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Sog des Grauens

Titel: Sog des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
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Geschütze, und er hatte nur neunhundert Infanteristen zu ihrem Schutz – eine gefährlich kleine Streitmacht. Aber seine Infanterie war außerordentlich gut für einen Abwehrkampf ausgerüstet; sie hatten alle automatischen Waffen, die den Männern abgenommen wurden, die zur Zeit die Stadt evakuierten, und sie hatten Zeit genug gehabt, gute Stellungen auszusuchen. Rocambeau würde noch viele seiner Männer verlieren, bevor er diese mörderischen Schnellfeuerwaffen ausheben könnte, die seine Streitkräfte behämmerten, – wenn er überhaupt an sie herankäme. Denn sie waren auf einen schnellen Stellungswechsel vorbereitet; ihre Protzen und Zugfahrzeuge lagen in der Nähe, und sie konnten sich gestaffelt in vorbereitete Stellungen zurückziehen, sobald der Befehl dazu kam, und dann müßte Rocambeau den ganzen männermordenden Prozeß wieder von neuem beginnen.
    Favel verließ nicht einmal seinen Gefechtsstand. Seine Offiziere wußten, was er von ihnen erwartete, und er konnte sich darauf verlassen, daß sie den Generalplan ausführen würden. So konnte er sich auf den erwarteten Angriff von Westen konzentrieren. Am Vormittag war er zum Hafen gefahren und hatte durch einen starken Feldstecher die Räumung des amerikanischen Stützpunkts auf Cap Sarrat beobachtet. Ein Schiff nach dem anderen lief aus, und die Flugzeuge dröhnten nach Nordosten davon, in die Richtung Puerto Rico, in Sicherheit. Eine schwarze Qualmwolke schwebte über dem Cap, als die Öltanks in Flammen aufgingen. Commodore Brooks hinterließ nichts, was jemand hätte nützen können.
    Favel überlegte, was Serrurier tun würde. Er würde wohl das letzte zuerst tun und unverzüglich den Stützpunkt besetzen. Die amerikanische Besetzung von Cap Sarrat war ihm immer ein Dorn im Auge gewesen, und mehrere Male hatte er versucht, den Vertrag zu brechen. Immer war er an dem unbeugsamen Willen der amerikanischen Regierung gescheitert. Jetzt lag der Stützpunkt verlassen vor ihm, und er würde ihn nehmen – ein wertloser Sieg, hinter dem schon die Niederlage lauerte. Er würde auf Cap Sarrat Zeit verschwenden, statt mit seinen Reserven an ausgeruhten, unausgebluteten Truppen einen Angriff auf St. Pierre anzusetzen, jetzt, da die unsinnige Furcht vor einem Dolchstoß in den Rücken weggefallen war.
    So kam es, daß Favel, als er die Geschütze im Osten als Antwort auf Rocambeaus Angriff losdonnern hörte, verächtlich lächelte. Rocambeau mit seiner geschlagenen und demoralisierten Armee war zuerst angetreten, während sich Serrurier noch in seinem Schlaraffenland auf Cap Sarrat erging. Gut! Mochte er dort bleiben. Wenn er wüßte, daß seinen achttausend Mann nur tausend gegenüberstanden, würde er es sich vielleicht anders überlegen – aber das erzählte ihm ja niemand, und wenn es ihm einer gesagt hätte, hätte er es nicht geglaubt. Er war ein sehr mißtrauischer Mensch und würde aus Angst vor einer Falle so etwas geradezu Lächerliches nicht glauben.
    Favel rief eine Ordonnanz und befahl ihr, Manning und Wyatt zu ihm zu schicken, sobald man sie finden würde. Dann lehnte er sich in seinem Sessel zurück und zündete sich gelassen eine lange, dünne Zigarre an.
    Wyatt war wieder auf dem Dach, als die Ordonnanz ihn fand, und suchte den Horizont mit einem Feldstecher ab. Die hohen, faserigen Zirruswolken bedeckten jetzt den Himmel und gingen im Süden in Zirrostratus, eine große, dünne Schicht, über. Es war immer noch ungeheuer heiß und vollkommen windstill. Die Sonne war von einem Hof umgeben – ein ominöses Zeichen für Wyatt, als er die Zeit wieder überprüfte.
    Er ging hinunter zu Favel und fand dort Manning schon vor, der einen Lagebericht gab. »Wir machen gute Fortschritte und arbeiten, so schnell wir können«, sagte er, »aber es braucht seine Zeit.«
    Wyatt unterbrach: »Zeit ist etwas, was wir nicht haben. Mabel zieht schneller, als ich gedacht hatte.«
    »Wann kommt er?« fragte Manning.
    »Er wird etwa um fünf hiersein.«
    »Herr Jesus!« sagte Manning. »Das schaffen wir nicht.«
    »Es muß geschafft werden«, sagte Favel barsch. Er wandte sich Wyatt zu. »Was meinen Sie, wenn Sie sagen, daß er um fünf hiersein wird?«
    »Dann werden wir Windgeschwindigkeiten um hundert Kilometer pro Stunde haben.«
    »Und die Flut?«
    Wyatt zuckte mit den Schultern. »Das weiß ich nicht«, sagte er offen. »Das ist ein Aspekt von Hurrikanen, den ich nicht studiert habe. Ich weiß nicht genau, wann mit der Flutwelle zu rechnen ist –

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