – ich glaube ihm«, sagte Causton. »Ich will Ihnen etwas sagen, Julie: Ich verlasse mich immer auf meine Intuition, und sie läßt mich selten im Stich. Das ist ja der Grund, weshalb ich gerade jetzt auf dieser Insel bin. Mein Chefredakteur sagte mir, ich redete Unsinn – ich hatte keine echten Beweise dafür, daß es hier zum Knallen kommen würde – deshalb bin ich inoffiziell hier. Ja, ich

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