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Sog des Grauens

Titel: Sog des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
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gerade soviel dunkler zu tönen, daß die Leute nicht genauer hinsehen und sagen: ›Seht da, diesen Blanc!‹«
    Er rieb etwas von der Creme auf seine Hände und Handgelenke und sagte: »Jetzt brauche ich noch eine Staffage.«
    Julie starrte ihn an. »Was brauchen Sie?«
    »Ein Theaterrequisit. Ich bin durch die Korridore der Machtzentrale in Whitehall geschlendert, und niemand hat mich angehalten, weil ich ein Bündel Papiere in der Hand trug und so aussah, als wollte ich irgendwohin. Ich machte einen guten Fang in einem Krankenhaus, indem ich in einem weißen Kittel umherlief, mit einem aus der Tasche heraushängenden Stethoskop. Man muß versuchen, wie ein natürlicher Teil der Umgebung auszusehen – ein Stethoskop berechtigt mich zum Aufenthalt in einem Krankenhaus. Was berechtigt mich nun zum Aufenthalt auf dem Schauplatz eines Bürgerkrieges?«
    Eumenides grinste verschmitzt und sagte: »Eine Gewehr.«
    »Das stimmt leider«, sagte Causton bedauernd. »Aber da dürften draußen genug herumliegen. Vielleicht finde ich irgendwo ein Gewehr und vielleicht ein Uniformstück dazu, damit es überzeugend wirkt. Wo ist übrigens Ihr kleines Schießeisen, Eumenides?«
    »In der Bar. Wo ich ihm weggelegt 'abe.«
    »Gut. Also, ich gehe dann«, sagte Causton. Es gab eine schwere Explosion in der Nähe, und die Fenster klapperten in den Rahmen. »Es wird heißer. Schade, daß das Haus keinen Keller hat, Eumenides, ich glaube, Sie sollten alle lieber nach unten gehen – unter der Treppe ist wohl der beste Platz. Und wenn die Warmington hysterisch wird, knallen Sie ihr eine.«
    Eumenides nickte.
    Causton blieb an der Tür stehen. »Ich glaube nicht, daß ich lange wegbleiben werde, aber wenn ich um elf noch nicht zurück bin, komme ich überhaupt nicht zurück, und Sie müssen dann lieber losfahren. Wenn die Stadtbevölkerung herauskommt, könnte es auf der Straße schwierig werden, also warten Sie dann nicht auf mich!«
    Er ging, ohne auf eine Antwort zu warten, und rannte die Treppe hinunter in die Bar. Da standen Sodawasserflaschen auf der Theke, aber von der Pistole war nichts zu sehen. Er suchte eine Weile und gab dann auf. Er konnte nicht verstehen, wo sie geblieben war, aber er hatte keine Zeit zu vergeuden, deshalb durchquerte er die Halle und schritt auf die Straße hinaus.
    ***
    Mrs. Warmington war noch schläfrig, worüber Julie froh war. Sie öffnete ein Auge und fragte: »Wie spä' is' es?«
    »Es ist noch ganz früh«, sagte Julie. »Aber wir müssen nach unten gehen.«
    »Ich möchte schlafen«, sagte Mrs. Warmington undeutlich. »Lassen Sie das Mädchen in einer Stunde meinen Tee bringen!«
    »Aber wir müssen jetzt gehen«, sagte Julie fest. »Wir fahren bald weg.« Sie begann die Dinge zusammenzuraffen, die sie brauchte.
    »Was soll all der Lärm?« klagte Mrs. Warmington. »Ich muß sagen, das ist das unruhigste Hotel, in dem ich je geschlafen habe.« Diese Erklärung schien sie erschöpft zu haben. Sie schloß die Augen, und ein leichtes Pfeifgeräusch ging von dem Bett aus – zu damenhaft, um es ein Schnarchen zu nennen.
    »Kommen Sie, Mrs. Warmington!« Julie rüttelte an ihrer Schulter.
    Mrs. Warmington richtete sich auf und stützte sich auf einen Ellbogen. »Oh, mein Kopf! Haben wir eine Party gefeiert?« Langsam kam ihr der Verstand wieder, und ihr Kopf flog hoch, als sie den Geschützlärm als das erkannte, was es war. »Oh, mein Gott!« jammerte sie. »Was ist los?«
    »Die Rebellen haben begonnen, die Stadt zu beschießen«, sagte Julie.
    Mrs. Warmington sprang aus dem Bett, jede Spur von Schlaf war weg. »Wir müssen weg«, sagte sie schnell. »Wir müssen sofort weg.«
    »Wir haben noch keinen Wagen«, sagte Julie. »Mr. Rawsthorne ist noch nicht hier.« Als sie sich umdrehte, sah sie, wie Mrs. Warmington ihre überquellende Figur in einen engen Hüftgürtel zwängte. »Guter Gott!« sagte sie. »Ziehen Sie das nicht an – wir werden vielleicht schnell laufen müssen! Haben Sie keine lange Hose?«
    »Ich halte nicht viel davon, daß Frauen von … von meinem Typ Hosen tragen.«
    Julie musterte sie und verzog ihr Gesicht zu einem Lächeln. »Vielleicht haben Sie da ganz recht«, stimmte sie zu. »Aber ziehen Sie etwas Vernünftiges an; ziehen Sie ein Kostüm an, wenn es keinen zu engen Rock hat!«
    Sie zog die Decken von den Betten ab und faltete sie zu einem Bündel. Mrs. Warmington sagte: »Ich wußte es ja, wir hätten gestern abend zum Stützpunkt fahren sollen.« Sie zwängte ihre

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