Sohn der Dunkelheit
Qhuinn an sich, statt ihn fortzuschieben. » Ist dir kalt? Du zitterst. «
» Wärmst du mich? «
Hinter ihm raschelte es, und eine Decke wurde über sie beide gebreitet. Dann gingen die Lichter aus.
Als Blay einen tiefen Atemzug tat und sich fürs Erste eingerichtet zu haben schien, schloss Qhuinn die Augen … und wagte es, seine Finger zwischen denen seines besten Freundes hindurchzustecken, sodass ihre Hände verschränkt waren.
» Alles okay? « , nuschelte Blay. So, als wäre in seinem Hirn nur noch die Notbeleuchtung an – aber er sorgte sich.
» Ja. Nur kalt. «
Qhuinn blickte in die Dunkelheit. Das einzige Licht war der Streifen unter der Tür zum Gang.
Während Blay wegdämmerte und sein Atem immer langsamer und gleichmäßiger wurde, starrte Qhuinn vor sich hin, obwohl er nichts sah.
Mut.
Er hatte gedacht, er hätte jede Menge davon – dass er durch die Art, wie er aufgewachsen war, härter und stärker als alle war. Dass er es dadurch bewies, wie er seinen Job anpackte, in brennende Häuser rannte oder auf den Pilotensitz eines alten Flugzeugs sprang. Dass er durch sein auf sich selbst gestelltes Leben stark war. Sicher.
Doch die wahre Mutprobe stand ihm noch bevor.
Nach viel zu langen Jahren hatte er Blay endlich gesagt, dass es ihm leidtat. Und nach viel zu vielen Schicksalsschlägen hatte er ihm endlich gedankt.
Aber den großen Schritt zu wagen und ihm zu gestehen, dass er ihn liebte? Obwohl Blay einen Freund hatte?
Das war die wirkliche Nagelprobe.
Und verdammt, er würde es tun.
Nicht, um das Paar zu trennen – nein, darum ging es nicht. Und auch nicht, um Blay eine Last aufzuerlegen.
In diesem Fall würde er sich mit einem Gelöbnis revanchieren. Ohne Erwartungen oder Vorbehalte. Es war der Sprung ohne Fallschirm, der Schritt ins Ungewisse, der Sturz ohne Sicherheitsnetz.
Blay hatte das nicht nur einmal getan, sondern mehrere Male – und natürlich hätte Qhuinn die Zeit gern zurückgedreht zu diesen Momenten und seinem früheren Ich eine gescheuert, damit es zur Vernunft kam und erkannte, was ihm für eine Chance geboten wurde.
Doch so lief es leider nicht.
Es war an der Zeit, dass er die Stärke zurückzahlte … und den Schmerz ertrug, wenn er aller Wahrscheinlichkeit nach abgewiesen wurde, wenngleich viel freundlicher, als er es seinerzeit getan hatte.
Er zwang sich, die Lider zu schließen, und hob Blays Knöchel an die Lippen, um sie mit einem Kuss zu streifen. Dann ergab er sich dem Schlaf, ließ sich in die Bewusstlosigkeit sinken, in der Gewissheit, wenigstens für ein paar Stunden sicher in den Armen seiner großen Liebe zu liegen.
27
Als sich am nächsten Abend die Nacht herabsenkte, saß Assail nackt an seinem Schreibtisch und blickte gebannt auf den Computer. Der Monitor war unterteilt in die vier Abschnitte Nord, Süd, Ost und West, und von Zeit zu Zeit schwenkte er Kameras und zoomte Details heran. Oder er wechselte zu einer anderen Kamera am Haus. Oder wieder zurück zu denen, die er bereits überprüft hatte.
Er hatte sich schon vor Stunden geduscht und rasiert und wusste, dass er sich eigentlich anziehen und zum Aufbruch bereit machen sollte. Der Lesser mit dem unersättlichen Drogenhunger rasselte mit dem Säbel und behauptete, man habe ihn um eine Kokainlieferung betrogen. Doch diese Übergabe hatten die Zwillinge ganz nach den Wünschen des Jägers ausgeführt – und gefilmt.
Eine kleine Vorsichtsmaßnahme, die Assail veranlasst hatte.
Er wusste also nicht, was los war, aber er würde es erfahren: Er hatte die Aufzeichnungen vor ungefähr einer Stunde an das Handy des Lessers geschickt und wartete nun auf Antwort.
Vielleicht mussten sie sich ein zweites Mal persönlich treffen.
Doch sein verstimmter Kunde war nicht das Einzige, das ihn belastete. Die monatliche Abrechnung mit Benloise nahte mal wieder – und das bedeutete einen komplizierten Geldmitteltransfer, bei dem alle gereizt waren, inklusive Assail: Seine wöchentlichen Anzahlungen deckten gerade mal ein Viertel seiner tatsächlichen Einkäufe, und zum Monatsende musste er die Differenz begleichen.
Das war ein Haufen Asche. Und wenn so viel Geld im Spiel war, kamen die Leute manchmal auf dumme Gedanken.
Außerdem wollte er dieses Mal die Zwillinge dabei haben und erwartete nicht, dass Benloise über diese Neuerung glücklich sein würde. Doch es war an der Zeit, seine beiden Partner weiter mit einzubeziehen – und es war die größte Zahlung, die er je getätigt hatte.
Ein Rekord, der
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