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Sog des Grauens

Titel: Sog des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
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zurückzog. Seine Truppen hatten Befehl, alle Häuser anzuzünden, um eine Flammenbarriere vor die vorrückenden und siegenden Regierungstruppen zu legen. Die Flammen wurden von der kräftigen Brise angefacht, die inzwischen aufgekommen war, und schlugen prasselnd zum Himmel, und der Rauch wurde nach Norden ins Negrito-Tal getrieben.
    Um vier Uhr kam er zu dem Schluß, daß er seine Artillerie nicht mehr retten konnte, und gab Befehl, die Geschütze unbrauchbar zu machen und zurückzulassen. Den Zeitpunkt sollten die Kommandeure selbst bestimmen. Die Straße zum Negrito war mit Flüchtlingen verstopft, und es war unmöglich, da auch noch die Artillerie durchzuschleusen, und er wußte, die Geschütze würden nach dem Hurrikan nicht mehr gebraucht werden. Schon jetzt lagen mehr als fünfzehnhundert Soldaten, die Manning zur Evakuierung der Stadt gebraucht hatte, in der Verteidigungsstellung an der Fünfundzwanzigmeter-Konturlinie, und Serrurier und Rocambeau drückten immer schneller und ungestümer nach.
    Fünf Minuten später gab er Befehl zur Aufgabe des Hauptquartiers, und eine Ordonnanz überbrachte Wyatt die Nachricht. Er warf schnell noch einmal einen Blick auf den dunklen Horizont und eilte dann nach unten. Favel wartete in der Halle und sah zu, wie Karten in einen draußen stehenden Lastwagen geladen wurden, und widmete anscheinend dem Anbrennen seiner Zigarre mehr Aufmerksamkeit als dem Schlachtenlärm.
    »Wir wollen Serrurier und Rocambeau sich die Hände reichen lassen«, sagte er. »Ich glaube, sie werden einige Zeit mit der Begrüßung verschwenden, und vielleicht leeren sie auch eine Flasche Rum miteinander. Wir werden auch eine Front bilden – aber wir sind uns einig.« Er lächelte. »Ich glaube nicht, daß Rocambeau besonders freudig das Kommando an Serrurier abgibt.«
    Ein Soldat rief etwas von dem Lastwagen, und Favel hielt das noch brennende Streichholz, nachdem er sich vergewissert hatte, daß seine Zigarre richtig brannte, an einen Papierfidibus. »Entschuldigen Sie mich!« sagte er und ging in die Bar zurück. Als er zurückkam, sah Wyatt Feuer hinter ihm auflodern.
    »Kommen Sie, wir müssen gehen«, sagte Favel und schob Wyatt durch die Tür hinaus. Als der Wagen anfuhr, blickte Wyatt sich noch einmal nach dem Imperiale um. Rauch quoll aus den Fenstern und wurde vom Wind weggerissen.
    Es war halb fünf Uhr nachmittags.

8
    Wyatt hatte zur Evakuierung geraten – jetzt sah er die Wirklichkeit und war entsetzt.
    Der Wagen fuhr durch die verlassenen Straßen der Innenstadt, während ringsherum der Kampflärm von den nackten Hauswänden widerhallte, als die Rebellenarmee sich verbissen kämpfend in dem enger werdenden Bogen zurückzog. Der Himmel verdunkelte sich, und ein kräftiger Wind fegte Papierfetzen über die schmutzigen Gehsteige. Die Stadt stank nach Feuer, und der Rauch stieg nicht auf, sondern wurde jetzt in die Straßen heruntergedrückt und kratzte im Hals.
    Wyatt hustete und starrte auf eine Leiche auf dem Gehsteig. Etwas weiter hin sah er noch eine und noch eine – alles Männer, alles Zivilisten. Er warf seinen Kopf herum und fragte Favel: »Zum Teufel, was ist hier vorgegangen?«
    Favel blickte geradeaus. Er fragte tonlos: »Haben Sie eine Vorstellung davon, was es heißt, in wenigen Stunden eine Stadt zu evakuieren? Wenn die Leute nicht gehen wollen, müssen sie gezwungen werden.«
    Der Wagen wich einer anderen Leiche mitten auf der Straße aus – eine Frau in einem auffällig gemusterten roten Blumenkleid mit einem gelben Kopftuch. Sie lag hingeworfen wie ein weggeworfenes Kinderspielzeug, ihre Glieder taktlos verrenkt durch den gewaltsamen Tod. Favel sagte: »Wir teilen uns die Schuld, Mr. Wyatt. Sie hatten das Wissen; ich hatte die Macht. Ohne Ihr Wissen wäre dies hier nicht geschehen, aber Sie brachten Ihr Wissen zu einem, der die Macht hatte, es geschehen zu lassen.«
    »War es wirklich notwendig, Menschen zu töten?« fragte Wyatt leise.
    »Wir hatten keine Zeit für Erklärungen, keine fertigen Pläne, keine Kenntnisse bei den Leuten selbst.« Favels Gesicht war hart. »Jedermann weiß, daß wir auf San Fernandez keine Hurrikane haben«, sagte er, als zitierte er. »Die Leute wußten nichts. Das ist ein weiteres Verbrechen von Präsident Serrurier – vielleicht das schlimmste von allen. Also mußten die Leute gezwungen werden.«
    »Wie viele sind tot?« fragte Wyatt finster.
    »Wer soll das wissen? Aber wie viele werden gerettet werden? Zehntausend? Zwanzig- oder

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